Die Wurstbrötchen-Lotterie
Entscheiden Glück und Zufälle darüber, ob Autofahrende aufmerksam gegenüber dem Radverkehr sind, kann von Verkehrssicherheit keine Rede sein. Auch wenn dazu alle einzelnen Verkehrsteilnehmenden einen Beitrag zu leisten haben, sollte die Stadt Maßnahmen durchsetzen, die den Radverkehr besser wahrnehmbar machen.
Es war Mittagszeit, ich wollte nach Hause und nutzte dazu mit meinem Fahrrad den rechten Fahrstreifen der Frankfurter Straße vom Heilsberg kommend stadteinwärts. Es herrschte wenig Verkehr und ich fuhr ziemlich mittig auf dem Fahrstreifen mit etwa 40 Stundenkilometern. Das erlaubt es, auf dieser Straße im Pkw-Verkehr „mitzuschwimmen“, ohne als Hindernis wahrgenommen zu werden – und wegen durchgezogener Mittellinie mit viel zu wenig Abstand überholt zu werden.
Als ich mich ein Stück weit vor der Metzgerei Dürr befand, parkte ein weißer Pkw am rechten Fahrbahnrand aus und fuhr langsam und scheinbar zögerlich in den von mir befahrenen Fahrstreifen ein. Aus dem Verhalten des Fahrers schloss ich, dass er meine Vorfahrt achtet. Doch falsch gedacht.
Während der Autoverkehr auf den Hauptstraßen oft gefährlich abgelenkt ist, …
Hatte er mich nicht gesehen oder meine Geschwindigkeit unterschätzt? Schulterblick? Zum Anhalten hatte ich nicht mehr genügend Platz, also nach links ausweichen, an dem Fahrzeug vorbeifahren und hoffen, dass es reicht. Mit Mühe gelang mir das. Im Vorbeifahren erkannte ich, dass der Fahrer damit beschäftigt war, ein Brötchen zu verspeisen – was wohl der Grund dafür war, dass er so unaufmerksam war. Um ein Haar wäre ich gewissermaßen einem Wurstbrötchen zum Opfer gefallen. Ich hatte lediglich Glück, auch weil die Straße trocken war.
Doch auch die ausgewiesene Alternativroute durch Nebenstraßen ist für Alltagsradelnde wenig tauglich. An den Kreuzungen und Einmündungen gilt stets rechts vor links. Die „ruhigen“ Nebenstraßen sind mit Autos zugeparkt, oft beidseitig, teils regelwidrig. Die erforderlichen 5 Meter Abstand an Kreuzungen und Einmündungen (§ 12 StVO) werden kaum eingehalten. Beim Radfahren bedeutet das jedes Mal ein Abbremsen mindestens bis zur Schrittgeschwindigkeit, gerade weil die Blickachsen zugestellt sind.
… beeinträchtigen auf Nebenstraßen Falschparkende die Sichtbeziehungen.
So ist auch das Befahren der Nebenstraßen mit Risiken verbunden. Obwohl die schmalen Fahrbahnen es nicht zulassen, überholen Autos Radfahrende regelmäßig mit viel zu geringem Seitenabstand. Kurz danach wird man dann oft auch noch durch Abbiegevorgänge gefährdet oder zumindest ausgebremst. Auch wird die Wartepflicht bei Fahrbahnverengungen durch Hindernisse auf der Fahrbahn – meist parkende Fahrzeuge, selbst bei entgegenkommenden Pkw – kaum eingehalten. Stattdessen wird augenscheinlich wie selbstverständlich erwartet, dass Entgegenkommende auf den Gehweg ausweichen. Häufig führt dies dazu, dass Radfahrende den Gehweg nutzen.
Was wird in der Stadt Bad Vilbel getan, um den Radverkehr hier sicherer zu machen? Bis zu einer nachhaltig wirksamen Lösung wäre für die Frankfurter Straße die Anbringung von Fahrradpiktogrammen auf der Fahrbahn eine kurzfristige Maßnahme. Das alles ist nicht neu: Wie in mehreren Studien nachgewiesen wurde, führen sie zu mehr Rücksichtnahme und damit zu verbesserter objektiver und auch subjektiv empfundener Sicherheit. Womöglich tragen Piktogramme sogar dazu bei, dass selbst beim Verzehr eines Wurstbrötchens dem Radverkehr noch genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und was wird von den Verantwortlichen der Stadt getan, um bestehende Gesetze auch durchzusetzen, Falschparker zu verfolgen? Abwarten bis Schlimmeres passiert?
Hoffentlich nicht.