„Rücksicht macht Wege breit“
Radfahren auf Wirtschafts-und Feldwegen kann im Herbst eine gefährliche Angelegenheit sein
Jedes Jahr im Herbst, insbesondere zur Zeit der Rübenernte, sind die von der Landwirtschaft als auch Radfahrer:innen, bzw. Fußgänger:innen benutzten Wirtschafts- und Feldwege aufgrund der Ernte und der bei der anschließenden Bearbeitung der Äcker eingesetzten landwirtschaftlichen Maschinen stark verschmutzt. Durch die Feuchtigkeit werden heruntergefallene Erdballen schnell zu einem gefährlichen Schmierfilm, bei Frost werden sie zu einer Buckelpiste.
Im Hochtaunuskreis und Maintaunuskreis haben wir regelmäßig mit dieser Situation zu tun, und sind aktuell von einem ADFC-Mitglied, das regelmäßig von Oberursel nach Frankfurt pendelt, auf dieses Problem hingewiesen worden. Wirtschaftswege sind keine gewidmeten, öffentlichen Straßen. Sie sind aber aufgrund des Betretungsrechts von Wegen in der freien Landwirtschaft (auch mit dem Fahrrad) tatsächlich öffentlich. Deshalb werden diese Wirtschaftswege auch von der Straßenverkehrsbehörde mit amtlichen Verkehrszeichen versehen, und es gelten die Verhaltenspflichten der StVO
So heißt es In § 32 STVO Verkehrshindernisse:
„Es ist verboten, die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Wer für solche verkehrswidrigen Zustände verantwortlich ist, hat diese unverzüglich zu beseitigen und diese bis dahin ausreichend kenntlich zu machen.“
Es gilt das Verursacherprinzip
Im Prinzip gilt hier grundsätzlich das Verursacherprinzip, d. h. Landwirte, die eine Verschmutzung verursacht haben, die das übliche Maß übersteigt, müssen diese auch beseitigen. Zwar sind die Anforderungen an die Beseitigung von Verschmutzungen auf Wirtschaftswegen geringer als zum Beispiel auf einer Bundesstraße, die ein Traktor nach der Feldarbeit benutzt. Wirtschaftswege können aber auch anstelle von begleitenden Radwegen die Funktion haben, Radfahrenden eine Alternative zur Benutzung der Fahrbahn zu bieten.
Wir haben die Gemeinden Eschborn und Steinbach, die primär betroffen waren, angeschrieben und in Abstimmung mit Roland Huhn, Referent Recht beim Bundesverband des ADFC, auf die rechtliche Situation hingewiesen. Des Weiteren haben wir gebeten, auf die örtlichen Landwirte einzuwirken, dass diese die starke Verschmutzung nach der Ernte beseitigen.
Der Bürgermeister der Kommune Steinbach hat schnell reagiert und zugesagt, den örtlichen Landwirt darauf hinzuweisen, die Verschmutzung zu beseitigen, wohingegen sich die Stadt Eschborn zunächst geweigert und abgestritten hat, dass es sich bei den Wirtschaftswegen um öffentliche Wege handele und § 32 STVO keine Abwendung finde. Nach einem längeren Mailwechsel mit uns unter Hinweis auf diverse Urteile und die Stellungnahme von Roland Huhn vom Bundesverband, hat jedoch auch Eschborn mitgeteilt dass sie ihren Ortslandwirt über die angezeigte Verschmutzung informiert und gebeten habe, dafür Sorge zu tragen, dass die Wirtschaftswege nach Möglichkeit nicht im aufgezeigten Umfang verschmutzt werden sollen.
Die Antwort der Kommune Eschborn endete allerdings mit folgendem Satz:
„Zum Thema Rücksichtnahme wurden erst vor kurzem auf unseren Wirtschaftswegen von den Landwirten Schablonen markiert, da diese sich immer wieder über rücksichtslose Radfahrer oder Fußgänger beschweren, die kein Verständnis für die Wirtschaftswege haben. Vielleicht sollten Sie mal an alle Radfahrer und Fußgänger Merkzettel verteilen, dass die Wirtschaftswege in erster Linie der Landwirtschaft dienen und Fußgänger und Radfahrer nur Sekundärnutzer dieser Flächen sind.“
Polemik hilft uns kaum weiter
Diese Polemisierung und Polarisierung des Sachverhaltes finden wir sehr schade und nicht angemessen. Die angesprochene Kampagne (Rücksicht macht Wege breit) sollte u. E. eine gegenseitige Rücksichtnahme beinhalten und keine Einbahnstraße darstellen. Fahrräder und Radpendler:innen spielen für die Verkehrswende eine wichtige Rolle. So wird das Radpendeln nicht attraktiver.
Vorstandsmitglied der OG Oberursel/Steinbach
und des Kreisvorstands Hochtaunus