Trotz Poller und Fahrradpiktogramm werden Radwege gerne als Lager oder Parkplatz missbraucht.
Ansgar Hegerfeld
Sisyphos verteilt Knöllchen
Mit der Verkehrspolizei auf Frankfurts Straßen unterwegs
Die Stadt Frankfurt rief nach den Osterferien für zwei Wochen die "Verkehrssicherheitswochen" mit den Schwerpunkten "Schulwegsicherheit" und "störungsfreie Nutzung von Radverkehrsanlagen" aus. Wir haben einen Vormittag lang eine Fahrradstreife der städtischen Verkehrspolizei begleitet.
Die Route führte vom Straßenverkehrsamt in der Kurt-Schumacher-Straße aus unter anderem über die Zeil, Mainzer Landstrasse und Börsenstraße. Während der Reuterweg erstaunlicherweise in beiden Richtungen frei von Falschparkern war, waren die eigentlich für den Lieferverkehr gedachten Kurzzeit-Parkplätze auf der Mainzer Landstraße/Friedrich-Ebert-Anlage mit zum größten Teil privaten Fahrzeugen zugeparkt.
Selbst hier hätte man ohne Probleme abschleppen können, wurde uns mitgeteilt, allerdings wäre bei den 10 – 15 Fahrzeugen die Frühschicht dann auch schon fast vorbei. Ein Grund dafür: Die Anfahrtszeiten der Abschleppunternehmen haben sich durch den Wegfall der städtischen Verträge, in denen maximale Anfahrtszeiten festgelegt waren, spürbar verlängert.
Das Abschleppen des Falschparkers ist hier geboten, auch wenn der Radweg nicht benutzugspflichtig ist.
Ansgar Hegerfeld
Die Polizisten müssen vor Ort warten, schließlich könnte auch der Fahrzeughalter inzwischen zum Fahrzeug zurückkehren. Dies sorgt in der Praxis für weniger Kontrollen, da das Personal bei Abschleppvorgängen länger gebunden ist. Gleichzeitig muss nun häufiger abgewogen werden, ob man sehr wenige Fahrzeuge abschleppen lässt oder man in der Wartezeit lieber an mehr Fahrzeugen Knöllchen verteilt.
Da der Fokus diesmal auf Rad- und Gehwegen lag, hatten die Falschparker auf den Kurzzeit-Parkplätzen Glück. Der erfahrene Polizist, er bevorzugt übrigens aus praktischen und zeitlichen Gründen das Fahrrad als Dienstfahrzeug, weiß außerdem, dass es im weiteren Verlauf der Mainzer Landstraße in Richtung Westen noch genügend Arbeit geben wird. Hier sollte er recht behalten. Zwar war der neu abgepollerte Radfahrstreifen auf der Düsseldorfer Straße nicht zugeparkt (wir berichteten im April über die Einrichtung der Klemmfixe), nur wenige Meter weiter blockierte bereits das erste Firmenfahrzeug den Schutzstreifen. Hier wurde der Fahrer mündlich verwarnt und zur sofortigen Weiterfahrt aufgefordert. Ähnliche Situationen gab es im weiteren Verlauf noch einige, oftmals kamen die Fahrer beim Anblick der Polizei angerannt. Alle Ertappten hatten dieselbe Ausrede parat: "Ich wollte doch nur kurz …".
Ein weiteres Problem ist, nicht nur auf der Mainzer Landstraße, der Lieferverkehr. In vielen Bereichen mit zahlreichen Geschäften hat die Stadt keine Ladezonen ausgewiesen – selbst bei ganz aktuellen Projekten wie dem Umbau der nördlichen Eschersheimer Landstrasse gibt es nur eine einzige Ladezone für beide Straßenseiten und die gesamte Länge. Dass Geschäfte aller Art aber regelmäßig beliefert werden müssen, ist dabei keine neue Erkenntnis, sondern absoluter Standard und notwendig.
Die Stadt muss mehr Ladezonen einrichten und auch dafür sorgen, dass sie für den Lieferverkehr freigehalten werden.
Anstatt Lieferzonen einzurichten und diese auch freizuhalten, lässt man die Lieferanten im Stich und nimmt in Kauf, dass sie rechtswidrig halten, dabei andere behindern und zu gefährlichen Ausweichmanövern zwingen. Die Polizei steht anschließend zwischen den Fronten. Konsequenterweise müsste man die Lieferanten zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit kostenpflichtig verwarnen und zur Weiterfahrt auffordern, damit mittelfristig die Geschäftstreibenden und Lieferanten mehr Druck für die Einrichtung von Lieferzonen machen. Momentan fehlt dafür noch der Mut, so durften auch die 40-Tonner auf der Mainzer Landstraße ihre Ladung straffrei auf dem Schutzstreifen entladen. Radfahrer mussten dadurch in Richtung der Straßenbahnschienen ausweichen.
Obwohl wir den Schutzstreifen auf der Fahrbahn befuhren, entdeckten wir auf dem Rückweg ein quer geparktes Fahrzeug auf dem Seitenstreifen und dem nicht benutzungspflichtigen Radweg. Vom Auto aus hätte man die Situation wohl kaum erkannt, auch das ist ein Vorteil von Streifenfahrten per Fahrrad. Hier wurde eine Ordnungswidrigkeit fällig, auch durfte die Fahrerin die Leerfahrt des Abschleppwagens bezahlen.
Zum Ende der Tour entdeckten wir einen "Falschparker" der etwas anderen Art in der Bethmannstraße: Man hatte den vollen Container mit Bauschutt für die Abholung auf dem extra abgepollerten Radweg geparkt, ein Ansprechpartner vor Ort war nicht greifbar. Telefonisch teilte die auf dem Container angegebene Firma mit, dass der Container in weniger als 10 Minuten abgeholt werden würde. Diese 10 Minuten wurden der Firma gewährt, andernfalls hätte die Polizei den Container abschleppen lassen. Letzteres hätte allerdings wie üblich deutlich länger gedauert. In diesem Fall stimmte sogar die Aussage der Firma und der Container wurde abgeholt.
Zusammenfassend die Bilanz der Verkehrssicherheitswochen: 436 Ordnungswidrigkeiten, 54 Abschleppmaßnahmen an Radverkehrsanlagen und über 3000 Geschwindigkeitsverstöße an Schulen. Auf Nachfrage teilte man mit, dass sich die gerade einmal 54 Abschleppmaßnahmen auf die gesamten zwei Wochen verteilten und nicht, wie man eigentlich bei der Menge an Falschparkern erwarten würde, der Durchschnittswert für einen Tag sind.
Ansgar Hegerfeld