Offenbach: Den Straßenraum neu verteilen
Ein Teilstück der Sprendlinger Landstraße wird fahrradfreundlich
links:
Genug Platz für Radfahrende: Die Sprendlinger Landstraße nach der Umverteilung (Blickrichtung stadteinwärts)
rechts:
Vor dem Kreisel: Bevor es gefährlich wird, wird der Radverkehr nach rechts auf eine ausgebaute Umfahrung geführt (hier noch in Bau)
Peter Sauer
Fahrrad fahrende Offenbacher:innen kennen die Situation, für alle anderen sei sie hier noch einmal kurz erläutert: Die Sprendlinger Landstraße ist eine vierspurige Ausfallstraße, die keinerlei Radverkehrsinfrastruktur aufweist. Innerstädtisch wird der Radverkehr auf die parallel verlaufende Schumannstraße verwiesen. Diese allerdings endet stadtauswärts an der Bebauungsgrenze der Stadt Offenbach und geht dort in einen Waldweg über, auf dem die bisherige Radverbindung nach Neu-Isenburg verläuft. Was an trockenen Sommertagen Fahrrad-Pendlern zumutbar erscheint, die Befahrung eines kaum befestigten Weges durch den Wald, wird in der feuchten und dunklen Jahreszeit schnell unzumutbar.
Um die Verkehrssituation für den Radverkehr in diesem Bereich zu verbessern, hatten Offenbach und Neu-Isenburg im Rahmen des Projektes Bike Offenbach (Neu-Isenburg ist hier Verbundpartner) eine Umverteilung des Straßenraums auf der Sprendlinger Landstraße angeregt und dazu einen Antrag bei Hessen Mobil gestellt. Dem wurde stattgegeben, vorerst jedoch als auf zwei Jahre angelegter Verkehrsversuch. Daraufhin wurde die vierspurige Piste zwischen der Offenbacher Stadtgrenze und dem Geisfeldkreisel auf zwei Fahrspuren für den Kraftfahrzeug-Verkehr reduziert. Dadurch entstand Platz für einen baulich getrennten Radweg, der durch eine Stahlbetonwand vom Autoverkehr geschützt ist. Zukünftig entfällt so die Fahrt durch den Wald. Radfahrende gelangen am Ende der Schumannstraße über einen Verbindungsweg zur Sprendlinger Landstraße, wo eine ampelgesteuerte Querung zum Radstreifen auf der westlichen Seite der Straße leitet.
Straßen, Straßen, Straßen – für den Radverkehr blieben bisher Waldwege und gefährliche Querungen. Hier wird nun endlich nachgebessert.
Bike Offenbach
Direkt vor dem Geisfeldkreisel zweigt die Route von der Sprendlinger Landstraße ab und umrundet den stark befahrenen Kreisverkehr auf einem asphaltierten Weg weiter in Richtung Neu-Isenburg. Über den Radweg entlang des Gravenbruchrings (hier sollen die Umbauarbeiten im Frühjahr abgeschlossen sein) besteht zukünftig eine gut befahrbare Verbindung in die Nachbarstadt.
Was auf den ersten Blick spektakulär zu sein scheint, nämlich die Neuaufteilung des Verkehrsraums zugunsten Radfahrender auf einer mehrspurigen Hauptstraße, ist bei genauerer Betrachtung eigentlich nur folgerichtig. Die Sprendlinger Landstraße hat durch die seit den 70er Jahren parallel zu ihr verlaufende A 661 mit der Anschlussstelle Offenbach-Taunusring an Bedeutung als Einfallschneise aus dem südlichen Umland verloren. Das wird von Hessen Mobil sinngemäß bestätigt: "... dass die Leistungsfähigkeit der Sprendlinger Landstraße auch nach einer Verringerung der Fahrspuren für den Autoverkehr weiterhin gegeben ist." heißt es in einer Pressemitteilung. Überraschend erscheint da eher, dass nicht schon viel früher über diese gewaltige Verbesserung für den Radverkehr nachgedacht wurde. Doch nun rückt das Ziel näher, mehr Menschen aufs Rad zu bringen, um die nur gut acht Kilometer zwischen den Stadtzentren von Neu-Isenburg und Offenbach zu überwinden. In Offenbach rechnet man mit rund 2.000 zusätzlichen Fahrradpendlern, die durch die neue Route angelockt werden könnten. Immerhin entsteht hier gerade eine durchgehende Radverbindung "vom Mainradweg am Hafen Offenbach durch die neue Fahrradstraße in der Taunusstraße über den Hauptbahnhof und die Schumannstraße zur Sprendlinger Landstraße. Von dort aus soll die Trasse mittelfristig an den zukünftigen Radschnellweg Frankfurt – Darmstadt angebunden werden", wie es auf der Webseite von Bike Offenbach heißt. Und Neu-Isenburgs Bürgermeister Herbert Hunkel meint an gleicher Stelle: "Zwischen Offenbach und den südwestlich angrenzenden Gemeinden existiert nachweislich ein Bedarf, gerade beim Pendler- und Alltagsradverkehr. Da die nur wenige Kilometer lange Verbindung nach Neu-Isenburg bisher Risiken birgt, nutzen aktuell fast alle Pendelnden das Auto ...". Da hoffen wir doch, dass die neue Route hier baldigst für ein verändertes Verkehrsverhalten sorgt. Die erste Befahrung durch den Autor hat, wenigstens bis zur Abzweigung Gravenbruchring in Neu-Isenburg, einen positiven Eindruck hinterlassen. Wie überhaupt die Arbeiten am Projekt Bike Offenbach, die in der Stadt inzwischen deutliche Spuren hinterlassen haben, auf denen es sich gut vorankommen lässt.
Weitere Infos auf
www.bikeoffenbach.de
Peter Sauer
Siehe dazu auch Kommentar des ADFC Offenbach auf der folgenden Seite