links:
Diese "Radführung" verlangt auch Könnern einiges ab.
rechts:
Wohl eher unfreiwillig wird die Safariroute hier ihrem Namen gerecht.
Gabriele Wittendorfer
Viel zu eng – nicht nur wegen Corona
Die Unterquerung des Sulzbachs ist schon lange als gefährlich bekannt
Die A66 stellt seit 1965 einen Riegel für Alltags-Radverbindungen im Main-Taunus-Kreis dar. Überquerungen und Unterquerungen gibt es von Wallau bis Eschborn, oft schlecht gestaltet. Aber eine der am meisten frequentierten ist seit Jahren als gefährlich bekannt. Es geht um die "Krokodil-Röhre", auch "Ratten-Tunnel" genannt, der von Sulzbach nach Sossenheim führt. Diese Unterquerung ist Teil der vom Regionalpark ausgeschilderten Safariroute vom Opel-Zoo in Kronberg zum Frankfurter Zoo.
Auf 100 Metern Länge (mit Zugängen) werden Fußgänger*innen und Radfahrer*innen entlang des kanalisierten Sulzbachs auf einem nur 1,30 Meter breiten Kanalweg durch eine dunkle Röhre "geführt" – und alle schauen weg. Eine spontane Zählung des ADFC Main-Taunus am 27. Mai 2020 von 16.45 Uhr bis 17.45 Uhr hat ergeben, dass sich in dieser Stunde
- insgesamt 143 Verkehrsteilnehmende,
- davon 70 in Richtung Sossenheim und 73 in Richtung Sulzbach,
- davon 116 Radfahrer*innen, durch diese Engstelle gequetscht haben. Das macht über zwei Verkehrsteilnehmer*innen pro Minute. Es gab einen Sturz und diverse Begegnungskonflikte – und das in nur einer Stunde! Dass auch aufgrund der Corona-Pandemie grundsätzlich größere Abstände einzuhalten wären, sei hier nur am Rande erwähnt.
Radfahrende werden wissentlich in eine Gefahrensituation gebracht!
Gemäß ERA (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) müsste dieser gemeinsame Geh- und Radweg in zwei Richtungen eine Breite von mindestens 3,50 Meter aufweisen. Im 2017 erstellten Radverkehrskonzept des Main-Taunus-Kreises ist diese Stelle als "KU4" im Maßnahmenkatalog aufgeführt. Das heißt, dass den Verantwortlichen die Situation bekannt ist. Es gab an dieser Stelle schon mehrfach Vor-Ort-Termine unter Beteiligung der zuständigen Bauträger Sulzbach, Frankfurt und Hessen Mobil.
Bauträger sind vor Ort – und dann?
Zahlreiche Ideen sind vorhanden, um den dort hoch frequentierten, nicht-automobilen Verkehrsfluss zu ermöglichen: eine Überbauung des Sulzbachs, eine Mitführung entlang der Querungs-Trasse der Hessischen Landesbahn 300 Meter südwestlich oder ein Andocken von Radwegen an dem für die Regionaltangente West geplanten Brückenbau.
Ideen sind vorhanden, aber niemand packt es an
ede Lösung hat Vor- und Nachteile, die erörtert und mit den Strecken, die Radfahrer*innen heute de facto nutzen, abgeglichen werden müssen. Und natürlich sollte man im Blick haben, dass die Unterführung im Zuge des geplanten Autobahnausbaus an dieser Stelle nochmals verlängert werden wird. Die fehlenden inhaltlichen Entscheidungen, zeitlichen Abhängigkeiten und diversen Zuständigkeiten bringen eine Komplexität in diese Radverkehrsmaßnahme, auf die niemand Lust hat. Aber darum kann es nicht gehen, wenn sich Kreis und Land das Thema Radverkehrsförderung auf die Fahnen geschrieben haben.
Wir vom ADFC Main-Taunus bleiben dran.
Gabriele Wittendorfer