„Wir müssen die negative Emotionalität aus dem Thema Fahrrad raus kriegen“
Seit 2021 bereichert sie den Vorstand mit ihrem analytischen Denken, ihrem Fachwissen und ihrer interessierten Art. Anke Bruß war schon fahrradaffin lange bevor sie 2009 nach Frankfurt zog, besaß allerdings 25 Jahre lang das gleiche Rad. Erst mit dem Kauf eines neuen Modells und der damit verbundenen ausgedehnteren Nutzung eines Fahrrades fiel ihr auf, dass die Infrastruktur in der Mainmetropole deutliches Verbesserungspotential birgt, und sie begann, sich im ADFC zu engagieren. Neben ihrer Arbeit als Fachreferentin bei der Deutschen Bahn und dem Ehrenamt in unserem Verein ist sie auch Teil des autofreien Projektes AdAptiv zum gemeinschaftlichen Wohnen.
Bitte stelle Dich in drei Adjektiven vor.
Neugierig. Engagiert. Reflektiert.
Wie bist Du zum Fahrradfahren gekommen?
Ich bin ja in der ehemaligen DDR aufgewachsen und – das darf man nicht vergessen – dort war es ganz normal, alles mit dem Rad zu fahren. Als ich klein war saßen bei meiner Mutter auf dem Rad vorne meine Schwester, hinten ich und so sind wir überall hingefahren. Später hatten wir dann unsere eigenen Räder für alle Strecken. Da bin ich auf einem Feldweg mal ganz schön hingefallen, aber auch das gehört dazu.
Gibt es etwas Besondres, das Du mit dem ADFC erlebt hast?
Ich schätze vor allem die Begegnungen mit tollen Menschen und die Freundschaften, die ich über den Verein schließen konnte. Ein zweiter wichtiger Punkt, ist, dass ich im ADFC Dinge ausprobieren kann, die ich mir vorher vielleicht nicht zugetraut habe und sehe, wie ich daran wachse. Und dieser Mut wird belohnt, denn ich habe viel positives Feedback von den anderen Mitgliedern bekommen. Ähnlich ist es mit dem Erfolgserlebnis, wenn ich jemand neues für den ADFC gewinnen konnte. Ich werde nie vergessen, wie ich bei einer Codieraktion bei Fahrrad Böttgen mit einer älteren Dame ins Gespräch kam. Mein Argument für eine Mitgliedschaft war, dass der ADAC 20 Millionen Mitglieder hat und wir nur 200.000. Das zeigt doch die ungleiche Verteilung der Lobbykraft. Darauf hin ist sie sofort beigetreten. Solche direkten Erfolgserlebnisse für eine Sache, die mir am Herzen liegt, machen den ADFC für mich so besonders.
Welchen Tipp rund ums Fahrrad hast Du für die Leser:innen von „Frankfurt aktuell“?
Ich bin sicher, die Leserinnen und Leser sind versierter als ich, denn ich bin ja „nur“ Alltagsradlerin. Aber ich kann berichten, womit ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Und zwar mit einem Bikefitting. Dabei wurden Sattel und Lenker neu eingestellt und seitdem macht mir das Radfahren nochmal mehr Spaß. Für jeden Rennradfahrer ist das ganz selbstverständlich, aber ich finde, es lohnt sich auch bei einem Alltagsrad. Diese Investition kann man sich selbst mal gönnen.
Was wünschst Du Dir für die Fahrradzukunft in der Region?
Ich wünsche mir, dass wir die negative Emotionalität aus dem Thema raus kriegen. Es ist einfach Fakt, dass das Fahrrad in der Stadt oft das schnellste Verkehrsmittel ist, es eine gute Planbarkeit hat und zudem noch Spaß macht. Ich wünsche mir, dass wir mit diesen Fakten sachlich arbeiten können und die Vernunft die Unvernunft am Ende besiegt. Denn es tut mir in der Seele weh, dass so etwas Schönes wie Fahrradfahren mit soviel Negativität überschüttet wird.