Editorial
Die „Bürger für Frankfurt“ bemühen sich auch um uns Rad fahrende Bürger in Frankfurt. In einem Antrag der Fraktion im Römer wird bemängelt, dass sich Radfahrende häufig nicht an die geltenden Verkehrsregeln halten und dass man deshalb eine Einsatzgruppe „Fahrradkontrolle“ bei der Verkehrspolizei fordere. Außerdem hoffen die Bürger für Frankfurt, dass durch die Anbringung von Haltegriffen an Ampeln das Halten komfortabler werde und damit Rotlichtverstöße reduziert werden. In Frankfurt praktiziere der Magistrat ein „Laissez-faire“, was bei Radfahrenden „in erschreckend hohen Maße“ zur Missachtung der Regeln führe. Von Verkehrspolitik ist in diesem Antrag nicht die Rede. Dass ein vergleichbarer Antrag auch für Autofahrende eingereicht wurde, ist nicht bekannt. Und das, obwohl auch deren Rotlichtverstöße an nahezu jeder Ampelanlage zu beobachten sind. Und davon eine weit größere Gefahr für andere am Verkehr Teilnehmende ausgeht als von Radfahrenden. Der Antrag der „Bürger“ wurde in der Stadtverordnetenversammlung erst einmal auf die nächste Sitzung verschoben.
In Kassel hat die Fraktion der „Alternative für Deutschland“ die „Demontierung der Fahrradbügel auf dringend benötigten Parkplätzen/Parkständen“ gefordert. Handel und Gastronomie seien auf Parkpätze angewiesen und müssten mit Umsatzverlusten rechnen. Und da das Auto für viele Menschen ein unverzichtbares Verkehrsmittel sei, müssen die Bügel zugunsten von Autoabstellflächen weichen. Denn Parkplatzmangel in der Stadt führt vermehrt zu illegalem Parken, was wiederum die Verkehrssicherheit verschlechtert. Von Verkehrspolitik ist auch hier nicht die Rede, von einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr oder einem Radwegenetz ebenfalls nicht. Immerhin wird die Gefahr benannt, die von Autofahrenden ausgehen kann. Dass daran Fahrradbügel mitschuldig sein sollen, hat allerdings die Stadtverordnetenversammlung nicht überzeugt, der Antrag wurde abgelehnt.
Mehr Verständnis für den Radverkehr haben andere. In unserer letzten Ausgabe habe ich mich über die Fortschritte in Sachen Mobilität bei Autoclubs gewundert, ob beim deutschen ADAC oder bei seinem österreichischen Pendant. Nun kommt es noch besser: In der Mitgliederzeitschrift des ADFC Hannover geht es in einem Beitrag ebenfalls um den ADAC. Unter der Überschrift „Ausgezeichnet: Die fahrradfreundlichsten Arbeitgeber*innen“ steht, ich mag es kaum glauben, „Der ADAC Niedersachsen-Sachsen Anhalt“, der sich den Sieg in der Kategorie „mittelgroße Betriebe und Einrichtungen“ holte. Interessant, oder? Fahrt auch im neuen Jahr nur bei Grün, passt auf eure Abstellbügel auf und zeigt Handel und Gastronomie, dass Radfahrende gute Kunden sein können. Denn auch wir sind der Verkehr.