Leser:innen Meinungen
FRANKFURT aktuell 6/2020 "Editorial"
Der Aufruf im Editorial, die Kleinigkeiten zu melden, die das Radfahren erleichtern, hat mich doch überrascht. Mir scheint, dass dieser neue "Positivismus" weniger der Radfahrsituation als vielmehr der Vorbereitung des Kommunalwahlkampfes in Frankfurt geschuldet ist.
Als regelmäßiger Vielradfahrer im Frankfurter Westen kann ich darüber nur den Kopf schütteln. Hier ist die Situation nach wie vor sehr schlecht und sollte ich alle Wurzelaufbrüche, Absenkungen, massiven Schäden am Fahrbahnbelag, viel zu schmale gemischte Rad-Fußwege, gefährliche Fahrbahnüberquerungen, in den Radweg wachsende Büsche usw. melden, wäre es eine kleine Broschüre.
Insbesondere am Rad-Fußweg entlang der Nidda sowie auf der Strecke Höchst über Griesheim nach Ffm gibt es seit Jahren dermaßen viele problematische und gefährliche Stellen, dass ich mich frage, ob Frankfurt überhaupt ein Radfahrbüro hat und ob sich die Mitarbeiter/innen nur um die Innenstadt kümmern.
Ich finde den Jubel über einen abgesenkten Bordstein, einen abmontierten Pfosten, einen neuen Fahrradbügel oder eine weiße Linie auf Bürgersteig oder Straße geradezu albern angesichts des insgesamt sehr Fahrrad- und Fußgängerunfreundlichen Klimas in dieser Stadt. Das alles sollten Selbstverständlichkeiten sein und ich wundere mich über die "lumpige Bescheidenheit" (B. Brecht) des ADFC in Frankfurt.
Frankfurt braucht eine echte Verkehrswende, in der Fußgänger/innen, Radfahrer/innen und der öffentliche Nahverkehr Vorrang haben und das Leitbild einer autogerechten Stadt durch das Leitbild einer menschenfreundlichen Stadt abgelöst wird.
Viele der Kleinigkeiten, die gemeldet werden sollen, sind doch nichts anderes als "greenwashing" in der städtischen Verkehrspolitik.
Dieter Staadt
FRANKFURT aktuell 6/2020 "Bockenheim: Schloßstraße neu markiert"
In Ihrem Artikel werben Sie leider für die denkbar schlechteste Lösung für die Schloßstraße.
Die "Überfahrbarmachung" des Gleiskörpers würde bedeuten, dass sich die Straßenbahn, die dort bald wieder fahren soll (Linie 13 zwischen Industriehof und Hauptbahnhof), die Strecke mit dem Autoverkehr teilen müsste. Das würde aber die Straßenbahn ausbremsen (auch führt es zu großen Problemen bei der Errichtung barrierefreier Haltstellen). Gerade werden in Frankfurt Straßenbahn und Busse mühsam wieder an einigen Stellen entmischt, nachdem die Liniengeschwindigkeit in den letzten Jahren stark rückläufig war. Deshalb sollte man alte Fehler hier nicht wiederholen.
Schade, dass Sie die bessere Lösung von vornherin ausschließen: Nämlich den Radweg dort zu errichten, wo derzeit die Autos parken. Das ist vielleicht politisch schwerer durchsetzbar. Aber der ADFC sollte nicht aus vorauseilendem Gehorsam auf diese Forderung verzichten!
Sollte sich diese Lösung dennoch nicht umsetzen lassen, ist die derzeitige Lösung immer noch die zweitbeste. Dafür, dass sie weiter kostenlos im knappen öffentlichen Raum parken dürfen, sollte es doch ein vertretbares Opfer für die Autofahrer sein, auf dieser kurzen Strecke etwas langsamer zu fahren.
Danke für Ihre stets sehr informative Berichterstattung.
Kristine Schaal