Cycling in UK
Eine Radtour durchs Vereinigte Königreich, „UK“, wie es die Briten nennen, vom südwestlichen Zipfel des Landes an der Atlantikküste bis hinauf in den schottischen Nordosten, auf ausgewiesenen Radrouten. „Land’s End to John o’Groats“ nennt sich die Reise, die viele Briten per Rad, zu Fuß, auf einem alten Traktor oder sonstwie auf merkwürdige Weise hinter sich bringen. Ein Handbuch und die dazu passenden GPX-Daten für uns Radfahrende helfen bei der Orientierung.
Um die meistgestellte Frage zu unserer Reise gleich zu beantworten: Ja, man kann sich an den Linksverkehr gewöhnen, recht leicht sogar, denn alle anderen Verkehrsteilnehmenden machen es ebenso. Trotzdem fordert die anfangs ungewohnte Straßenseite unsere Konzentration, Morgen für Morgen erinnern wir uns gegenseitig: Links fahren! Und einem Kreisverkehr mit Respekt begegnen.
Signed routes for cycling
Das National Cycle Network ist ordentlich durchnummeriert und mit blauen Wegzeichen markiert. Wir beginnen in Cornwall bei Land’s End auf der 3, wechseln in Bristol auf die 4, durchfahren Glouster auf der 41 und Worcester auf der 45. Ein Abstecher auf der 46 bringt uns zu einem Übernachtungsquartier und am nächsten Morgen wieder zurück zur 45 und auf dieser weiter über Bridgnorth nach Nantwich. Dort folgen wir der 451 nach Crewe, um von hier Manchester mit der Bahn zu umfahren. In Oxenholm, der am Rande des Lake District gelegenen Bahnstation, finden wir die 6 und folgen ihr bis Windermere, um anschließend unnummeriert mit einer Fähre den See zu queren und danach über ein paar Hügel nach Coniston zu fahren. Dort wartet eine Ferienwohnung auf uns, in der wir uns von der Nummernrevue erholen wollen – Urlaub vom Fahrrad-Urlaub. Denn nicht immer verläuft die Reise so einfach, wie es die Aufzählung der Nummernfolge vermuten lassen könnte. Nebenrouten, Routen-Nummern in Klammern, Alternativwege, Baustellen, fehlende Wegzeichen, etc. verkomplizieren die Fahrt und erschweren die Orientierung. Landkarte und Smartphone sind auch hier weiterhin unerlässlich.
Später dann, nach dem Urlaub vom Urlaub, geht es unnummeriert über die Berge an die Westküste, wo wir auf die 72 gelangen. Die nennt sich auch „Hadrian’s Cycleway“ und verläuft über Whitehaven und Carlisle entlang des Hadrian’s Wall, dem britischen Pendant zu unserem Limes. Hier, in England, wollten sich die römischen Besatzer die Barbaren, die sich heute Schotten nennen, vom Hals halten. Jetzt liegt die schottische Grenze etwas entfernt vom alten Wall und die dort lebenden Bewohner wollen sich eher von den Engländern abschotten. Bei Newcastle endet der Hadrian’s Wall und mit ihm auch die 72 kurz vor dem Fährhafen, von dem die Schiffe zurück auf den Kontinent ablegen.
So viel zur Route. Am Fähranleger bei Newcastle haben wir 1.500 Kilometer (nicht Meilen!) vom Tacho abgelesen.
„Devon is hilly, isn’t it“?
Die Organisation Sustrans (von sustainable transport – nachhaltiger Transport) versteht sich als Hüter und Förderer des National Cycle Network und hat den Anspruch, uns Radfahrende möglichst abseits des anderen Verkehrs voran zu bringen. Das ist lobenswert und funktioniert auch über weite Strecken ausgezeichnet. Natürlich muss man hin und wieder breite Straßen kreuzen oder sich über einige Meilen hinweg Landstraßen mit dem Kraftverkehr teilen. Doch den allergrößten Teil unserer Reise konnten wir nahezu autofrei (oder wenigstens autoarm) verbringen. Die Beschilderung ist überwiegend gut, könnte aber an einigen Stellen durchaus mehr Wartung vertragen, und sei es auch nur mithilfe einer Heckenschere, die die blau hinterlegten Routen-Nummern in Büschen und Bäumen vom Blattwerk befreit. Da ist dann doch, siehe oben, Karte und Smartphone zur Orientierung notwendig.
Viele der Radstrecken verlaufen auf schmalen, einspurigen Sträßchen, oft gesäumt von hohen Hecken. Die schützen vor Wind, schränken aber auch den Blick ins Land ein. Doch da Landwirte hin und wieder auf ihre Felder oder zu den weidenden Kühen oder Schafen wollen, gibt es in regelmäßigen Abständen breite Gattertore in den Hecken. So ist dann doch immer wieder mal ein Blick in die Landschaft möglich.
„Devon is hilly, isn’t it?“ ruft uns ein bergauf schwitzender Radfahrer zu. Bevor ich ihm „Cornwall is worst!“ zurufen kann, sind wir bereits bergab vorbeigerollt. Weiter nördlich soll es flacher werden, heißt es, doch in Whitehaven an der Nordwestecke Englands erklärt uns ein Brite beim gemeinsamen Abendessen: „Die führen die Radrouten möglichst abseits vom Verkehr, nehmen dabei aber jeden, wirklich jeden Hügel mit.“ Von Besserung also keine Spur, denn das Land ist hügelig! Die Berge sind nicht hoch, die Radwege aber finden meist auf geradem, steilen Weg den höchsten Punkt, bevor sie sich genauso steil wieder ins nächste Tal hinabsenken. Warnschilder mit dem „Test your brakes“-Hinweis sollte man ernst nehmen.
Leichter voran geht es auf den Bahnradwegen. Nur wenige sind besonders gekennzeichnet oder als solche angekündigt, aber immer wieder stoßen wir auf gut befahrbare Steckenabschnitte, die eindeutig als ehemalige Bahntrasse zu identifizieren sind. Manchmal nur kurz, als Schotterweg über ein, zwei Kilometer, dann aber auch wieder asphaltiert oder mit gepflegter Feinkiesdecke über längere Distanzen. 20 Kilometer auf dem Camel Trail in Cornwall, rund 40 km auf dem Tarka Trail durch Devon oder, ganzer Stolz der radfahrenden Community, der erste Bahnradweg des Landes, der über 30 km Bristol mit Bath verbindet und uns zu einem Tagesausflug in die alte Stadt mit ihren römischen Bädern animiert.
Apropos Bristol. „Bristol is the UK’s first Cycling City, a symbol of the city’s status as one of Europe’s most bike-friendly destinations.“ Also die Fahrradstadt nicht nur Großbritanniens, wie wir der Eigenwerbung entnehmen können. Und wirklich sind überall rote Radstreifen zu sehen, einige baulich separierte Radwege nehmen dem Autoverkehr Raum weg, blaue Schildchen mit Zielangaben sorgen für Orientierung. Wir fahren auf einer verkehrsfreien Strecke (auch hier eine ehemaligen Bahnlinie) bis mitten ins Zentrum der Stadt, in der überall Radfahrende unterwegs sind. Junge Leute zumeist (Bristol ist Universitätsstadt), die sich über die Topographie hinwegsetzen und trotz der vielen Hügel beim Rad bleiben. Das ist alles sehr schön, halbwegs komfortabel, aber von Frankfurter Verhältnissen noch weit entfernt. Wie überhaupt die britische Radwege-Infrastruktur noch Nachholbedarf hat. „Man hat zu Beginn der 2000er Jahre viel Geld ins Radwegenetz gesteckt, jetzt aber wird es vernachlässigt und kaputtgespart, für Wartung ist kein Geld da.“, erklärt uns ein verärgerter Brite, der häufig mit seinem Rad unterwegs ist.
Tea or Coffee
Tee ist weiterhin allgegenwärtig in England. Schwarzer Tee mit Milch, zum Frühstück, mittags, nachmittags. Zum „Fully cooked breakfast“ mit Speck, Würstchen, Spiegelei, gegrillter Tomate gebackenen Pilzen und Kartoffelecken genauso wie zum deftigen Sandwich zur Lunchtime oder zum „Afternoon Tea“ mit Scones, clotted Cream und Marmelade. In jedem Zimmer, egal ob im einfachen Hotel oder im schicken Bed & Breakfast, erwarten uns ein Wasserkocher, zwei Tassen, einige Teebeutel und etwas Milch, manchmal sogar ein paar Kekse. Doch der Kaffee holt auf. In den Cafés stehen moderne Espressomaschinen, überall wird hervorragender „Americano“ gebraut. Für uns etwas ungewohnt läuft jedoch zuerst heißes Wasser aus der Maschine in die Tasse, dem erst zum Schluss ein Schuss Espresso beigegeben wird. Schmeckt dann aber wie normaler Kaffee, zumeist stark und gut.
Lunch and Dinner
Über das „Fully cooked breakfast“ hatten wir schon gesprochen, danach erübrigt sich eigentlich eine Debatte über weitere Mahlzeiten. Wer morgens schon ein paar Cereals (Cornflakes oder Müsli), gefolgt von oben erwähnter warmer Mahlzeit und einem Toast mit Marmelade mit reichlich Tee herunterspült, hat den Kalorien-Tagesbedarf eines Urlaubers eigentlich gedeckt. Doch da sich, Rad fahrend, nach einigen steilen Pisten bald wieder Appetit einstellt, müssen wir über Lunch nachdenken. Fish & Chips aus dem Schnellimbiss? Ein „Pasty“, die besonders im Süden überall erhältliche Teigtasche mit Fleisch- und Gemüsefüllung? Ein leckerer Kuchen zum Americano im Café? Brot, Käse und Obst aus der Fahrradtasche, auf einer Wiese am Wegesrand? Die Möglichkeiten sind unendlich, Geschäfte reichlich vorhanden, selbst weit ab auf dem Land finden sich kleine Dorfläden, die oft auch sonntags geöffnet sind. Hungrig bleibt niemand an einer Steigung hängen. Dass die Radroute in Bodmin direkt den dortigen Sainsbury’s streift, in Holsworthy am Coop vorbei führt und es der Tesco-Markt in Worcester sogar als Ziel auf einen der blauen Radwegweiser geschafft hat, vereinfacht die Versorgung erheblich. Im touristischen Lake District im Norden Englands glänzt das Dörfchen Coniston gleich mit drei Village Stores, einer davon als Teil einer Tankstelle, in der bei jedem Einkauf an der Kasse gefragt wird: „Any fuel?“ Nein, Benzin brauchen wir nicht, aber offensichtlich wird nach Tanken und Einkaufen beim Zahlen dies schon mal vergessen.
Und Dinner? Chinesisch, indisch, arabisch, englisch – auch in kleineren Städtchen ist das Angebot an Restaurants, Pubs, Inns oder Fast Food ausreichend. Wer jemals Lästerliches über die englische Kochkunst verbreitet hat, sollte sich wieder einmal im Land umschauen. In Market Drayton im Red Lion den Falaffel-Teller oder das Lamm-Curry bestellen, in Challacombe im Exmoor Fisch (nicht Fish & Chips!) im einzigen Pub weit und breit essen, dies aber (Fish & Chips) unbedingt in Bewdley am Ufer des Flusses Severn in der Abendsonne tun (und dabei den Damen des Ruderclubs beim Training zuschauen).
Nur sonntags wird es uns schwer gemacht, denn am Sonntagabend hat die Küche geschlossen, selbst wenn am Tresen weiterhin Bier gezapft wird. Am Sonntag gibt es „Sunday Roast“, ein fleischlastiges Vergnügen, zu dem sich Familien oder Freunde mittags im Pub treffen, um ausgiebig zu essen und zu trinken. Das hält die Küche auf Trab, für Abendgäste bleibt da keine Kraft mehr. Aber wie immer gibt es auch hier Ausnahmen. Einsame Pubs auf dem Land lassen uns auch sonntags nicht hungrig ins Bett gehen, und im Green Dragon in Wellington deckt uns die Wirtin sogar einen Tisch, auf dem wir (auf Empfehlung der Wirtin!) das im Schnellimbiss nebenan Erstandene mit einem frisch gezapften Bier verzehren können. Manchmal bieten auch Betreiber:innen eines Bed & Breakfast eine warme Abendmahlzeit an, die dann in gemütlichem Ambiente den Tag krönt.
The weather is back to normal
Ein stabiles Hoch liegt über der Insel, ein sonniger Tag folgt auf den nächsten. Das ist schön, doch leider nimmt uns die ungewöhnlich ausdauernde Ostwindlage die erhoffte Unterstützung durch Rückenwind, die für die von Südwest nach Nordost verlaufende Tour eigentlich vorgesehen ist. Wir tragen es mit Fassung und kaufen Sonnencreme nach.
Nach sonnigen Wochen kommen dann doch noch Anorak und „Rain legs“ zum Einsatz. „The weather is back to normal!“, ruft uns ein klatschnasser Spaziergänger grinsend zu, als wir unter einem Baum auf das Ende des Regenschauers warten. Passend zum Wetterwechsel hatten wir uns eine Ferienwohnung genommen, in der feuchtesten Ecke der Insel, dem Lake District. Dort war das Wetter dann wie erwartet, doch das stört die britischen Touristen kaum. In den Bergen wird gewandert, die Rennräder kommen auf die Straße, die Mountainbikes in den Wald, und ab ungefähr 16 Uhr sind die Tische vor den Pubs dicht bevölkert und die Biergläser glitzern in der Sonne – bevor der nächste Schauer auf die Sonnenschirme prasselt.
Gastgeber:innen sind auf das Wetter eingestellt. Nasse Radreisende werden auch in einem schicken B & B auf den dicken Teppich im Eingangsbereich gebeten, ohne Rücksicht auf Pfützenbildung. Für die Fahrräder ist meist ein Schuppen oder eine Garage vorgesehen, in einigen Fällen dürfen sie mit im Zimmer übernachten – dann aber sollten sie vom gröbsten Dreck befreit sein. Aber das gehört eigentlich schon zum nächsten Thema.
A warm Welcome awaits you
Hotel, Guest House, Bed & Breakfast – alles gibt es in vielen Qualitäts- und Preisstufen. Das Preisniveau liegt etwas über dem, der Zimmerstandard etwas unter dem, den deutsche Gasthöfe bieten. Die Zimmer sind in einfachen Häusern oft sehr klein, so dass kaum Platz bleibt für Fahrradtaschen und deren Inhalte. Und ein als „Deluxe Zimmer mit Kingsize-Bett“ angekündigtes Quartier bietet zwar mehr Platz, aber weder Schrank noch Kleiderhaken. Andererseits gibt es auch pittoreske Häuser mit breitem Himmelbett in altenglischen Ambiente (plus Schrank!) oder moderne Hotelketten im Business-Stil, die mit „bike friendly“ werben: „Whether you want to keep your bike in your room or have it stored away safely, the choice is completely yours.“ So übernachten die Räder mal im Wäscheraum des Hotels, mal in einem Abstellkämmerchen, einmal sogar im Büro des Hotelmanagers. Wir hatten die Wahl. Im Zimmer wollten wir sie nicht haben.
„Self catering“-Apartments sind auch für nur ein oder zwei Übernachtungen buchbar. Hier können wir den Kreislauf des fully cooked breakfasts unterbrechen und den Tag zur Abwechslung mit einem selbstgerührtem Müsli beginnen oder abends mit einem aufgewärmten Fertiggericht aus der Supermarkttheke beenden.
Für alle Quartiere aber gilt: Rechtzeitig buchen! Wir haben immer für ein paar Tage im Voraus gebucht, denn gerade im ländlichen England ist es manchmal mühsam, spontan ein passendes Zimmer zu finden.
Unabhängig vom Standard des Hauses wurden wir nahezu überall ausgesprochen freundlich empfangen, wurde uns jegliche Hilfe, falls notwendig, angeboten. Nach vielen Wochen zwischen höflichen Menschen, ob im Hotel, im Supermarkt, in der Bahn oder im Restaurant, fällt die Gewöhnung an den Frankfurter Charme nicht ganz so leicht.
Cash or Card
Ohne Credit Card geht fast nichts in England. Nahezu alle Einkäufe, auch kleinste, werden mit Karte (oder Smartphone) bezahlt. Barzahlung wird zwar akzeptiert, ist aber meist unüblich. Wer sich angesichts der öffentlichen Toilette über das passende Kleingeld im Portemonnaie freut, wird vor dem Eingang von einem Kartenlesegerät überrascht. Mit Bargeld kommt man hier nicht hinein. Doch Ausnahmen gibt es auch: Gerade in vielen asiatisch geführten Schnellimbissen hängt ein „Cash only“-Schildchen im Schaufenster. Einige Pfundnoten sollte man also doch in der Tasche haben. Ob es sich allerdings wirklich noch lohnt, die neuen Pfundscheine mit dem Konterfei von König Charles in Umlauf zu bringen, nur um damit Chicken Curry bezahlen zu können?
History
Wir können George Stephenson, dem Pionier des Eisenbahnwesens, bis heute dankbar sein für sein Engagement im Bahnbau. Eine ehemalige Bahnstrecke führt direkt an seinem Geburtshaus in der Nähe von Newcastle vorbei – heute ist auf der Trasse ein Fahrradweg angelegt. Die Bahnradwege geben bereits einen Hinweis auf das industrielle Erbe des Vereinigten Königreichs, wie auch die vielen Eisenbahnvereine, die auf nicht mehr genutzten Gleisstrecken ihrem Hobby mit Dampf und Diesel nachgehen. England gilt als die Wiege der frühkapitalistischen Industrialisierung, und Spuren davon finden sich überall. In Cornwall sind dies die Zinn-Minen, deren ehemalige Maschinenhäuser an der Atlantikküste zu sehen sind. Im Land stoßen wir immer wieder auf das weitverzweigte Kanalsystem, auf dem vor dem Eisenbahnbau Kohle und andere Massengüter auf sogenannten „Narrowboats“ transportiert wurden. Heute spielen die Kanäle touristisch eine wichtige Rolle, überall schippern Urlauber mit den schmalen Hausbooten von Schleuse zu Schleuse. Und manchmal führt sogar ein Radweg an ihnen entlang.
Die „Iron Bridge“, die weltweit erste Bogenbrücke aus Gusseisen, überbrückt den Fluss Severn recht aufwändig für die damaligen Verkehrsbedürfnisse – der Konstrukteur wollte zeigen, was mit dem Material Gusseisen möglich ist. Heute ist die Region um die Brücke, in die wir auf einer ehemaligen Industriebahntrasse rollen, Teil des Weltkulturerbes.
In der Berglandschaft des Lake District sehen die Reste von Kupferminen aus, als seien sie gerade erst verlassen worden. In riesigen Steinbrüchen wurde Schiefer abgebaut, in einigen wird bis heute gearbeitet. In Whitehaven an der Westküste ist das Ende der industriellen Ära erreicht – so wenigstens steht es auf dem Denkmal am Hafen, das Arbeiter aus dem Steinkohlebergbau bei der Arbeit darstellt. Wenige Meilen weiter jedoch zeugt der Hochsicherheitszaun um die riesige Nuklearanlage in Sellafield davon, dass hier zwar das Ende dieser Art der Stromerzeugung erreicht ist, die damit verbundenen Folgen uns und die dort Arbeitenden aber noch lange beschäftigen werden. Ein gut asphaltierter Radweg immerhin verläuft am Sicherheitszaun entlang.
The end
Der Regen erwischt uns noch einmal in Newcastle, auf dem Weg zur Fähre. So können auch Anorak und Rain Legs noch einen letzten Blick von diesem Teil des National Cycle Network erhaschen.
Die letzte Etappe
Über die nicht ganz einfache Anreise zu einer Fahrradtour durch Großbritannien hatte ich in unserer letzten Ausgabe berichtet. Die Organisation der Rückreise ist weniger kompliziert, birgt aber auch einige Tücken.
Eine Fährfahrt von Newcastle nach Ijmuiden bei Amsterdam zu buchen, ist einfach. Eine Bahnfahrkarte von Amsterdam nach Frankfurt zu kaufen, online in einer Ferienwohnung in Nordengland, ist ebenfalls leicht. Eine Fahrradkarte und einen Stellplatz für die gleiche Strecke online zu buchen, dagegen unmöglich. Man könne uns die grenzüberschreitende Fahrradkarte plus Stellplatz-Reservierung per Post zustellen, lautet die telefonische Auskunft der DB. Das hilft in unserer Lage kaum. Also müssen wir uns eine andere Lösung einfallen lassen.
Da für die Fahrradmitnahme in niederländischen Zügen nur eine einfache Fietskaart notwendig ist, ohne Reservierung, kaufen wir für uns Reisende eine Fahrkarte von Amsterdam nach Emmerich für den niederländischen Teil der Strecke. Die Fietskaart für diese Strecke holen wir uns später am Automaten in Amsterdam. Weiterhin erstehen wir ein Ticket für die deutsche Strecke von Emmerich nach Frankfurt und gleich die Fahrradreservierung für einen ICE dazu. Das ist online möglich. Trotz Umstiegen in Arnheim, Düsseldorf, Köln und F-Flughafen sind wir leidlich pünktlich zuhause.
Überrascht hat uns der Automat der Nederlandse Spoorwegen am Bahnhof Amsterdam Sloterdijk, der für zwei Fahrradkarten à 7,50 € (so der Preis laut Website) nicht 15, sondern partout 17 € verlangt. Auch wiederholte Eingaben bringen ihn nicht von dieser Art der Addition ab, also zahlen wir. Auf der Fietskaart, die uns entgegenfällt, wird unten links der Preis von 7,50 € bestätigt. Unten rechts jedoch wird in dünner Schrift ergänzt: „Toeslag € 1,00“. Das hat uns der Automat nicht mitgeteilt. Spätere Recherchen ergeben, dass offenbar alle Preisangaben der Bahn für den Online-Verkauf gelten. Wer sich auf anderen Wegen eine Fahrkarte besorgt, zahlt drauf.
Info
Sustrans bietet eine reiche Auswahl an Fahrradkarten an, darunter eine Kartenserie, die das ganze Land abdeckt und in der alle Routen des National Cycle Network verzeichnet sind. Die Kartografie im Maßstab 1.100.000 reicht leider nicht an die anderer Karten heran, trotzdem sind sie hilfreich – und vor allem die einzigen, die es für uns Radfahrende gibt.
Für die Route Land’s End to John o’Groats gibt es ein schönes Handbuch, mit Entfernungsangaben, Höhenprofilen, Informationen zu Sehenswürdigkeiten oder möglichen Unterkünften. Für einen geringen Aufpreis werden die GPX-Daten für alle Etappen dazu geliefert. Alle Karten und Bücher sind über den Webshop von Sustrans erhältlich.