Im Herzen des deutschen Radsports
Im Stadtwald geht es um die großen Rennen
Im Stadtwald, direkt hinter dem Stadion, sitzen die, die in Deutschland für den Leistungssport verantwortlich sind. Die Eintracht, der Tischtennisverband, der Landessportbund Hessen, der deutsche Turnerbund oder der Deutsche Olympische Sportbund. Mittendrin, in einem unscheinbaren Flachbau, hat auch die „Gesellschaft zur Förderung des Radsports“ (GFR) ihren Platz gefunden. Hinter dem etwas betulichen Namen verbirgt sich nichts anderes als das Herz des deutschen Radsports. Denn hier, in Sichtweite von „Im Herzen von Europa“, wie die Fans der Eintracht-Fußballer ihr Stadion umschwärmen, werden neben dem Radklassiker „Eschborn-Frankfurt“ auch die Mehretappenfahrt „Deutschland Tour“ und das Radspektakel „Bemer Cyclassics Hamburg“ organisiert.
Gefördert wird im Stadtwald aber nicht nur der Radsport, auch der ADFC Frankfurt zählt die GFR zu seinen Fördermitgliedern. Wie es dazu kam, kann Nathanael Bank nicht sagen, die Förderung des ADFC wurde schon vor seiner Zeit im Rennzirkus begonnen. Bank ist „Head of Eschborn-Frankfurt“ und seit rund zehn Jahren im Unternehmen tätig, er ist verantwortlich für die Veranstaltung am 1. Mai. Bank erinnert an die lange Geschichte der Firma, die Anfang der 60er Jahre von den Brüdern Moos in Sulzbach gegründet wurde, um das Radrennen „Rund um den Henninger-Turm“ zu veranstalten. Den Henninger-Turm gibt es schon lange nicht mehr, das Rennen aber hat überdauert – wenn auch unter anderem Namen. Und es ist gewachsen, betont Bank, vor allem im Bereich des Breitensports. Zur „Škoda Velotour“ am 1. Mai melden sich von Jahr zu Jahr mehr Radsport-Amateure und -Amateurinnen an. Waren es vor zehn Jahren noch um die 4.500, liegt die Teilnehmerzahl inzwischen bei fast 10.000, die auf den verschiedenen Strecken unterwegs sind. 40 Kilometer flach und gemütlich (die Teilnahme ist hier auch ohne Zeitmessung möglich), 92 anspruchsvolle Kilometer auf der Rennstrecke der Profis über den Feldberg oder 104 Kilometer, ebenfalls auf der Profi-Strecke, jetzt aber mit einem Abstecher über den legendären Mammolshainer Berg. Die meisten Anmeldungen, stellt Bank überrascht fest, liegen für die ganz harte Tour vor.
Eschborn-Frankfurt wurde immer erfolgreicher und verlangte bald nach umfangreicheren Strukturen. Bernd Moos-Achenbach, Sohn eines der Moos-Brüder, übergab den Staffelstab an die französische Amaury Sport Organisation (A.S.O.), Ausrichter auch der Tour de France. „Man stößt als Kleiner irgendwann einfach an seine Grenzen“, meint Bank und ist froh über die Beteiligung des französischen Unternehmens. Der Firmenname ist geblieben, und auch unter neuer Regie hält die „Gesellschaft zur Förderung des Radsports“ an der Verbindung zum ADFC fest.
Bank begrüßt die Aktivitäten der Fahrradlobby, freut sich über weitere rote Streifen in der Stadt und findet, dass auch der Radsport dazu beiträgt, mehr Menschen auf das Fahrrad zu bringen. Gerade bei Eschborn-Frankfurt werde die Stadt eben auch mit ihrer Fahrrad-Infrastruktur gezeigt, das Thema Fahrrad in den vielen Stunden der Live-Übertragung in seiner ganzen Breite dargestellt. Damit sieht er sich durchaus in einer Interessengemeinschaft mit dem ADFC.
Und warum engagiert sich der Veranstalter der Tour de France im Frankfurter Stadtwald? Man wolle den Radsport in Deutschland wieder beleben, meint Bank. Es gäbe weiterhin gute Radfahrer im Land, auch ein großes Interesse an den Übertragungen der Tour de France und am Radsport überhaupt. Leider aber fehlen die großen Rennen hierzulande. Deshalb versuche man, über eine Deutschland Tour als mehrtägige Etappenfahrt die Begeisterung für den Radsport hochzuhalten. Das sei ohne eine große Organsation wie die A.S.O. kaum noch zu stemmen. Schon allein die Begleitung des Rennens mit Kameraleuten erfordert erfahrene Motorradfahrer, die Routine mitbringen. Da sind uns unsere französischen Kollegen einfach voraus.
„Nach dem 1. Mai ist vor dem 1. Mai.“
14 Mitarbeitende sind bei der GFR aktiv, die sich alle um die Organisation der Rennveranstaltungen kümmern. Festlegung der Route, Absprachen mit den beteiligten Gemeinden, der Polizei, den Rettungsdiensten oder den Verkehrsbehörden. Streckenposten werden angeworben, neuerdings u.a. aus Abiturklassen, die sich bewerben können und als Entlohnung Geld für ihre Abikasse erhalten. Das funktioniere besser als die Arbeit mit fremden Sicherheitsfirmen, da die Schüler Ortskenntnis und Begeisterung für das Rennen mitbringen. So ähnlich kam auch Bank zum Radsport – als Sportstudent half er beim Beschildern der Strecke für das Rennen am 1. Mai. Und fand so zu seiner Position als „Head of Eschborn-Frankfurt“, ein Job, der ihn ganzjährig beschäftigt. Denn „nach dem 1. Mai ist vor dem 1. Mai“, meint er. Trotzdem verschafft er sich Luft für die Familie, reduzierte seine Arbeitszeit und teilt sich den Job mit seiner Kollegin Laura Degenkolb, der Frau des Radsportstars aus Oberursel. Da ist man natürlich immer dicht dran am Profi-Rennsport.
Fährt Nathanael Bank selber Rad? Zu Anfang, als er noch in Mainz wohnte, sei er öfter mit dem Rennrad in den Stadtwald gefahren, sagt er. Doch seit die beiden Kinder da sind, fehle ihm die Zeit fürs Rad.
Da gehe er lieber abends, wenn die Kleinen im Bett liegen, Kicken. Auf einem Fußballplatz mit Flutlicht, grinst er. Bewegung muss sein.
Für die Förderung des ADFC bedankt sich der Vorstand des ADFC Frankfurt bei der „Gesellschaft zur Förderung des Radsports“ ganz herzlich!