In stillem Gedenken
Beim Ride of Silence wird der im Verkehr getöteten Radfahrenden gedacht
„Das große Ziel ist die Vision Zero“, erklärt Stefan Lüdecke, Radverkehrsbeauftragter im Mobilitätsdezernat der Stadt Frankfurt, vor rund hundert Radfahrenden, die sich an der Bockenheimer Warte zusammengefunden haben. Und ergänzt: „Wir müssen unser Mobilitätsverhalten ändern: Jedes Auto, das nicht gefahren wird, kann auch keinen Unfall verursachen.“
Jährlich wiederkehrend, immer am dritten Mittwoch im Mai, wird weltweit mit einem „Ride of Silence“ der im Verkehr getöteten und verletzten Radfahrenden gedacht. Möglichst weiß gekleidet, möglichst leise soll in einem Demonstrationszug darauf aufmerksam gemacht werden, dass weiterhin Radfahrende das schwächste Glied in der Mobilitätskette sind, sie weiterhin im Straßenverkehr gefährdet sind. Sichtbar gemacht wird diese Gefährdung durch die weißen „Ghost Bikes“ („Geisterrad“), die Orte in der Stadt markieren, an denen Radfahrende zu Tode gekommen sind. Darum war die Route der Fahrrad-Demo auch so gewählt, dass an zwei Ghost Bike-Standorten Gedenkminuten eingelegt werden konnten. Darüber hinaus wurde ein weiteres Ghost Bike als Erinnerung an einen bereits vor zwei Jahren getöteten Radfahrer in der Römerstadt aufgestellt. Dort wurde ein 94-jähriger Mann, der die Straße an einer Ampel überqueren wollte, von einem Autofahrer, der laut Polizei das Rotlicht missachtet haben soll, getötet.
Der in Frankfurt zum sechsten Mal stattfindende „Ride of Silence“ verlief in Begleitung von Polizei, viele freiwillige Ordner in Warnwesten sorgten ebenfalls für Sicherheit. Unterstützt wurde die Fahrt von einem Bündnis aus Radentscheid, ADFC Frankfurt, Greenpeace, VCD und weiteren Organisationen.
Nach Aufstellung des neuen Ghost Bikes in der Römerstadt wurde dort des getöteten Radfahrers gedacht. Beim nächsten Ziel, dem Ghost Bike an der Hügelstraße Ecke Ginnheimer Hohl, erinnerte Alexander Thäter vom Radentscheid daran, dass die dort rot markierten Radstreifen erst nach dem Unfall auf den Asphalt gebracht worden seien. Wäre dies früher geschehen, hätte der Unfall, bei dem der Seniorchef des Fahrradhauses Wagner getötet wurde, höchstwahrscheinlich verhindert werden können.
Nach der Gedenkminute, die durch lautes Hupen ungeduldiger Autofahrender massiv gestört wurde (und das trotz deutlich sichtbarer Polizeipräsenz!), folgte ein weiterer Halt am Ghost Bike in der Fürstenbergerstraße direkt an der Zufahrt zum Gelände der Goethe-Universität. Verblüffend auch hier, wie an den beiden Stopps zuvor, in welch kurzer Zeit eine Lautsprecheranlage auf die Straße gebracht wurde, und wie schnell sie nach Ansprache und Gedenkminute wieder auf der Ladefläche des ADFC-Lastenrads verstaut war. Von einer wirklichen Behinderung des Verkehrs mag man angesichts dieser kurzen Halte kaum sprechen. Dass viele dies anders sehen, hat auch Stefan Lüdecke leidvoll erfahren: „Wir haben ein Mehr an Sicherheit durch Radfahrstreifen, da ist der Protest von Autofahrenden, die gerade einmal drei Minuten länger auf ihrer Fahrt durch die Stadt unterwegs sein müssen, kaum auszuhalten“, sagt der Mann, der sich im Frankfurter Mobilitätsdezernat für den Radverkehr und eine Verkehrswende engagiert.
Zurück an der Bockenheimer Warte bedankte sich Ansgar Hegerfeld, Verkehrspolitischer Sprecher des ADFC Frankfurt, bei den Teilnehmenden und lud gleich für den nächsten „Ride of Silence“ im Jahr 2025 ein, auch dann am 3. Mittwoch im Mai.