Fahrradfurt will Schule machen
Mehr Abstellsicherheit für Fahrräder vor Frankfurts
Innenstadtschulen
Mangels geeigneter Abstellanlagen: Abstellchaos vor dem Tor des Goethe-Gymnasiums an der Friedrich-Ebert-Anlage
Birgit Schommer
Es ist schön, dass mir beim Fahrradfahren auf Frankfurts Straßen immer öfter der rote Teppich in Form von knallrot markierten Schutzstreifen ausgerollt wird. Doch leider entwickle ich, frühmorgens an meinem Arbeitsplatz angekommen, beim Abstellen meines Vehikels vermutlich ähnlichen Frust wie Autofahrer:innen, wenn sie allabendlich ihre Runden im Carré drehen, auf der Suche nach einem Parkplatz in der Nähe ihres Wohnortes.
Mein Dienstort ist das Goethe-Gymnasium, an der Friedrich-Ebert-Anlage zwischen Hauptbahnhof und Messe gelegen, zwar gut an S- und Straßenbahn angebunden, aber als typische Innenstadtschule mit nur minimalen Fahrradabstellmöglichkeiten ausgestattet.
Viele der insgesamt 1218 Schüler:innen benutzen öffentliche Verkehrsmittel, da das "Goethe" zwar Innenstadt- aber keine Stadtteilschule ist, daher über einen großen Einzugsbereich verfügt, und die Stadt denjenigen, die weiter als drei Kilometer vom Schulort entfernt wohnen, das Schülerticket erstattet.
Dennoch gaben bei einer Umfrage der SV (Schüler:innen-Vertretung) kurz vor Weihnachten knapp 18 % der Befragten an, gelegentlich, öfter oder regelmäßig das Fahrrad zur Schule zu benutzen. Acht weitere Prozent erklärten, dass sie darüber nachdächten, wenn es zusätzliche sichere Abstellplätze gäbe. Damit würde etwa ein Viertel der Schüler:innenschaft des "Goethe" das Fahrrad auf dem Schulweg benutzen (über ein Viertel der Lehrkräfte und Schulbediensteten tut dies bereits, trotz kostenlosem Jobticket), wenn die Abstellsituation besser wäre.
Im Moment balgen sich Fahrradfahrer:innen noch jeden Morgen um genau 25 Fahrradbügel auf dem kleinen Parkplatz für Lehrkräfte, sodass sich am 10 Meter langen Geländer vor dem Haupteingang, das Bürgersteig von Fahrradweg trennt, so viele Räder nebeneinander quetschen, dass sie mit quergestellten Vorderrädern teilweise den Radweg blockieren.
Auf dem sogenannten Erlenhof an der Ecke Friedrich-Ebert-Anlage/Erlenstraße stünden zusätzlich 11 Fahrradabstellstangen zur Verfügung. Sie sind jedoch völlig verwaist, da Diebe nach dem Knacken der Schlösser die Räder ganz bequem über einen viel zu niedrigen Zaun hieven und unbehelligt davonradeln könnten. Vor der Nebenstelle der Schule in der Beethovenstraße, in der mit etwa 500 Schüler:innen die gesamte Oberstufe einschließlich der 10. Klasse untergebracht ist, finden sich genau vier (4) Fahrradbügel.
Kein Wunder, dass am "Goethe" die Polizei vorbeischauen muss, denn hier ist die Spur zu den Fahrraddieben besonders heiß... Absurd auch die bisweilen unfreiwillig komischen Durchsagen durch die Klassenräume: Verzweifelte Radbesitzer:innen auf der Suche nach anderen, die ihr Rad versehentlich mit einem anderen zusammengeschlossen haben.
Diesen unhaltbaren Zustand prangerte ich in einer E-Mail an den ADFC an und bat um Mithilfe zur Abhilfe. Bertram Giebeler nahm sich der Sache an und kam sogar vorbei, um sich unseren akuten Parknotstand anzuschauen. Er riet, zu klären, ob alle Kapazitäten auf dem Schulgelände ausgeschöpft seien. Vorher könne die Stadt öffentlichen Raum nicht umwidmen. Auf die umgehende Bestätigung dessen von Schulleiterin Dr. Utech erhielt ich die Telefonnummer von Jan Annendijck vom Radfahrbüro der Stadt Frankfurt. Und siehe da, plötzlich rannte ich offene Türen ein! Wer sich von uns Treteselbenutzer:innen mal wieder unverstanden, ignoriert und an die Bordsteinkante geschubst fühlt, dem oder der rate ich zu einem Plausch mit Herrn Annendijck! Er hat ein Ohr für uns geplagte Radler:innen und offensichtlich ein Händchen für die tatkräftige Umsetzung unserer berechtigten Anliegen. Noch während des Telefonats lud er sich eine Draufsicht von Haupt- und Nebengebäude des Goethe-Gymnasiums hoch, schraffierte ungeniert vor dem Nebengebäude in der Beethovenstraße drei Autoparkplätze gelb, verlängerte die den Geh- und Fahrweg trennenden Geländer vor dem Schultor auf 30 Meter, schickte mir die Fotos davon, die er gleichzeitig an den Ortsbeirat 2 sandte – mit der Bitte um Bewilligung einer Umwidmung von PKW- in Radparkplätze. Nachdem diese innerhalb von wenigen Tagen erfolgt war, konnte das Straßenbauamt angewiesen werden, dort Fahrradbügel zu installieren.
Hier wurden 12 Fahrradbügel auf ehemals drei Autoparkplätze montiert (und von Goethe-Schüler:innen jubelnd begrüßt)
Birgit Schommer
Nach nur zwei Monaten, an einem sonnigen Januartag, rieb ich mir, kaum vor dem Nebengebäude angekommen, verwundert die Augen. Gerade waren 12 Fahrradbügel auf drei Autoparkplätze montiert worden. Jubelnd wurden sie von der Schüler:innenschaft in Empfang genommen und sofort mit Beschlag belegt.
Wenige Tage später erhöhte das Amt für Bau und Immobilien den Zaun um den Erlenhof, sodass nun auch dieser Fahrradparkplatz sicherer geworden ist.
Jetzt warten wir auf die Verlängerung des Geländers vor dem Haupteingang, die unserem Parkmissstand wohltuend Abhilfe schaffen könnte. Vielleicht haben wir ja noch ein Ass im Ärmel: Eine engagierte Dame beim Amt für Denkmalschutz will prüfen, ob die Fassade des "Goethe", ein "bedeutendes Denkmal der Nachkriegsmoderne", ja doch vielleicht ein paar ästhetische Fahrradbügel zieren könnten, um als noch bedeutenderes Denkmal der Verkehrswende Frankfurt Furore zu machen.
Denn wenn das Fahrradfahren in Frankfurt nicht Schule macht, haben wir unsere Lektion nicht gelernt.
Birgit Schommer