Editorial
Sag mir, wie Du Dich bewegst und ich sage Dir, wo Du lebst! Das wäre doch mal ein munteres Gesellschaftsspiel. Runde 1: "Ich lege praktisch alle Wege mit dem Rad zurück und zum Einkaufen nehme ich das Lastenrad, weil alle Radwege sehr breit sind und auch die Supermärkte Abstellplätze für Lastenräder haben." – Ach, das war leicht: Kopenhagen! Runde 2: "Bei meinen täglichen Wegen kombiniere ich oft U-Bahn und das stadtweite Mietfahrrad-System, besonders in der Innenstadt kommt man mit dem Fahrrad am besten voran." – Hm, das könnte Paris sein! Runde 3: "Ich stelle mir morgens den Wecker früher, damit ich mehr Zeit habe, mit dem Auto im Stau zu stehen und mir dann einen Parkplatz zu suchen." – Das ist auf jeden Fall Deutschland, warte ... Wiesbaden? Bad Homburg? Und schließlich Runde 4: "Ich fahre gerne mit dem E-Scooter auf Busspuren und rotmarkierten Radwegen an der Autoschlange vorbei. Den Scooter stelle ich dann wieder so ab, wie ich ihn ausgeliehen habe: mitten auf dem Gehweg."
Den Antwortversuch lassen wir hier mal besser weg. Aber natürlich sind stehende Autos, blockierte Gehwege, wuselnde E-Scooter und – ja zum Glück – auch breite, rotmarkierte Radwege inzwischen charakteristisch für unser Frankfurt. Das kann und soll aber nur eine Etappe sein für die Mobilitätsentwicklung in unserer dicht besiedelten Stadt.
Die Gestaltung des Verkehrssystems sollte nicht Ergebnis eines "Kuhhandels" sein, sondern möglichst einem sinnvollen Plan folgen, der die unterschiedlichen Interessen vernünftig abbildet, aber auch übergeordneten Werten folgt: Klimaschutz, Luftreinheit, Lärmvermeidung, Aufenthaltsqualität, Sicherheit, Gesundheit, Inklusion behinderter Menschen, Bezahlbarkeit für Menschen ohne oder mit geringem Einkommen, aber natürlich auch Effizienz, was das Vorankommen von A nach B betrifft.
Das ist keine leichte Aufgabe. Bertram Giebeler umreißt in unserer Titelgeschichte, was für einen Prozess die Stadt Frankfurt mit dem Masterplan Mobilität begonnen hat. Frankfurt aktuell wird dieses wichtige Thema in den nächsten Monaten und Jahren interessiert verfolgen, verspricht
Torsten für das Redaktionsteam