links oben:
Baubeginn im Oktober 2019
rechts:
23. Januar 2020: Einrückung der stählernen Behelfsbrücke
links unten:
Die noch unfertige letzte Rampe für den Fuß- und Radverkehr Ende März 2020
Christian Martens
Brückenumbau mit Überraschungseffekten
Schon bei der Vorstellung der Ausbaupläne der S-Bahnlinie S6 durch die Bahn wurde mitgeteilt, dass der zu erwartende Baustellenverkehr auch über die Harheimer Niddabrücke geleitet werden muss, diese aber für Lkw nicht ausgelegt ist. Von Abriss und Neubau war die Rede, aber auch von Ertüchtigung.
Man wurde hellhörig, da ja die Brücke ganz ordentlich frequentiert ist. Zum einen quert der bei Berufspendlern und Freizeitradelnden gleichermaßen beliebte Niddaradweg an dieser Stelle den Fluss, zum anderen verläuft auch die direkte Radverbindung aus dem Nordosten Frankfurts Richtung Innenstadt über diese Brücke. Darüber hinaus sind hierüber die Stadtteile Harheim und Nieder-Erlenbach per Buslinie an das S-Bahnnetz angeschlossen.
Lange Zeit geschah nichts. Im Oktober 2019 begannen die Bauarbeiten dann doch. Was ich bei einer Baustelle in diesem Umfang noch nie erlebt habe: Sie ließen den Beobachter immer wieder rätseln, wie denn das Endergebnis aussehen wird. Und man war sich häufig nicht sicher, ob denn die Wegeführung am nächsten Tag noch identisch sein würde. Es begann damit, dass jeweils an beiden Nidda-Ufern, aber diagonal zum Verlauf der Fahrbahn, große Stahl-Doppel-T-Träger in die Erde gerammt wurden, als ob das die Fundamente für eine große Brücke werden sollten, die sowohl die Nidda als auch die vorhandene Brücke überqueren solle.
Im weiteren Verlauf wurden diese Stahlträger aber zur Umrandung neuer Brückenzugänge: mit Beton verfüllt und im oberen Bereich mit Holzbohlen als Geländer. So entstanden Zickzack-Zugänge zur Brücke, deren Kopfenden dann gesperrt wurden. Die Brücke war nun eine reine Fußgängerbrücke geworden. Die Harheimer Buslinie wurde zum Frankfurter Berg verlegt. Im weiteren Verlauf ließen sich Bautätigkeiten entlang des Weges Richtung Berkersheim beobachten. Hier, so wurde erst im Laufe der Zeit klar, wurden Behelfsfundamente zum Zusammenbau einer stählernen Behelfsbrücke erstellt. Zeitgleich wurden an den beiden Brückenköpfen neue Fundamente errichtet.
Die Behelfsbrücke kurz nach ihrer Fertigstellung
Christian Martens
Nach Abschluss aller vorbereitenden Maßnahmen wurde Ende Januar 2020 recht kurzfristig auf eine zweiwöchige Vollsperrung hingewiesen. Auch wenn zwischenzeitlich leichte Zweifel aufkamen: Die zwei Wochen wurden gehalten. Wiederum eine Überraschung: Die Geländer der bestehenden Brücke wurden kurzerhand abgeflext. Die Behelfsbrücke, bestehend aus der eigentlichen Fahrbahn und einem separaten Fußgängerweg, konnte so knapp über die alte Brücke an Ort und Stelle gerückt werden.
Zumindest der Fußgängerübergang war über Rampen aus grobem Schotter und Stahlblechen kurzfristig wieder passierbar. Vier Wochen später konnte dann auch der Linienbusverkehr wieder rollen. Für den Niddaradweg Richtung Frankfurt entstand kurz darauf eine schicke asphaltierte Rampe. Nur der Rad- und Fußverkehr von/nach Bad Vilbel wurde auf Stahlbohlen zwischen den Bäumen herumgeführt. Die Rampe als direkter Zugang zur Brücke ließ aus für den Laien nicht ersichtlichen Gründen mehrere Wochen auf sich warten. Ende März kam sie dann endlich, leider nur mit grobem Schotter. Die endgültige Fertigstellung wurde nach über einem Monat Pause Ende April in Angriff genommen. Der Laie fragt sich wieder: Warum?
Immerhin: Wenn die Baustelle mal ganz abgeschlossen ist, dann ist ein echtes Premium-Provisorium entstanden, das Radfahrende sich so wohl nicht in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hätten. Es wird uns auch eine Weile erhalten bleiben, bevor irgendwann der Rückbau in umgekehrter Reihenfolge beginnt. Derzeit hat die Bahn den Baustellenverkehr noch nicht aufgenommen. Man darf gespannt sein, wie konfliktbehaftet sich das Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmer dann gestalten wird.
Nochmals zurück zu der Zeitspanne der Vollsperrung: Radelnde entlang der Nidda wurden schon an der Homburger Landstraße und in Bad Vilbel darauf hingewiesen und auf gut ausgeschilderten Umleitungsstrecken um die Baustelle herumgeleitet. Das war vorbildlich. Dass den Harheimern, die zur S-Bahnstation Berkersheim müssen, eine Pontonbrücke versprochen worden war, die nie kam – das ist inakzeptabel.
Christian Martens