Es gibt noch viel zu tun
Historisches und Aktuelles beim virtuellen Frauennetzwerk-Treffen
Wer hätte das gedacht? Dass eine Zeitschrift im Jahr 1896 dazu riet, Frauen sollten ihre „Strampelkraft“ doch lieber an der Nähmaschine nutzen als auf zwei Rädern. Oder dass fast 100 Jahre später der französische Profiradfahrer Marc Maliot in einem TV-Interview befand, es sei einfach grauenvoll, Frauen beim Fahrradfahren zuzusehen.
Dies sind nur zwei der spannenden Beispiele, die Britta Förster aus dem KV Kassel in ihrem Vortrag beim virtuellen Treffen des Frauennetzwerks vom ADFC Hessen am 1. Februar vorstellte. Weiter ging es mit Vorreiterinnen wie der Amerikanerin Amelia Bloomer, die durch die Erfindung einer speziellen Hose 1849 Frauen das Radfahren sehr erleichterte. Denn für das weibliche Geschlecht standen normalerweise Röcke auf der Kleiderordnung. Diese sogenannten „Bloomers“ sorgten auch bei Annie Londonderry für mehr Komfort und schnelleres Vorankommen, als sie 1894 erfolgreich die Welt auf dem Rad umrundete. Es wurde in Brittas Präsentation also ziemlich schnell klar, dass das Fahrrad ein wichtiger Motor der weiblichen Emanzipation war und ist. Denn auf ihm kann frau sich schnell und unabhängig bewegen. Was das auch heute noch für einen großen Unterschied machen kann, zeigt das Beispiel des Projekts Bike Bridge aus Freiburg, das Frauen mit Migrationshintergrund Fahrradfahren beibringt. Mittlerweile gibt es auch eine Bike Bridge-Gruppe in Frankfurt.
In der anschließenden Diskussion, die die Organisatorinnen Dagmar Förster und Helga Hofmann moderierten, wurde deutlich, dass es auch heute noch einiges zu tun gibt. So berichteten einige Teilnehmerinnen, die auch gerne mal alleine eine Ausfahrt oder einen Radurlaub machen, dass sie häufiger angesprochen werden, ob sie keine Angst hätten, so ganz alleine unterwegs zu sein. Immer noch gibt es wohl auch „mansplaining“ zu diversen Themen.
Mehr Frauen in den Landesvorstand
Damit die weibliche Perspektive im ADFC Hessen besser vertreten ist, schalteten sich zum Ende der Veranstaltung Ansgar Hegerfeld und Xavier Marc vom Landesverband dazu und warben um aktive weibliche Teilnahme im Vorstand. Da Monika Schmidt – derzeit einzige Frau in diesem Gremium – ihren Rückzug angekündigt hat, war dieser Aufruf besonders dringlich.
Und er fand Gehör, denn im Anschluss meldeten einige Frauen ihre Kandidaturen an. Nun drücken wir die Daumen für die Wahl am 18. März und sind gespannt, ob nicht vielleicht sogar ein paritätisch besetzter Vorstand gewählt wird. Auch, wenn uns heute sicher niemand mehr vom Fahrrad an die Nähmaschine verbannen möchte, ist eine Frauensichtweise nicht nur eine großartige Bereicherung, sondern unerlässlich, um bei Mobilitätsgestaltung und Verkehrswende alle mitzunehmen.
Hannah Kessler