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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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„Bei mir gibt es nur ­Kaffee und Kuchen“

Heinrich Göbel bietet seit rund 30 Jahren anspruchsvolle Radtouren an

Heinrich Göbel bezeichnet sich als gut trainierten „einsamen Wolf“, der bevorzugt allein mit dem Fahrrad unterwegs war, gerne auf langen Strecken, immer anspruchsvoll. Anfang der 90er Jahre dann traf er im Riederwald auf eine kleine Gruppe Radfahrender.

Er ist einer der älteren Touren­leiter: Heinrich Göbel (76) findet weiterhin neue Wege
Er ist einer der älteren Touren­leiter: Heinrich Göbel (76) findet weiterhin neue Wege
Peter Sauer

Man kam ins Gespräch, die Gruppe wollte nach Seligenstadt, Heinrich schloss sich grinsend an – „Seligenstadt…“ bemerkt er leicht abfällig – und wurde überrascht. Denn vor Seligenstadt lag auf dieser Route der Ludwigs­turm im Spessart mit einem ruppigen Anstieg hinter Alzenau. Das war Heinrichs erster Kontakt mit dem Tourenangebot des ADFC Frankfurt. Der „einsame Wolf“ schloss sich nun häufiger geführten Radtouren an und entwickelte dabei eigene Ideen, die er bald als Tourenleiter verwirklichte – nun schon seit rund 30 Jahren.

Es tut ihm ein wenig leid, dass er die ganz langen Strecken –„früher sind wir 150 km gefahren“ – nicht mehr schafft. Jetzt wird in kürzeren Etappen geradelt, aber weiterhin anspruchsvoll, im Spessart, im Vogelsberg oder im Odenwald. Um den Radius seines Tourenangebots zu erweitern – „sonst wird es zu langweilig“–, sind häufig Bahnfahrten eingeplant „da sollte die Gruppe nicht mehr als zehn, zwölf Teilnehmende haben“. Der Vogelsberg z. B. sei durch die Bahn und den Vulkanexpress-Bus mit Radtransport perfekt angeschlossen. Auch den Odenwald erreicht man gut mit Bahnen. Durch das 49-Euro-Ticket seien selbst Ziele außerhalb Hessens günstig zu erreichen.

Die Teilnahme von E-Bikes sieht er dabei zwiespältig. Gerade bei Bahnfahrten, wenn beim Umsteigen Treppen bewältigt werden müssen, geraten Fahrer:innen der schweren Räder schnell an ihre Grenzen. Da sei ein Umstieg von oft nur wenigen Minuten kaum zu schaffen.

Die Ziele seiner Touren, fast in jedem Monat eine, orientieren sich an Sehenswertem. Interessante Kirchen, historische Stätten, auch wenig bekannte aus der NS-Vergangenheit, oder Besonderheiten wie „das erste deutsche Fertighaus aus Kunststoff“, dem er in Altenstadt auf die Spur gekommen ist.

Einkehr, Pausen? „Bei mir gibt es nur Kaffee und Kuchen“, sagt Heinrich, ein Restaurantbesuch ist auf seinen Touren nicht vorgesehen. Mittags Schnitzel, Pommes und Bier ist nichts für ihn – das hält auf und macht die Radler:innen müde. Für Picknick aus der Fahrrad­tasche aber ist immer Zeit. Und dann eben nachmittags für die Einkehr in ein Café.

Sein Anspruch an sein ehrenamtliches Engagement ist klar definiert: „Wir bieten den Leuten etwas an, das sie erleben können, wir bringen sie zu Zielen, die sie von sich aus nie ansteuern würden“. Das „wir“ beziehe sich darauf, dass er nahezu alle Touren gemeinsam mit einer Freundin plane und auch durchführe.

Mehr neue Touren wünscht sich Heinrich. Im Tourenprogramm finde er zu viele Wiederholungen aus den Vorjahren, darunter leide die Attraktiviät des Angebots. Den Einwand, dass doch irgendwann die meisten Routen im Umland abgefahren seien, lässt er nicht gelten. Es gebe noch so viele Schleich- und Umwege, die selbst auf kurzen Touren im Umland für Überraschungen sorgen könnten. Selbst wenn er Jahr für Jahr eine Tour mit Ziel Langenselbold anbiete, sei das jedes Mal eine andere Tour, werde einer anderen Route gefolgt. Das macht für ihn den Reiz des Tourenleitens aus. Keine seiner Touren sei identisch mit einer der bereits angebotenen. Die größte Herausforderung sieht er hier gerade bei kurzen Touren. Es sei viel schwieriger, eine interessante 30-km-Tour im Osten Frankfurts (in dem er bevorzugt unterwegs ist) auszutüfteln, abseits der ausgeschilderten Hauptrouten, als eine Fahrt über 100 km auf Radfernwegen.

Seine Mitfahrer und Mitfahrerinnen kommen aus einem Kreis von 20, 25 Personen, die meisten kennen ihn und sich schon länger. Das trägt zu guter Gruppendynamik bei. Denn homogen sollte die Gruppe bei einer Tour sein, meint Heinrich, dann gibt es die wenigsten Probleme.

Ein für ihn ganz neues aber ist nun aufgetaucht: Bei einigen Touren waren Teilnehmende überraschenderweise schneller unterwegs als die Tourenleitung. „Solche Touren“, grinst Heinrich, „bieten wir zukünftig lieber nicht mehr an“. Weitermachen aber will er trotzdem.

Peter Sauer