Viel zu viele Autos in der Frankfurter Straße
Theo Sorg
"Ich möchte eine lebenswerte Stadt"
Bad Vilbels Frankfurter Straße und ihre wechselvolle
Geschichte
Als wir Anfang der 1970er Jahre nach Bad Vilbel zogen, waren die Autos noch kleiner und die Frankfurter Straße in der Innenstadt noch in beide Richtungen befahrbar. Schon damals stand der Wunsch nach einer Einbahnstraßenregelung und einer Geschwindigkeitsbegrenzung im Raum. Seine ablehnende Haltung begründete der Magistrat mit der ohnehin geringen Durchschnittsgeschwindigkeit aufgrund des Gegenverkehrs.
Im Rahmen der "Aufhübschung" der "Einkaufsmeile" pflasterte man die Straße zum Teil mit Naturstein. Doch die Pflasterung hielt dauerhaft der Belastung nicht stand. Verwunderlich war, dass man im Zuge des Umbaus die Straße in eine Einbahnstraße umwandelte. Galten auf einmal die Argumente nicht mehr?
Der Wunsch nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung in der Frankfurter Straße bestand permanent. Bekräftigt wurde er von Elternvertretern in dem Arbeitskreis Schulwegsicherheit, den der damalige Bürgermeister Günther Biwer Mitte der 1980er Jahre initiiert hatte – als Reaktion auf einen Unfall am Nordbahnhof, durch den ein Schüler zu Schaden gekommen war. Der Magistrat lehnte das Ansinnen weiterhin ab. Dafür war ihm kein Argument zu schade. Hier nur zwei Beispiele: "Wie sieht das denn aus mit den Schildern?" und "Die müssen ja dann auch vor jeder Einmündung stehen.".
Dann kam die "Neue Mitte". Mit der Fertigstellung der Kommerztempel hielt dann auch die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Frankfurter Straße Einzug. Hinzu kamen die riesigen Schilder des Parkleitsystems. Man darf sich schon fragen, ob man in dieser Stadt die Menschen nur auf ihr Konsumverhalten reduziert – was man auch daran festmachen könnte, dass es in der Straße kaum Sitzplätze gibt, für die man nicht bezahlen muss.
Die immer wieder aufkommende Forderung, die Frankfurter Straße in eine Fußgängerzone umzuwandeln, ist nicht neu, wird aber gebetsmühlenartig mit "Geht nicht" abgeschmettert.
Am 19. März 2019 kam es während des Feierabendverkehrs in einer Gaststätte in der Innenstadt zu einer Verpuffung, glücklicherweise nur mit Sachschaden. Schnell war die Straße mit Autos verstopft. Einsatzfahrzeuge kamen nur schwer zur Unfallstelle. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte der Unfall größere Ausmaße gehabt. Rettungskräfte hätten keine Chance gehabt, in vertretbarer Zeit zur Unfallstelle zu gelangen. Die Ironie daran: Auch die Anwohner, die auf ihrem uneingeschränkten Zufahrtsrecht beharren, hätten Hilfe nur mit großer Verzögerung erhalten. Und Autofahrer, gerade jene in ihren Stadtpanzern, hatten nichts Besseres zu tun, als zu hupen.
Mitte des Jahres 2019 wurde die Innenstadt für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen mit dem Zusatzzeichen 1020-30 (Anlieger frei) gesperrt. Eine super Idee. Selten ist zu beobachten, dass große Lastzüge die Frankfurter Straße als Durchgangsstraße nutzen – und wenn, dann doch sicherlich nur zur Belieferung.
Das Szenario vom 19. März 2019 vor Augen, kann man nur fordern, die Innenstadt für den Durchgangsverkehr zu sperren oder diesen zumindest drastisch zu reduzieren. Es müssen ohne Denkverbote intelligente Lösungen gefunden werden. Es müssen Lösungen sein, die mehr Platz für den Fußverkehr schaffen – und für den Radverkehr auch entgegen der Einbahnfahrtrichtung. Veränderungen gab es und gibt es weiterhin. Unterdessen fragt sich: Was muss noch passieren? Wie lange dauert es noch, bis in unserer Innenstadt bessere Zeiten einkehren? Ich möchte eine lebenswerte Stadt erleben.
Theo Sorg