Die Besten der Besten!
Einmal im Jahr finden sie statt: Deutsche Meisterschaften im Handwerk. Die Bundesfachschule Zweirad der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main hat den Wettbewerb „German Craft Skills Zweirad“ Anfang November ausgerichtet und die Besten der Besten gekürt. Die Sieger haben dann 2024 die Chance, beim Europacup Zweirad, der in Münster stattfindet, Deutschland vertreten zu können.
Die insgesamt 15 Gesellen (aus den Bereichen Fahrrad und Motorrad), die sich für die deutsche Meisterschaft qualifiziert haben, gehören wohl zu den besonders Talentierten im Zweiradgewerk. Denn sie haben sich entweder bei den einzelnen Landesentscheiden durchgesetzt oder konnten sich aufgrund bester Ergebnisse in ihrer Gesellenprüfung bewerben. Ausgeschrieben wurde die Meisterschaft vom Bundesinnungsverband Zweirad, zuständig für die Bereiche Fahrrad und Motorrad.
Der Wettbewerb für den Bereich Fahrrad beginnt für die sieben Gesellen mit einer Einführung über den Prüfungsablauf. Fünf anspruchsvolle Aufgaben stehen auf der Tagesordnung, jede muss innerhalb eines Zeitrahmens von einer Stunde gemeistert werden. Den jungen Männern wird ein professioneller Arbeitsplatz zugewiesen, mit entsprechenden Werkzeugen, Materialien und auch Laptops, die zum Auslesen für die Fehlersuche am E-Bike notwendig sind. Hier sind also sowohl traditionelle Fertigkeiten und Kompetenzen als auch moderne Techniken gefragt. Jan Paulus, Zweiradmechanikermeister bei der Bundesfachschule Zweirad und Mitorganisator, weiß, dass gute berufliche Bildung ihren Preis hat und gibt vor dem Start noch eine wichtige Parole aus: „Das Werkzeug ist mir heilig!“. Denn der Verschleiß ist hoch, auch die zu reparierenden Fahrräder halten aufgrund der häufigen und intensiven Beanspruchung durch die vielen Lehrgänge als auch Prüfungen für angehende Gesellen und Meister nur zwei/drei Jahre. Dann müssen neue Fahrräder eingesetzt werden. Um als Bundessieger zu brillieren, müssen am Ende des Tages 81 % der Punkte erreicht werden. Aber alle scheinen guten Mutes zu sein, keine sichtbare Aufregung, kein Stress bei den Gesellen. Im Prinzip ist ja auch alles so wie in der heimischen Werkstatt: Werkbank, Kollegen, reparaturbedürftige Fahrräder. Aus Hessen gibt es übrigens keine Teilnehmenden, auch Frauen sind nicht dabei.
Dann geht es Schlag auf Schlag, Aufgaben werden verteilt, die einen sind mit der Diagnose elektrischer Systeme am E-Bike beschäftigt, die anderen müssen handwerkliches Geschick am Bio-Bike beweisen. Eine komplexe Aufgabe besteht z. B. darin, eine Nabe auseinanderzunehmen, um die Fehlerquelle ausfindig zu machen, eine Dokumentationsübersicht zu verschriftlichen und alles entsprechend funktions- und einbaufähig zu reparieren. Es muss ein fahrtüchtiges Vorderrad hergestellt werden, samt Berechnung der Speichenlängen, Einspeichung und Zentrierung des Rades. Recht kompliziert, aber auch das richtige Wickeln eines Rennradlenkers mit Lenkerband ist ein schwieriges Unterfangen. Da muss alles sitzen und perfekt aussehen. So kommen dann doch einige der Gesellen zwischenzeitlich ins Schwitzen, denn für die Lösung der jeweiligen Aufgabe steht ihnen lediglich eine Stunde Zeit zur Verfügung.
Im Nebenraum sind die beiden Prüfer und Zweiradmechanikermeister im Schwerpunkt Fahrrad, Raphael Franz und Frank Schäfer, parallel damit beschäftigt, die reparierten Objekte zu sichten. Jede Nabe wird professionell inspiziert, auseinandergenommen, wieder perfekt zusammengebaut, jede Einspeichung differenziert begutachtet, jeder Rechenweg bewertet, jedes Detail notiert und jeder Schritt benotet. Viel Lob, aber auch kritische Anmerkungen wie „Fehler gefunden, jedoch falsch zusammengebaut“ oder „Richtig berechnet, allerdings falsch eingespeicht, Spannung fehlt, Punktabzug“. Aber: nobody is perfect! Die Zeit rennt, auch die beiden Prüfer haben nur eine Stunde für die Kontrolle und sind gut beschäftigt.
Dann endlich, nach fünf Stunden harter Arbeit, ist es für die Teilnehmer vorbei. Sie versammeln sich mit den Gesellen aus dem Bereich Motorrad, um auf die Ergebnisse und damit auf die Siegerehrung zu warten. In der Zwischenzeit ist die Jury gefragt, alles wird nochmals begutachtet und am Ende die Punktzahl ermittelt. Leider hat keiner der sieben Gesellen im Segment Fahrrad die nötigen 81% erreicht, um Bundessieger zu werden. Aber Sieger knapp unter dem Limit gibt es! Es gewinnt Steffen Hanel aus Leonberg, Lennart Kreft aus Steinfurt und Pera Jurukovic aus der Nähe von Braunschweig landen auf Platz zwei und drei.
Im Segment Motorrad kommt der Beste aus Hamburg, er hat die nötige Punktzahl von über 81 % erreicht: Felix Schüssler ist Bundessieger!
Die Siegerehrung wird von Reden der Verantwortlichen gerahmt. Marcus Büttner, Geschäftsführer des Bundesinnungsverbands Zweirad, hebt hervor, die Gewinner hätten bewiesen, nicht nur den Anforderungen von heute gerecht zu werden, sondern auch „die Innovationen von morgen als aktive Macherinnen und Machern“ mitgestalten zu können. Landesinnungsmeister Zweirad Oliver Claus unterstreicht die Bedeutung des German Craft Skills: „Was wir heute gesehen haben, sind nicht nur Wettbewerbe; es sind Meilensteine auf dem Weg der Teilnehmer zu Meistern ihres Fachs“.
Für alle ist dieser Tag ein Erfolg! Nun haben die Sieger die Chance, Deutschland am „Europacup Zweirad“, der 2024 im westfälischen Münster stattfindet, zu vertreten. Das werden die jungen Talente bestens meistern, da sind sich alle ganz sicher.