Kölner Teller und Berliner Kissen
Eschborn: Gefährliche und fahrradunfreundliche Hindernisse
Im vergangenen Jahr gab es in Eschborn eine zeitlich begrenzte Umleitungsregelung wegen einer länger andauernden Baumaßnahme in der Hauptstraße, der stark befahrenen Durchgangsstraße. Das löste einmal mehr eine Diskussion nach verkehrsberuhigenden Maßnahmen aus. Der Nahmobilitätsbeauftragte der Stadt Eschborn nahm sich mithilfe eines Planungsbüros diesem Thema an.
Dem war vor etwa vier Jahren eine Umfrage der Stadtverwaltung zu Verkehrsberuhigungsmaßnahmen im Ortsviertel um Leiershohl-, Götzen- und Paulstraße vorausgegangen. Bei einer Bürgerversammlung im Mai 2022 wurden nun die beabsichtigten Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung vorgestellt. Beabsichtigt war die Anbringung von sogenannten Berliner Kissen.
Im vergangenen Sommer wurden in der Hauptstraße im älteren Ortskern Niederhöchstadts Berliner Kissen und in zwei Straßen Eschborns (Leiershohlstraße, Gehspitz) dann Kölner Teller zur Reduzierung der Durchfahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugverkehrs montiert. Letztere wegen Lieferproblemen der Kissen.
Was zur Verkehrsberuhigung gedacht ist, ist schlecht für den Radverkehr gemacht worden. ADFC-Vertreter recherchierten diesbezüglich zu den Kölner Tellern und sehen sich bestätigt: Die Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in Eschborn und Niederhöchstadt entsprechen nicht den Montagevorgaben, sind geradezu gefährlich und halten höchstrichterlichen Entscheidungen nicht stand. In einem Urteil wurde sogar nach einem Unfall mit Todesfolge deren Entfernung angeordnet.
Wie das nun? Festgestellt wurde seitens der ADFCler, dass es weder eine gesetzliche Regelung noch Vorschrift des Gesetzgebers zu den oben genannten Teilen gibt. Dafür liegen aber technische Empfehlungen und Montageanweisungen von Firmen und Ingenieurbüros zu jenen Maßnahmen vor, die einheitliche Angaben zur Installation besagter Bodenhindernisse angeben. Neben einer erforderlichen und entsprechenden Beschilderung wird eine Durchfahrtsbreite für den Radverkehr zwischen Bordsteinkante bzw. Straßenrand bis zu den Tellern und Kissen von mindestens 80 cm bis zu einem Meter festgelegt – ohne die Wasserablaufrinne! Das liegt bei keiner der installierten Teile in Eschborn und Niederhöchstadt vor. Die Situation ist deutlich zu schmal, Radfahrende sind gezwungen, durch den Bereich der Abwasserrinne zu radeln oder zwischen den Tellern durchzujonglieren.
Zudem wurden die Teller in der Leiershohlstraße mit einem zusätzlichen Gefahrenmoment installiert. Hier wurde unmittelbar vor den Kölner Tellern ein Stellplatz für Autos eingerichtet (siehe Foto oben). Radfahrende müssen somit in der Straßenmitte am parkenden Auto vorbei, um die runden Hubbel zu umfahren. Für Lastenräder oder Räder mit Anhängern ein riskantes, gefährliches Unterfangen! In der Gehspitz wird eine Seite der Kölner Teller regelmäßig zugeparkt. Zudem sind hier die „Teller“ bei Dunkelheit schwer zu erkennen. Gerade bei Schnee und Frost eine gefährliche Zumutung! Wie weit ist nun die Stadt oder der Fahrer des Pkw bei einem Unfall wegen des nicht frei gehaltenen und nicht vorhandenen Seitenstreifens haftbar?
Dazu hat der ADFC einen juristischen Straßenverkehrsfachmann zu Rate gezogen, der die Ansichten des ADFC zu den hiesigen Installationen teilt. Der empfiehlt eine komplette Beseitigung der Hindernisse. Da die erforderliche hinweisende und warnende Beschilderung zu den Bodenwellen fehlt, ließe sich sogar eine Haftung der Stadt Eschborn bei einem Unfall begründen.
Beim letzten Treffen der Arbeitsgemeinschaft Radverkehr mit der Stadtverwaltung wurde das Thema erörtert. Seitens des ADFC wurde eine baldige Korrektur der Radhindernisse gefordert, auch wurde eine Beseitigung der Kölner Teller diskutiert. Das Thema stieß zwar auf offene Ohren bei den Verantwortlichen, ein Zeitpunkt der Korrekturmaßnahmen ist momentan aber nicht abzusehen. Der ADFC wird jedenfalls am Ball bleiben.
Thomas Buch/Helge Wagner