Vom 9. bis 12. Mai werden wir mit Passau und Schärding die schönsten Barockstädte Deutschlands und Österreichs entdecken. Und vom 17. bis 24. Mai lernen wir das Bauhaus und die Gebäude von Bauhausleiter und Stararchitekt Walter Gropius in Weimar, Jena, Dessau und Berlin kennen. Es sind noch wenige Plätze frei.
Infos unter radreisen@adfc-frankfurt.de
Jens Zukunft
Oberbayern wie aus dem Bilderbuch
Eine Radreise zu „Seen und Kunst“ im Mai 2023, geführt von Christine und Jens Zukunft
Vier Tage Oberbayern: Malerische Orte, kristallklare Seen, gemütliche Biergärten, Cafés in jeder Ortschaft und die Museen des Expressionismus mit den berühmten Werken von Franz Marc, Wassily Kandinsky, August Macke und Gabriele Münter – das kombinierte unsere Radreise am langen Wochenende von Christi Himmelfahrt.
So versammelten sich am Feiertagsmorgen neun Rad- und Kulturbegeisterte um 7:30 Uhr im Frankfurter Hauptbahnhof und hatten Glück: Im neuesten ICE transportierte uns die Bahn pünktlich über München nach Garmisch-Partenkirchen, unserem Ziel. Bereits wenige Minuten nach der Ankunft dort radelten wir durch den historischen Ortskern von Partenkirchen, die enge Ludwigstraße: Hier stehen die Häuser dicht an dicht, alle im typisch bayerisch-oberländischen Stil, geziert von Lüfterlmalerei und gereimten Weisheiten an den Fassaden.
Sodann folgte ein Anstieg von rund 200 Höhenmetern, den alle – auch jene ohne Motor am Rad – gut meisterten. Das Wettersteingebirge mit der Zugspitze verbarg sich leider hinter Wolken, aber die am Wege gelegene Sprungschanze von Partenkirchen war zu sehen. Diese ist heute Teil der Vierschanzentournee, und sie erhielt der Ort 1935, nachdem er zugestimmt hatte, sich mit dem Nachbarort Garmisch für die Olympischen Winterspiele im Jahr darauf zu vereinen.
Weiter ging die Tour über ruhige Nebenstrecken via Krün und Wallgau zum Walchensee. Wie eingebettet von den umliegenden Voralpen liegt er abseits der Bundesstraße vollkommen friedlich da und lenkte die Gruppe durch sein tieftürkisfarbenes Wasser vom Weg ab. Anschließend fuhren wir vier Kilometer steil hinab nach Kochel, den Kochelsee fest im Blick, wo wir im einfach-urigen Hotel übernachteten.
Kulturführung zu Franz Marc
Der nächste Tag begann mit der ersten Kulturführung der Radtour: Wir lernten im Kocheler Franz-Marc-Museum nicht nur die Liebschaften des Malers kennen, sonderen auch seine expressionistische Kunst: Weg von rein naturalistischen Abbildungen trachtete Marc danach, sich in die Gefühlswelt eines Tieres hineinzuversetzen und sein Wesen in der Malerei einzufangen, seine Tiermalerei also als Mittel künstlerischen Ausdrucks weiterzuentwickeln.
Die vielen Eindrücke und Informationen konnten wir auf der weiteren Fahrt nach Benediktbeuern verarbeiten. Dort laden Biergarten, Kräutergarten und die Kirche des Klosters zur ausgedehnten Mittagspause ein. Dann ging es weiter durch weites Moos und Wälder an den Starnberger See. Hier radelten wir am ruhigen Ostufer entlang, gesäumt von riesigen Anwesen mit Villen von Helene Fischer, Michael Ballack, Heiner Lauterbach und – Rama X., dem König von Thailand, den das bayerische Finanzministerium nach dem Tod seines Vaters Rama IX. vor einigen Jahren nicht zur Erbschaftsteuer veranlagen konnte. Unser Weg führte weiter zur Votivkapelle für einen weiteren König, dieses Mal ein heimischer – Ludwig II., der bayerische Märchen- und Baukönig: Hier, nahe am Ufer, kam er unter mysteriösen Umständen im See zu Tode, und die Geschichte liest sich bei Wikipedia wie ein Krimi – mit dem König in der Hauptrolle. Die Nacht verbrachten wir im nahen komfortablen Hotel „Die Post“.
Hinter dem Starnberger See ragt die imposante Alpenkette auf
Am dritten Tag fuhren wir am Ostufer weiter nach Starnberg. Das Wetter hatte sich seit dem Feiertag, dem Beginn unserer Tour, stetig verbessert, und als wir auf der Uferpromenade einrollten, lag die imposante Alpenkette scheinbar wie hinter dem Starnberger See direkt vor unseren Augen. Wenige Kilometer weiter, nun am Westufer des Sees, erreichten wir ein riesiges Badeareal, noch verwaist, das Teil des Parks von Schloss Possenhofen ist. In diesem heute privat genutzten Schloss wuchs vor rund 175 Jahren Elisabeth alias Sissi, die spätere Kaiserin von Österreich, bei unbeschwerter Kindheit auf. Wie Ihr dank der Schauspielerin Romy Schneider gelernt habt, verliebte sich hier Kaiser Franz-Joseph I. von Österreich / Habsburg spontan und unsterblich in sie, obwohl er eigentlich Sissis ältere Schwester heiraten sollte. So konnte Bayern, Königreich erst seit 1806, zum ersten Mal mit am Schalthebel europäischer Macht sitzen. Weiter durchquerten wir am Ufer einen Park im englischen Landschaftsstil, der eigentlich Schlosspark werden sollte, aber für König Ludwig II. nicht ausreichend abgelegen war.
Am Mittag erreichten wir Bernried. Hier befindet sich direkt am Seeufer das „Museum der Phantasie“, das die Privatsammlung von Lothar-Günther Buchheim beherbergt. Jeder kennt vermutlich die Verfilmung seines Romans „Das Boot“ von Wolfgang Petersen. Dieser Roman diente Buchheim zur Aufarbeitung seiner Traumata, mitbekommen als Marinesoldat im zweiten Weltkrieg. Entsprechend hat das Museumsgebäude die Form eines U-Boots, das über Wasser navigiert. Innen lernten wir Buchheims Kunstsammlung mit Werken der Gruppe „Die Brücke“ sowie eigene Arbeiten kennen; vor allem seine Linolschnitte sind sehenswert. Und schließlich ist die Lage des Museums, der Blick vom Museumscafé auf den Starnberger See, einzigartig schön, so dass wir dort zwei Stunden verweilten. Am Nachmittag fuhren wir dann via Gauting und Neuried ohne Pause nach München, der letzten Station unserer Reise. Hier lernten wir am Abend bayerische Gastlichkeit unter alten Kastanien im großen Hofbräu-Biergarten am Wiener Platz nahe der Altstadt kennen. Zufrieden verbrachten wir die Nacht im guten Hotel „Am Isartor“.
„Der Blaue Reiter“ im Lenbachhaus
Am Sonntag, dem vierten und letzten Tag unserer Reise, versammelten wir uns um 10 Uhr im Lenbachhaus in München. Dieses städtische Museum stellt die wesentlichen Exponate der expressionistischen Künstlervereinigung „Der Blaue Reiter“ aus: Vertreter sind neben Franz Marc August Macke, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky und Wassily Kandinsky, dem Begründer der abstrakten Malerei und späteren Künstler am Bauhaus in Weimar und Dessau. Das kreative Schaffen dieser Vereinigung endete allerdings jäh mit dem Tod zahlreicher Künstler auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges. Unsere sehr sachkundige Museumsbegleiterin erläuterte, dass wir Gabriele Münter, Lebensabschnittsgefährtin von Kandinsky, zu verdanken haben, dass diese insgesamt rund 1.000 Schätze aus Oberbayern die Naziherrschaft überdauern konnten und die Nazis diese nicht, wie viele vergleichbare Werke, zerstören oder an US-amerikanische Museen verkaufen konnten.
Gegen Mittag begann der finale Punkt des Programms: Wir entdeckten die Highlights Münchens per Rad, vom Löwenbräukeller über Schloss Nymphenburg, Olympiapark, das Schwabinger Kneipen- und Kabarettviertel bis zum Englischen Garten mit dem Biergarten am Chinesischen Turm – man ist halt auch in München mit dem Fahrrad am flexibelsten unterwegs.
mitte: Starnberger See mit Alpenpanorama
rechts: Wichtiges Ziel in München: Der Löwenbräukeller
Frank Schoenberg (6)
Fahrradtransport mit der Bahn
Abenteuer und ein Wechselbad der Gefühle
Endlich kann man auch Fahrräder im Schnellzug mitnehmen, wenn auch nur mit Reservierung und nur acht Stellplätzen pro Zug. Nur gut, dass unsere Tourenleiter mit zwei Falträdern unterwegs waren, die keine Stellplätze beanspruchten. Erste Probleme gibt es schon beim Zugang: Kein stufenloser Einstieg in den Zug, was bei E-Bikes durchaus schwierig werden kann. Und ein E-Bike in der Halterung aufzuhängen, ist eine Herausforderung: Vier Stellplätze sind zum Hängen und vier zum Stellen der Räder vorgesehen. So kommt es durch viele gleichzeitig zu verladende Räder schnell zu Verspätungen. Aber immerhin, einen ersten Schritt hat die Bahn gemacht.
Ansonsten verlief die Hinfahrt im ICE komfortabel und reibungslos. Doch in München-Pasing war unser Anschlusszug nach Garmisch-Partenkirchen so voll, dass wir als Gruppe nicht mehr zusteigen konnten. Also fuhren wir per S-Bahn zum Münchner Hauptbahnhof und stiegen dort in den nächsten Zug nach Garmisch-Partenkirchen. Pünktlich kam dieser Zug dort an. Eigentlich hätte die Tour jedoch in Mittenwald starten sollen, um unserer Gruppe 200 Höhenmeter zu ersparen. Doch wir mussten umdisponieren: Aufgrund von Bauarbeiten verkehrten zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald keine Züge.
Auf der Rückfahrt mussten wir unsere Gruppe teilen, weil es am ersten Verkaufstag der Fahrradreservierungen, 180 Tage vor der Rückfahrt(!), nicht möglich war, sechs oder mehr Reservierungen in einem Fernzug (ICE oder IC) zu buchen. Die erste Gruppe startete also um 16:48 Uhr im ICE in Richtung Frankfurt, während die zweite Gruppe zwei Stunden später aus München losfahren sollte. Doch nachdem der Zug der ersten Gruppe den Münchener Hauptbahnhof verlassen hatte, stand er länger und wurde umgeleitet. Mit mehr als 70 Minuten Verspätung erreichte die erste Gruppe den Frankfurter Hauptbahnhof. Ein großer Dank an die nette Zugbegleiterin, die ob der schwierigen Situation uns Reisende immer gut informiert hat. Und der ICE der zweiten Gruppe hatte so große Verspätung, dass die Bahn den Zug einfach in Mannheim enden ließ. So musste diese Gruppe mit einer Regionalbahn nach Frankfurt weiterfahren: Der Tourenleiter war um 2 Uhr am frühen Montagmorgen in seinem Bett im Dornbusch.
Ein großer Dank geht an Jens und Christine Zukunft für die gute Organisation der Tour und die schöne Streckenführung.
Frank Schoenberg