Andreas Gilbert ist der neue Beauftragte für
Nahmobilität
in Eschborn
Lange hat's gedauert. Manchmal schien die Umsetzung der Forderung, in Eschborn wieder ein:e Fahrradbeauftragte:n oder eine:n Mobilitätsberater:in zu beschäftigen, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag nach der verkehrspolitischen Apokalypse verschoben zu sein. Doch Beharrlichkeit und dauerhaftes Bohren führten schließlich zum Erfolg: Kurz nach dem Jahreswechsel präsentierte die Stadt Eschborn Andreas Gilbert als Beauftragten für Nahmobilität. Welche Vorstellungen er mit seinem Job verbindet und welche verkehrspolitischen Perspektiven er für die Stadt sieht, in der er nicht nur arbeitet, sondern auch lebt, hat uns Andreas Gilbert in einem Interview für Frankfurt aktuell mitgeteilt.
Herr Gilbert, wie viele Fahrräder stehen bei Ihnen in der Garage oder Keller? Wer fährt alles Rad in Ihrer Familie?
Ich selbst habe zwei Fahrräder, ein Rennrad und ein Crossrad. Mit dem Rennrad geht es gerne auf Touren durch den Taunus. Mit dem Crossrad pendle ich auf die Arbeit oder fahre mit meiner Verlobten nach Friedberg zu den Schwiegereltern. Meine Eltern haben beide Pedelecs.
Wie zufrieden sind Sie in Ihrem Wohnort mit dem Zustand der Situation fürs Radfahren? Wo klemmt es verkehrspolitisch fürs Rad in Ihrer Stadt?
Insgesamt bin ich zufrieden. Den Ausbau der Kreisverkehre und der Schutzstreifen entlang der Hauptstraße sehe ich sehr positiv. Es gibt aber an einigen Stellen noch Verbesserungsbedarf beim Thema Abstellanlagen und den Anknüpfungspunkten zu den Nachbarkommunen. Beim Ausbau der Infrastruktur für den Fuß- und Radverkehr müssen Kompromisse eingegangen werden, denn der verfügbare Straßenraum ist nun mal begrenzt. Hier wünsche ich mir mehr Mut der Politik zum Ausprobieren von neuen Konzepten. Wichtig dabei ist, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Dabei sollten nicht nur Verbote oder Beschränkungen, sondern weitere Anreize für das Radfahren geschaffen werden.
Wo wollen Sie ansetzen, in Ihrer Stadt die verkehrstechnische Infrastruktur zu verbessern? Wo sind Knackpunkte zur Vernetzung einer integrierten Nahmobilität?
Zunächst geht es darum, bekannte Problemstellen mit einfachen Maßnahmen schnell zu beheben. Dazu gehören bessere oder zusätzliche Abstellanlagen, Fahrrad-Service-Stationen oder Rotmarkierungen an neuralgischen Stellen. Ein Knackpunkt der Verkehrsplanung sind die oftmals vielen verschiedenen Akteure. Dadurch benötigt Planung und Umsetzung oftmals viel Zeit. Einer meiner Aufgaben wird es sein, diese Akteure zusammenzubringen und Projekte zu koordinieren.
Wie stellen Sie sich eine zukünftige Nahmobilität in Eschborn und in der Region vor? Welche Bedeutung hat dabei das Rad?
Das Rad wird in Zukunft weiter Rückenwind haben und wird daher weiter im Fokus stehen. Besonders für die Abwicklung der Pendlerströme in Eschborn müssen wir das Radfahren noch attraktiver machen. Radschnellwege sind hier das Schlagwort. Radfahren muss auch zu den Hauptverkehrszeiten in der Stadt angenehm und sicher sein.
Wo sehen Sie die Möglichkeit, die Einwohner:innen mit Kampagnen auf die Reise zur Verkehrswende mitzunehmen? Welche Ideen haben Sie dazu?
Fahrradaktionstag, Stadtradeln und das Radrennen am 1. Mai sind in Normalzeiten bereits fester Bestandteil in Eschborn und werden auch immer sehr gut angenommen. Diese gilt es, nach Corona, zunächst wieder aufleben zu lassen. Förderanreize oder kostenlose Sicherheitschecks kann ich mir gut als Ergänzung vorstellen.
Mit welchen Aktivitäten kann man Kindern und Jugendlichen das Rad als alternatives Verkehrsmittel nahebringen?
Die AG fahrRad ist eine Kooperation verschiedener Eschborner Einrichtungen. Kinder und Jugendliche erhalten hier die Möglichkeit, Fahrräder zu reparieren und es wird ihnen der Spaß an körperlicher Bewegung und am Radfahren vermittelt. Das ist ein sehr wichtiger Baustein. Ansonsten geht es auch darum, die Eltern mitzunehmen, denn die bestimmen oftmals über die Mobilität ihrer Kinder und leben diese auch vor.
Der örtliche ADFC hat Ihnen zu Beginn Ihrer Tätigkeit seine Unterstützung angeboten. Wie beabsichtigen Sie, die Expertise des ADFC vor Ort bei Ihrer Arbeit einzubinden?
Das Angebot nehme ich gerne an. In der Vergangenheit gab es eine AG Radverkehr, wo der ADFC auch immer mit dabei war. Diese möchte ich wieder regelmäßig stattfinden lassen und das Know-how des ADFC nutzen.
Was halten Sie von der Einrichtung von Fahrradstreifen / Schutzstreifen, insbesondere zur besseren Erschließung der Gewerbegebiete?
Die Erschließung der Gewerbegebiete in Eschborn ist ein wichtiges Thema. Wir werden prüfen, wie wir dort die innerstädtische Infrastruktur für den Radverkehr aufwerten können.
Auf Kreisebene haben sich Verwaltungsspitzen und Parteienvertreter auf ein Radverkehrskonzept für den MTK geeinigt. Bei der Umsetzung sind selbstverständlich auch die Kommunen gefordert. Als ADFC begrüßen wir das Konzept, nur: Es bewegt sich nichts.
Wo würden Sie sich einklinken wollen?
Ich stehe bereits in Kontakt mit der Nahmobilitätsbeauftragten des MTK. Hier wird in Zukunft ein regelmäßiger Austausch stattfinden, um die Umsetzung voranzubringen.
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Ihnen viel Erfolg!
Das Interview führte Helge Wagner