Kommunalwahl in Frankfurt:
Magistrat ohne CDU–Beteiligung wahrscheinlich
Fahrradförderung und
Verkehrswende
sind
wichtige
Kriterien
Das war ein wenig überraschend – die Ansage von Koalitionsverhandlungen einer "Ampel + V", also GRÜNE, SPD, FDP und VOLT. Rechnerisch reicht das. Politisch ist es Konsequenz einer neuen Dynamik beim Wahlsieger, den GRÜNEN.
Eine nochmalige Koalition mit der CDU ist jetzt, wo es Alternativen gibt, der verjüngten und gerade in Verkehrs- und Klimafragen stark mobilisierten grünen Parteibasis nicht vermittelbar. Das inhaltlich eigentlich naheliegende Linksbündnis mit der LINKEN wollen wiederum größere Teile des grünen "Establishments" nicht, wobei die Differenzen eher nicht auf dem Terrain der Verkehrspolitik liegen dürften. Die Probleme zwischen GRÜNEN und SPD haben mehr mit OB Feldmann zu tun, der jetzt aber nun mal nicht zur Wahl stand. Ansonsten haben die SPD-Dezernent:innen im letzten Magistrat gut gearbeitet und sich auch bei ihren grünen Koalitionspartnern Respekt erworben.
Die FDP verblüffte so manchen mit ihrer Bereitschaft, in eine Koalition ohne CDU einzutreten. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe pokerte die FDP oder zumindest Teile von ihr denn auch sehr hoch mit Forderungen an ihre potenziellen Koalitionspartner, was alles mit der FDP nicht ginge – Mainkai autofrei, Parkplätze opfern für Radwege und so weiter. Wenn hier der Schwanz zu heftig mit dem Hund wedeln will, könnten die Verhandlungen doch noch scheitern. Die GRÜNEN haben sich für die Koalitionsbildung die Stadtverordnetenversammlung am 20. Mai als zeitliches Ziel gesetzt.
Was passiert bis dahin in Sachen Radverkehrsförderung? Nichts? Das muss überhaupt nicht sein! Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) ist bis zur Wahl eines anderen Dezernenten im Amt, die Vereinbarung der bisherigen Koalition mit dem Radentscheid war Konsens und muss nicht neu verhandelt werden, im Gegenteil: die Sprecher des Radentscheides forderten schon energisch die zügige Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen ein. Das Verkehrsdezernat und die ihm unterstehenden Ämter haben noch diverse Maßnahmen in der Pipeline, die politisch beschlossen und teilweise auch schon administrativ verfügt sind – zum Beispiel die Schaffung einer Radverkehrsführung an der vorderen Hanauer Landstraße, die Weiterführung des Radstreifens von der Alten Brücke in die Walter-Kolb-Straße, die Planungsarbeiten für den Umbau der Bockenheimer Landstraße oder die Vorbereitungen für den Bahndamm-Durchstich am westlichen Ende der Frankenallee mit Weiterführung des Radverkehrs in Richtung Nied/Höchst. Für die nächsten Monate gibt es also genug zu tun.
Wer das Verkehrsdezernat zukünftig leiten wird, wissen wir zum Redaktionsschluss nicht, aber den GRÜNEN darf man ruhig unterstellen, dieses Ressort wieder an der Spitze besetzen zu wollen. Grüne hatten es seit seiner Gründung 2006 geleitet, erst der 2011 plötzlich verstorbene Lutz Sikorski, dann bis 2016 Stefan Majer, derzeit Gesundheits- und Personaldezernent. Dafür spricht auch, dass das grüne Programm zur Kommunalwahl in Sachen nachhaltige Mobilität sehr ausführlich ausgearbeitet ist. Wer auch immer das Dezernat leiten wird – das Wahlergebnis spricht eindeutig für eine Mehrheit pro Fahrrad in der Stadtgesellschaft, schon die 40.000 Stimmen für den Radentscheid 2018 deuteten darauf hin. Erst kürzlich wurde Frankfurt für seine Fortschritte im Radverkehr ausgezeichnet, vom Verkehrsminister, beim Fahrradklimatest. Wir erwarten, dass diese Fortschritte in gleichem Tempo wie in den letzten Jahren weitergehen!
Bertram Giebeler