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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Im Stau der Parteipolitik

Heiko Nickel, Stadt Frankfurt und Minister Wissing
Heiko Nickel, Stadt Frankfurt und Minister Wissing
BMDV

Seit über einem Jahr ist der aufwendig erarbeitete und lang erwartete „Masterplan Mobilität“ fertig; beschlossen und damit verbindlich wird er aber nicht.

Schon im Jahr 2021, damals mit einem ungewöhnlich breiten Bündnis aus CDU, SPD, Grüne, Linke, FDP, BFF, FRAKTION und FRANKFURTER, wurde der Auftrag zur Entwicklung eines „Masterplan Mobilität und Verkehr“ erteilt. Ganze zwei Jahre dauerte anschließend die Arbeit in einem Fachbeirat, öffentlichen Mobilitätsforen, Online-Dialogforen und einer 2022 durchgeführten Kinder- und Jugendbeteiligung. Die intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger war in der Form und dem Umfang außergewöhnlich. Das Ergebnis wurde im Mai 2023 öffentlich und auf 200 ­Seiten stolz vorgestellt, im Frankfurt Aktuell 04/2023 schrieben wir optimistisch:

„Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist die offizielle Verabschiedung des Masterplans Mobilität durch die Stadtverordnetenversammlung noch nicht erfolgt. Durch die außergewöhnliche lange, intensive und umfangreiche Beteiligung aller Interessierten sollte dies aber nur noch eine Formalie sein.“

Viele fragen sich über ein Jahr nach der öffentlichen Vorstellung, was seitdem mit dem Masterplan passiert ist. Die Antwort: leider nichts. Das Dokument ist nach wie vor online abrufbar, es gibt aber bis heute keinen Beschluss der Stadtverordneten, da die Römer-Koalition (Grüne, SPD, FDP, Volt) keinen Antrag in dieser Richtung eingebracht hat. Somit ist der an sich durchaus wertvolle und umfassende Masterplan für die Stadtverwaltung nicht bindend. Es dreht sich bei diesem Masterplan bei weitem nicht nur um Radverkehr! Auch Fußverkehr, Logistik usw. spielen mit ihren Teilstrategien eine wichtige Rolle. Der Masterplan gibt dabei nur eine grobe Richtung vor, in der die Stadt entwickelt werden soll. Die enthaltenen Maßnahmen sind sehr grundsätzlich gehalten und beziehen sich nicht auf einzelne Straßen.

Woran es hängt, wollten wir im Ausschuss für Mobilität und Smart-City am 3.6.2024 erfahren und fragten nach. Als einziges Mitglied der Römer-Koalition antwortete der FDP-Sprecher für Mobilität, Sicherheit und Digitalisierung, Uwe Schulz, auf unsere Frage. Er erklärte in der öffentlichen Sitzung etwas stolz, dass die FDP den Beschluss innerhalb der Römer-Koalition blockiert – man sei schließlich die Partei, die sich gerne quer stellt. Warum die FDP hier blockiert? Das blieb leider sein Geheimnis. Auch auf Nachfragen der Oppositionsparteien wurden keine stichhaltigen Argumente vorgetragen.

Von den Grünen, SPD und Volt als weitere Teile der Koalition gab es, trotz weiterer an sie gerichteten Nachfragen aus der Opposition, keinerlei Antwort. Wie man das betretene Schweigen aus diesen Parteien deuten mag, muss jede und jeder wohl selbst entscheiden. Dass man sich von einem der (kleinen) Koalitionspartner öffentlich so vorführen lässt, ist allerdings schon bemerkenswert.

Zwei Wochen später wurde der nach international anerkannten ­Kriterien erstellte Frankfurter Masterplan Mobilität übrigens wegen seiner hohen Qualität sogar vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr, unter der Leitung von Volker Wissing (FDP), bei einer Fachkonferenz in Berlin vorgestellt und gelobt.

FDP gegen Lärmschutz und Schutz von Menschenleben

Zwei Tage später beschloss die Frankfurter FDP-Kreismitgliederversammlung im Gegensatz dazu ­einstimmig, dass sie das fertige Dokument ablehnt. Die im Masterplan definierten Ziele, z. B. im Hinblick auf mehr Lärmschutz und der Schutz von Menschenleben durch mehr Sicherheit im Straßenverkehr, lehnt die FDP ab.

Dass das Dokument fernab der Parteipolitik und nur aus der Zivilgesellschaft heraus erstellt wurde, spielt dabei keine Rolle. Die FDP stellt sich auch gegen 30 Schulen, fünf Kinder- und Jugendeinrichtungen, Universitäten, die IHK, die Handwerkskammer, den Handelsverband und diverse Verbände wie ADFC, ADAC oder VCD – sie alle waren an der Erstellung des Masterplans beteiligt, neben unzähligen Privatpersonen. Offensichtlich haben die Verantwortlichen Prob­leme mit der sonst gerne geforderten Bürgerbeteiligung, wenn daraus ein konstruktiver und fortschrittlicher Leitfaden entsteht.

Wie erklärt man z. B. den 780 Kindern und 890 Jugendlichen, dass auch ihre Stimmen und ihre eingebrachten Ideen für ihr zukunftsfähiges Frankfurt der Römer-Koalition nicht wichtig genug sind, um Unterstützung zu erhalten? Und wer erklärt den Hinterbliebenen nach den vielen Unfällen mit (schwer) verletzten und getöteten Menschen, dass es leider keine politische Mehrheit gab, um sie zu schützen? Wohl kaum die aktuell politisch Verantwortlichen.

Ansgar Hegerfeld

Aktuell ist noch unklar, wie es mit dem Masterplan Mobilität und der Römer-Koalition ­weitergeht. Wir werden weiter berichten!