Viel gesehen, eine Menge gelernt, körperlich bewegt und eine schöne gemeinsame Zeit erlebt. Was will man mehr.
Dagmar Berges
Stadtwald-Radeln mit Kind und Kegel
Es ist schon erstaunlich und natürlich sehr erfreulich, wie viele Menschen in den Zeiten von Corona mit dem Fahrrad unterwegs sind. Sogar der Frankfurter Stadtwald ist voller Radler, sportlich Ambitionierte, Freizeitradler*innen, und jetzt, da die Kinderspielplätze geschlossen sind, kommen zahlreiche Familien, die mit Kind und Kegel einen entspannten Ausflug mit ein bisschen Abenteuer erleben möchten. Alles mit Abstand natürlich.
Allerdings ist zuerst die Steigung des Sachsenhäuser Berges zu bewältigen. Zusammen mit Eltern und den beiden Kindern Isabella und Luis aus meinem Wohnhaus radeln wir die direkteste Strecke auf dem Radweg an der Darmstädter Landstraße entlang. Der Linienbus fährt hier parallel und wir könnten bei Bedarf einsteigen, falls jemand schwächeln sollte. Aber alles klappt wunderbar und wir erreichen sogar recht zügig das Spiridon-Gelände, unseren Startpunkt.
Der Stadtwald ist ideal für Familien. Vollkommen autofrei kann man ihn durchqueren. Er ist mit seinen fast 4000 ha einer der größten Deutschlands, auf hunderten von Wegen kann gewandert und geradelt werden. Der Stadtwald ist für die Kinder ein großer Abenteuerspielplatz, auch wenn die offiziellen Spielanlagen geschlossen sind. Es gibt viel zu entdecken und zu erforschen, man kann im Frühling Bärlauch ernten, im Herbst Pilze, man kann Hirsche und Rehe beobachten oder komische Baumkunst entdecken. Und das Beste: zurzeit ist Ruhe im Wald, kein Fluglärm stört.
Der Eichenblattweg schlängelt und windet sich durch wilde Ecken, an Quellen und Bächen und am Kesselbruchweiher vorbei. Für die Kinder ein tolles Erlebnis, für die Erwachsenen stressfreies Radfahren. Auf dem Weg müssen immer mal wieder gefällte oder umgestürzte Bäume überwunden werden, Sandböden an manchen Stellen machen das Radeln ein wenig aufregend und spannend. Am Wegesrand weisen Schilder auf Besonderheiten hin. Ein paar Rotbuchen sind über 240 Jahre alt, sie haben also schon vor der französischen Revolution dort ihr Plätzchen gefunden. Hinweise auf Bodenbeschaffenheit und geologische Formationen werden an einer ausgehobenen Bodengrube dargestellt. Der Waldzustandsbericht aus dem Jahre 2005 zeigt auf, dass es den Bäumen schon seit langem nicht mehr gut geht. Der Hitzestress ist dabei einer der Hauptverursacher für die irreparablen Schäden. Der Wald ist in keinem guten Gesundheitszustand, aber so essentiell für das Klima allgemein und die Luftbeschaffenheit in Frankfurt im Besonderen. Auch hierbei wird einem nochmals bewusst, dass das Fahrrad im Grunde das einzig klimaneutrale Fortbewegungsmittel ist.
Der Monsterspecht nach F.K. Waechter krallt sich in den Baum. Wir rasten am sogenannten Mörderbrunnen.
Dagmar Berges
Wir rasten am sogenannten Mörderbrunnen, einer der wenigen Quellen im Stadtwald. Die Sage erzählt von einer wunderschönen Wasserfee, deren Geliebter ermordet wurde. Deshalb ist heute noch manchmal ihr klägliches Jammern und Weinen zu hören. Isabella und Luis finden das eher lustig, halten sich nicht lange mit diesem Märchen auf, entdecken lieber die weitläufige Quelle, natürlich am Ende mit nassen Schuhen.
Weiter schnörkeln wir uns durch den Forst und umrunden den Kesselbruchweiher. Ein hübscher Ort zum Verweilen. Enten und Wasserhühner schwimmen herum, in der Mitte des Sees sonnen sich vor langer Zeit ausgesetzte Schildkröten auf einem Stamm, sehr exotisch anzusehen.
Weiter geht's auf der Kesselbruchschneise. Am Wegesrand wurden Apfelbäume alter Sorten gepflanzt, in der Hoffnung, dass sie dem Klimawandel besser standhalten als Buchen, Eichen, Kaisertannen und Kiefern. Am Hainer Weg entdecken wir Kunst am Baum, der Monsterspecht nach F.K. Waechter krallt sich riesig auf vier Metern Höhe in die Baumrinde. Das Original musste aufgrund von Pilzbefall ersetzt werden. Ein weiteres Waechter-Objekt ist der sogenannte Pinkelbaum, den sicher nicht nur Kinder lustig finden.
Bald am Waldesrand angekommen, überqueren wir die Babenhäuser Landstraße und sind wieder mitten in der Stadt. Wir rollen am Henninger-Turm vorbei und bald sind wir zuhause. Insgesamt waren wir mit netten Pausen drei Stunden vergnügt und vollkommen entspannt unterwegs.
Dagmar Berges
Zur Orientierung im Stadtwald ist die kostenlose GrünGürtel-Freizeitkarte bestens geeignet. Infos unter www.grüngürtel.de