Was sind eigentlich Bloomers?
„Ich denke, das Fahrrad hat mehr dazu beigetragen, Frauen zu emanzipieren, als irgendetwas anderes auf der Welt.“
Der Spruch von Susan B. Anthony aus dem Jahr 1896 ist fast schon ein Klassiker und bezog sich vor allem auf die eigenständige Mobilität. Doch auch bei der Entwicklung weiblicher Kleidung spielte das Rad eine große Rolle. Mit dem damals üblichen Outfit aus Korsett und diversen Unterröcken ließ es sich nicht besonders gut radeln und so kamen in den 1850er Jahren die sogenannten Bloomers auf. Hosen, die an den Knöcheln eng zusammenliefen und unter einem kürzeren Rock getragen werden konnten. Damit lief frau nicht Gefahr, ihre Beine zu entblößen und hatte dennoch mehr Bewegungsfreiheit. Seinen Namen erhielt das Kleidungsstück von der Amerikanerin Amelia Bloomer, die es nicht nur trug, sondern in ihrer Zeitung „The Lily“ auch regelrecht promotete. Somit wurden Bloomers zur Standard-Ausstattung der Radfahrerinnen in den USA und Europa. Was nicht heißt, dass die Frauen nicht auch häufigen Anfeindungen ausgesetzt waren, ob ihres gewagten Kleidungsstils.
Angefeindet wird man heute zum Glück nicht mehr. Aber wie sieht es mittlerweile mit Radbekleidung für Frauen aus? Wir sprechen mit Ann-Kathrin von der Frankfurter Initiative „Girlsride“. Die 33-jährige kennt sich bei dem Thema aus: 2012 begann sie mit Triathlon und gründete 2018 dann die Community, die regelmäßige Ausfahrten anbietet. „Das Angebot hat sich in der letzten Dekade zum Glück total verändert“, erzählt sie. „Als ich angefangen habe, erkannte man Damenbekleidung an der anderen Farbe und dem etwas engeren Schnitt.“ Wirklich auf den weiblichen Körper eingegangen wurde damals noch nicht. Da Frauen Oberweite und in der Regel breitere Hüften haben, reichte das Prinzip shrink it and pink it noch lange nicht. „Heute gehen viele Hersteller ganz anders auf die Bedürfnisse der Kundinnen ein“, fährt Ann-Kathrin fort. „Vor allem, was die Funktion angeht. Es gibt heute zum Beispiel Radlerhosen, mit denen man als Frau leichter auf Toilette gehen kann, da sich die Träger mit einem Druckknopf oder Reißverschluss lösen lassen.“ Bei anderen Modellen werden sie in der Brustmitte entlanggeführt, um nicht zu verrutschen. „Auch das Thema Polster wurde verbessert. Frauen haben nicht nur aufgrund der breiteren Beckenknochen eine andere Anatomie und andere Bedürfnisse als Männer. Ich finde es schön, dass Frauen heute mehr Gehör geschenkt wird“, schließt sie ab.
Donata und Katharina von der Firma KAMA aus Österreich wollten nicht darauf warten, bis etablierte Hersteller ihr Sortiment anpassen und gründeten 2018 einfach ihre eigene Produktlinie mit Radsportbekleidung nur für Frauen. „Als diese Idee aufkam, war es nahezu unmöglich, Bibs für leidenschaftliche Rennradfahrerinnen zu finden, die sowohl in Schnitt als auch in der Polsterung speziell für Frauen konzipiert waren.“ Heute freuen sie sich über den „signifikanten Anstieg des weiblichen Anteils im Rennrad- und Gravelsport.“ Eine weitere Marke, die nur auf Frauenbekleidung spezialisiert ist, heißt Veloine. Ihr absolutes Alleinstellungsmerkmal ist das sogenannte pregnancy kit: eine Rennradkombi für schwangere Frauen, die zahlreiche Innovationspreise gewonnen hat. Schade, dass die Vorreiterinnen rund um Amelia Bloom nicht mehr mitbekommen können, was heute für Frauen im Radsport alles möglich ist.