Büdinger Straße Kreuzung Friedberger Straße – ohne sichere Verkehrsführung für Radelnde
Ute Gräber-Seissinger
Abbiegeunfälle effektiver verhindern!
Auch in Bad Vilbel kann besser vorgebeugt werden
Rechtsabbiegeunfälle enden für Radelnde in aller Regel mit erheblichen Verletzungen – oft mit schweren oder gar tödlichen. Das klassische Szenario: Die Person, die das Kraftfahrzeug lenkt, schickt sich an, nach rechts in eine Seitenstraße einzubiegen. Die Person auf dem Rad rechts neben dem Kfz, die ihre Fahrt geradeaus fortsetzen will, wird übersehen, vom Kfz touchiert und zu Fall gebracht. Auf diese oder ähnliche Weise wurden im Jahr 2018 nach Angaben der Unfallforschung der Versicherer deutschlandweit 38 Radelnde so schwer verletzt, dass sie an den Folgen des Unfalls starben.
Die Stadt Bad Vilbel ließ gegen Ende Juli verlauten, dass sie über sechs neue Busse der Vilbus-Linie verfüge. Alle seien mit Totwinkel-Assistenten ausgestattet. Angesichts des hohen Unfallrisikos bei Rechtsabbiegemanövern bedeutet dies nicht mehr und nicht weniger als eine Selbstverständlichkeit; dennoch soll es nicht unerwähnt bleiben.
Ebenfalls im Juli wurde über WeAct, die Petitionsplattform der Bürgerbewegung Campact, dazu aufgerufen, eine private Petition zu unterzeichnen. Deren Gegenstand: ein Appell an die Verwaltungen und die Fraktionen der Parlamente deutscher Städte und Gemeinden, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um Abbiegeunfällen vorzubeugen. Rechtsabbiegeunfälle sind ein seit vielen Jahren wiederkehrendes Thema der verkehrspolitischen Diskussion, ebenso wie Maßnahmen zu ihrer Vermeidung.
Der Katalog der Forderungen der oben genannten Petition umfasst unter anderem die beiden folgenden Punkte: Lastkraftwagen und Busse in den Fuhrparks der Städte und der Auftragnehmer ebenjener sollen zügig mit Abbiegeassistenten nachgerüstet werden, und gefährliche Abbiegesituationen sollen durch Entkoppelung von Ampelschaltungen und gegebenenfalls bauliche Veränderungen entschärft werden.
Keine Themen für Bad Vilbel?
Alles bereits bestens geregelt?
Am 12. Juli 2018 ereignete sich ein Unfall, der aktuell hieran Zweifel aufkommen lässt. Ort des Unglücks: Friedberger Straße, dort, wo die Straße Im Rosengarten einmündet. An dieser Stelle wird der Radverkehr in Richtung Dortelweil bis zur Ampel auf dem Bordsteingehweg geführt ("Radfahrer frei"), nach der Querung der Einmündung auf einem parallel zur Friedberger Straße verlaufenden Zweirichtungs-Fuß- und Radweg. Radelnde dürfen allerdings bis zur Einmündung auch die Fahrbahn benutzen. Wenn sie davon Gebrauch machen, kommen sie dem Fußverkehr nicht in die Quere, doch dafür steigt ihr Risiko, übersehen zu werden, während sie vor der Ampel auf Grün warten.
Zeitgleich Grün für Kfz und Radelnde – die rote Markierung immerhin erhöht die Sicherheit für letztere
Ute Gräber-Seissinger
Einige Zeit nach dem Unfall wurde der Übergang vom Bordsteingehweg auf den Radweg, der zugleich auch die Querung der Abzweigung bildet, durch Rotfärbung des Asphalts optisch hervorgehoben. Dadurch ist er vom Fahrerhaus eines nach rechts abbiegenden Lkws aus deutlicher sichtbar. Gut so, denn der Lkw-Lieferverkehr dort ist besonders dicht, da die Straße Im Rosengarten unter anderem von der Firma Hassia Mineralquellen genutzt wird.
Die Hassia hat sämtliche Lkw mit elektronischen Abbiegeassistenten ausgestattet, und seit 2018/19 haben auch die Speditionen, mit denen sie zusammenarbeitet, entsprechend nachgerüstet. Auch die neuen schweren Fahrzeuge der Stadt – wie die eingangs genannten Fahrzeuge der Vilbus-Linie – sind mit elektronischen Abbiegeassistenten ausgestattet. Doch wie sieht es mit den älteren Fahrzeuggenerationen aus, die von der Stadt und ihren Auftragsunternehmen genutzt werden?
Nun sind elektronische Abbiegeassistenten nur eine von mehreren Möglichkeiten, wenngleich auch eine recht effektive, um das Risiko von Unfällen bei Rechtsabbiegemanövern zu senken. Daneben können Signalanlagen so gesteuert werden, dass die Ampel für Radelnde Grün zeigt, während sie für die Kfz Warten signalisiert. Derzeit erfolgt allerdings an der Stelle, an der sich vor gut zwei Jahren der Unfall ereignete, die Umschaltung von Rot auf Grün (und umgekehrt von Grün auf Rot) für beide Gruppen von Verkehrsteilnehmern zeitgleich. Eine wesentliche Gefahrenquelle besteht also noch immer. Indes ist eine Anpassung der Ampelschaltung eine rasch umsetzbare Maßnahme, die zudem sicherlich nicht viel kostet. Gibt es Nachteile? Gar solche, die schwerer wiegen als das Risiko weiterer schwerer Unfälle?
Viel heikler noch als an der Unfallstelle ist die Situation unweit davon, an der Kreuzung Friedberger Straße / Büdinger Straße, stadteinwärts gesehen. Dort regelt eine Ampel den Verkehr auf der Fahrbahn. Für Radelnde gibt es weder eine gesonderte Ampel noch eine vorgezogene Haltelinie, die bewirkt, dass Radelnde gut sichtbar sind. Deshalb können Radelnde nur dann sichergehen, heil über die Kreuzung zu gelangen, wenn sie absteigen, auf den Bordsteinfußweg wechseln und den ampelgesteuerten Fußgängerüberweg benutzen.
Ja, es gibt Alternativen zur Friedberger Straße, zur direktesten Strecke zwischen Dortelweil und Kernstadt. Ja, der Autoverkehr ist dominant und schafft Fakten – die lassen sich nicht so ohne weiteres aus der Welt schaffen. Und ja: Der Weg zu einer fahrradfreundlichen Stadt erweist sich auch an dieser Stelle als noch sehr weit.
Ute Gräber-Seißinger