Editorial
Eigentlich fängt das Jahr doch gar nicht so schlecht an für uns radverkehrspolitisch Engagierte. In Berlin hat das Oberverwaltungsgericht die Klage eines AfD-Abgeordneten abgewiesen, der die Aufhebung der neuen Pop-up-Radwege erreichen wollte. Die Vorinstanz sah das noch anders, doch jetzt dürfen die provisorischen Radwege bleiben.
In Hamburg will die Bezirksamtsleiterin des Stadtteils Altona die Hauptverkehrsachsen verengen, um mehr Platz zu schaffen. "Die Voraussetzung ist ein neuer Mobilitätsmix mit deutlich weniger Autoverkehr, Protected Bike Lanes, separaten Busspuren und viel Platz für Fußgänger*innen." wird die Leiterin in der taz Hamburg zitiert. "Das alles wird dem Autoverkehr Raum wegnehmen". Weiter südlich, in der bayerischen Metropole München, will man die über die Wintermonate entfernten Pop-up-Bikelanes im April wieder auferstehen lassen, einige davon sogar als feste Radspuren.
Und nun zu Frankfurt. Bei uns wurde, direkt vor dem Jahreswechsel, auf einem Abschnitt des vielbefahrenen Cityrings eine richtige Fahrradspur eingerichtet, mit roter Farbe, Pollern und reichlich Markierungen – auch hier zulasten einer Autospur. Alles in allem also ein recht spektaktulärer Jahresbeginn. Das ist die eine Seite.
Doch nun zur anderen Seite. Ein Leser weist uns darauf hin (Seite 13), dass er im Westen der Stadt täglich mit Wurzelaufbrüchen, Bordsteinkanten, Verschmutzungen oder untauglichen Ampelschaltungen zu kämpfen habe. Einen Fortschritt in Sachen Radverkehr will er partout nicht sehen. Das erscheint mir, aller Fortschritte im "Großen" zum Trotz, nachvollziehbar, hakt es doch im "Kleinen" an vielen Ecken und Enden, an Umlaufsperren, Schlaglöchern oder unsinnigen Umleitungen. Das ist übrigens im Osten der Stadt nicht anders als im Westen oder gar im Stadtwald (Seite 6). Und trotzdem sehe ich, dass noch nie so viel für den Radverkehr getan wurde wie in den letzten Jahren. Und, eigentlich noch überwältigender, dass noch nie so viele Menschen in Frankfurt Rad gefahren sind wie jetzt – wenigstens so weit ich mich zurückerinnern kann. Und das sind nun auch schon einige Jahrzehnte.
Bleiben wir dran, gehen wir den Ämtern auf die Nerven, melden wir jeden Wurzelaufbruch, jede Verunreinigung, jede Problemstelle. Wenn nicht wir, wer dann?
In diesem Sinne wünsche ich euch einen guten Start in dieses neue Fahrradjahr.
Peter für das Redaktionsteam