Editorial
Hallo Zukunft also. Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre Werbebanner und Pressemitteilungen voraus. Ist erst einmal eine Schneise durch den PR-Sprech der Ankündigungstexte auf der EUROBIKE-Website geschlagen, wird klar, dass mit dem Szenenwechsel von Friedrichshafen nach Frankfurt am Main nicht nur ein neuer Veranstaltungsort gefunden wurde, sondern auch ein neues, sehr viel stärker politisch geprägtes Konzept als die bisherige auf technische Innovationen fokussierte Leistungsshow der Fahrradindustrie.
Denn um das Potenzial des Fahrrads, auch im Sinne des ökonomischen Erfolgs von Herstellern und Händlern, voll ausspielen zu können, bedarf es nicht bloß noch coolerer Bikes, digitalerer Add-Ons und trendigerer Gadgets. Schließlich fehlt es nicht an guten Lastenradmodellen, sondern an ausreichend breiten Wegen und guten Abstellmöglichkeiten dafür. Wenn sich also immer mehr Menschen immer öfter für das Rad entscheiden sollen, wie es ein früherer, sehr geschätzter ADFC-Bundesgeschäftsführer einmal ausdrückte, muss sich vor allem der öffentliche Raum, in dem fließender und ruhender Verkehr stattfindet, ändern – bei der Entwicklung der Infrastruktur und auch regulatorisch. Dies scheint der Fahrradindustrie inzwischen klar geworden zu sein.
Und wenn die Lobbyisten der Automobilindustrie bei der autogerechten Verstümmelung unserer Städte in den letzten Jahrzehnten gewaltig ihre Finger im Spiel hatten, muss sich dann die (nach Umsatz und Arbeitsplätzen) kleinere Fahrradindustrie nicht umso entschiedener politisieren und nach Einflussnahme für fahrrad- und menschengerechtere Städte suchen?
Die Politisierung der EUROBIKE, mit der die Veranstaltung fast schon ein wenig kokettiert, darf man freilich nicht an der Präsenz politischer Prominenz messen, erst recht nicht an der des Bundesverkehrswendeblockierministers. Auch das 17. Expert:innenpanel zu fortschrittlicher Mobilität dürfte mit seiner positiven Wirkung für die Verkehrswende eher überschaubar bleiben. Maßstab der Politisierung ist viel eher der richtige und durchaus auch mutige Schritt, Elemente der EUROBIKE in den konfliktträchtigen Raum einer an Verkehrsflächen knappen deutschen Großstadt zu verlegen, wie es Bertram Giebeler in seinem Beitragauf Seite 30beschreibt. Das Bekenntnis der Stadt Frankfurt als Fahrradstadt kann man (hoffentlich nicht nur) in diesen Tagen beim Wort nehmen. Und das ist gut so, findet
Torsten für das Redaktionsteam