„Ich versuche das Naheliegende zu sehen und zu leben“
Dass die patente Sonja David sich im Frankfurter ADFC wohl fühlt, merkt man auf den ersten Blick. Neben der Teilnahme an Touren ist sie alle zwei Monate als Austrägerin von „Frankfurt aktuell“ im Einsatz. Eine wichtige Aufgabe, ohne die die Zeitschrift so nicht existieren könnte. 2003 aus Niedersachsen in die Main-Metropole gekommen, arbeitet sie im Bereich Software-Entwicklung einer großen Finanzbehörde. Als Ausgleich zur Arbeit und auch zum Radfahren rollt sie gerne die Yogamatte aus.
Bitte stelle Dich in drei Adjektiven vor.
Unabhängig: Ich erlaube mir einen eigenen Kopf. Es ist wunderbar, im 21. Jahrhundert in Europa zu leben. Wir dürfen kritisch denken. Da ungenutzte Rechte aber auch wieder verloren gehen, halte ich es für sehr wichtig, diese Freiheit so viel wie möglich zu nutzen.
Unpolitisch: Leider bin ich aber auch sehr unpolitisch, d.h. lautes Streiten, ohne mich selbst zu sehr aufzureiben, liegt mir nicht. Deshalb bin ich besonders dankbar, dass es im ADFC so viele engagierte Streiter für eine klimafreundliche und nachhaltige Verkehrs- und Radpolitik gibt.
Maßvoll: Ich will mich nicht am heutigen „höher, schneller, weiter“ beteiligen, sondern versuche, das Naheliegende zu sehen und zu leben. Viele meiner Kollegen erzählen von ihren Urlauben in New York oder Bangkok. Dabei kennen sie weder den Limburger Dom, noch haben sie je die schöne Fachwerkinnenstadt von Fritzlar gesehen. Ich konzentriere mich lieber auf meine Fahrradumgebung, als nach den Sternen zu greifen.
Wie bist Du zum Fahrradfahren gekommen?
Ich musste nicht zum Radfahren kommen. Ich habe es nie aufgehört: Als Kind hat ja jeder irgendwie Radfahren gelernt. Da ich in einem Dorf aufwuchs und mir das Schulbusfahren schnell zu blöd wurde, fuhr ich halt Rad. Ich habe schnell gemerkt, wie gut das Radfahren tut. Im Sattel lässt sich unheimlich gut nachdenken.
So mussten die Hausaufgaben zuhause nur noch aufgeschrieben werden. Im Studium habe ich dann neben der Uni-Literatur auch meine beiden Kinder auf dem Rad transportiert. Dass man das Rad nicht nur im Alltag benutzen, sondern auch wunderschöne Urlaube mit ihm machen kann, habe ich allerdings erst vor 18 Jahren entdeckt, als ich zusammen mit meinem Sohn meine erste Radtour an der Lahn machte.
Gibt es etwas Besonderes, das Du mit dem
ADFC erlebt hast?
Als ich 2013 zum ADFC kam, war ich überrascht, wie offen und warmherzig alle waren. Hier ist einfach jeder willkommen. Das spürt man. Auf den ADFC-Touren habe ich sehr viele tolle neue Radstrecken in und vor allem um Frankfurt kennen gelernt, die ich allein nie gefunden hätte. Außerdem ist mir erst im Gespräch mit den vielen engagierten Radfahrern klar geworden, wie Auto-zentriert mein Denken war (und das, obwohl ich nur drei Jahre ein Auto besaß!). Ich habe gar nicht wahrgenommen, wie viele Autostellplätze es z. B. im Vergleich zu Kinderspielplätzen gibt. Es braucht eine starke Lobby für den Rad- und Fußverkehr, um uns allen klar zu machen, dass das nicht so sein muss. Der ADFC macht hier eine gute und wichtige Arbeit. Dafür bin ich sehr dankbar.
Welchen Tipp rund ums Fahrrad hast
Du für die Leser:innen von „Frankfurt aktuell“?
Jeder, der sie noch nicht kennt, sollte unbedingt mal die Feierabendtouren des ADFC ausprobieren. Das ist einfach super. Mit netten Leuten auf schönen Strecken sich den Stress von der Seele strampeln und danach in der Kneipe bei Bier und gutem Essen den Abend ausklingen lassen. Das macht glücklich.
Was wünschst Du Dir für die Fahrradzukunft in der Region?
Tolle neue und schön rot markierte Radwege haben wir ja schon bekommen. Jetzt wäre noch ein Radweg an der Eschersheimer Landstraße zwischen Dornbusch und Hügelstraße super. Wenn ich eine Wunderlampe hätte, würde ich daran reiben und den stehenden Autoverkehr aus der Innenstadt zaubern. Aber vielleicht schafft es die Automobilbranche ja auch, wieder kleinere Fahrzeuge zu bauen, die in Frankfurter Tiefgaragen passen. Mal sehen…
In unserer Rubrik „Fünf Fragen an …“ möchten wir euch in jeder Ausgabe von Frankfurt aktuell ein Mitglied unseres Vereins näher vorstellen. Wir werden allen Interviewten die gleichen fünf Fragen stellen, die sie aber sicher ganz unterschiedlich beantworten werden. So können wir ein bisschen hinter die Kulissen der Arbeit unserer Mitglieder blicken und sie entweder ganz neu oder von einer anderen Seite kennenlernen.