Frauen auf einem ADFC-Podium – leider noch viel zu selten.
� ADFC / deckbar
Mehr Frauen im ADFC – auf allen Ebenen
Der ADFC möchte die Interessenvertretung aller Menschen sein, die Rad fahren. Er will mehr junge Menschen, mehr Menschen mit Migrationshintergrund und selbstverständlich mehr Frauen ansprechen.
Doch wie vielfältig ist der ADFC wirklich? Wie attraktiv ist er insbesondere für Frauen? Auf den Landesversammlungen oder der Bundeshauptversammlung präsentiert sich der Verein weiterhin mit seinem überwiegend männlichen Gesicht. Auch die Frauenquote in den Vorständen gibt eine eindeutige Antwort. Wir Frauen sind dort längst nicht in dem Maße vertreten, wie es unserem Mitgliederanteil (fast 50 %) entspricht.
Aber es sind nicht nur die reinen Zahlen. Immer wieder formulieren Frauen, dass sie sich nicht willkommen fühlen oder die vorhandenen Formate nicht zu ihnen passen. Viele von uns sind berufstätig und tragen den überwiegenden Teil der Familien- und Haushaltsverantwortung. Wer sich um Kinder, pflegebedürftige Eltern, die Vorräte im Kühlschrank und das Essen auf dem Tisch, die Wäsche und den Job kümmert, hat nicht mehr viel Zeit und Energie für den Verein. Und ab und an stehen wir Frauen uns - ganz ehrlich - auch schlicht und einfach selbst im Weg. Männer mit ihrer manchmal hemdsärmeligen und handfesten Art probieren vieles einfach einmal aus, während wir Frauen noch darüber nachdenken, ob wir für eine bestimmte Aufgabe schon kompetent genug sind. Wir wollen angesprochen werden und uns eingeladen fühlen. So viel zu den Stereotypen, die hier zugespitzt formuliert, aber mitnichten überholt und hinfällig sind.
Ein weiterer Punkt ist die Kultur des ADFC. ADFC-Mitglied Dagmar aus dem Hochtaunuskreis bringt dies folgendermaßen auf den Punkt: "Wir wollen uns nicht mehr mit einer (ja leider oft unangenehmen) Männerkultur im Verein abfinden, sondern Strukturen für eine gleichberechtigte Kultur etablieren." Woran lässt sich jedoch eine andere Kultur ablesen und wie viel Offenheit ist bei manch altgedientem ADFC-Mitglied tatsächlich vorhanden? Ein Beispiel ist das Gendern (z. B. Radfahrer:innen), das nach wie vor oft provozierend wirkt. So meinte kürzlich ein Vorstandsmitglied einer hessischen Gliederung, dass er solche Texte nur ungern, häufig gar nicht lese. Das ist seine Entscheidung. Ich verteidige das Gendern. Es visualisiert die Idee der Vielfalt und schließt kein Geschlecht aus. Damit ist es auch eine Einladung an diejenigen, die wir bislang zu wenig erreichen. Ein Kulturwandel braucht solche Signale, gefolgt von ganz konkreten Schritten. Paritätisch besetzte Vorstände und paritätische Redner:innenlisten sind Beispiele aus anderen Organisationen. Hier steht der ADFC noch am Anfang einer Entwicklung.
Was passiert bundesweit?
Bundesweit ist der ADFC bereits aktiv. Ein Beispiel ist die Arbeitsgruppe "Mehr Frauen im ADFC". Von ihr angestoßen, arbeiten Frauen aktuell an weiteren Bausteinen für die zukünftige Verbandsentwicklung. Dies umfasst die Formulierung eines Werkzeugkastens zur Durchführung von Veranstaltungen, die Entwicklung eines Verhaltenskodex zur Prävention sexueller Gewalt sowie die Erarbeitung von Vorschlägen, wie das Thema bei der neuen ADFC-Akademie platziert werden kann. Außerdem gibt es in der Geschäftsstelle in Berlin eine Ansprechpartnerin, die sich um Frauenförderung kümmert. Auch im Aktivenbereich der ADFC-Website sind inzwischen zahlreiche Arbeitshilfen, Vorlagen und Good Practice-Beispiele veröffentlicht.
Was passiert auf Länderebene?
In einigen Bundesländern gibt es bereits Frauennetzwerke, und zwar in Bayern, Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz. In den Netzwerken suchen die Frauen den Austausch und knüpfen neue Beziehungen. Außerdem sind sie Anlaufpunkt für Frauen, die gerne fahrradpolitisch aktiv sein möchten, sich jedoch von den bestehenden Strukturen nicht angesprochen fühlen.
Was passiert in Hessen?
Initiiert vom Landesvorstand fand im Februar in Frankfurt ein erstes Frauentreffen statt (vgl. www.magazin-kettenblatt.de/, Ausg. 2020/1). Ein weiteres Treffen wurde durch Corona verhindert. Deshalb organisierten zwei Frauen – Susanne Neumann, Vorständin in Frankfurt, und ich – im August ein virtuelles Treffen für interessierte Frauen aus ganz Hessen. Das Ergebnis: Die Frauen wünschen sich die stärkere Vernetzung. Sie wollen dafür digitale Werkzeuge nutzen und sie wollen auf der Website des ADFC Hessen präsenter sein. Außerdem haben sich Frauen bereit erklärt, sich an der vom Landesvorstand geplanten Steuerungsgruppe zur Verbandsentwicklung zu beteiligen. Aus dem Kreisverband Frankfurt ist Monika Schmidt mit von der Partie. Dies sind erste Schritte in die richtige Richtung. Doch noch ist das neue hessische Frauennetzwerk ein zartes Pflänzchen. In den nächsten Monaten werden wir sehen, was daraus erwächst und welche Wirkung es zeigt. Liebe Frauen, wenn ihr euch aktiv einbringen wollt, Anregungen habt oder einfach auf dem Laufenden gehalten werden möchtet, dann nehmt Kontakt auf. Ihr erreicht uns per E-Mail über frauen [at] adfc-hessen [dot] de .
Helga Hofmann
KV Darmstadt-Dieburg, Mitglied im Vorstand