Den Bau der Radverbindung Frankfurt-Darmstadt koordiniert die Regionalpark RheinMain Südwest GmbH. Für andere Verbindungen muss es andere Lösungen geben.
Torsten Willner
Es wird besser, vielleicht sogar gut.
Die Zuständigkeitslücke bei überörtlichen Radverbindungen wird angegangen
Der Bau ortsverbindender Radwege ist in der Praxis eine mehr als zähe Angelegenheit. Für Abhilfe soll nun eine neue Koordinierungsstelle beim Regionalverband FrankfurtRheinMain sorgen.
Bisher verfügen weder das Land Hessen noch die Kommunen über eine Organisationsstruktur, die es ermöglicht, Radwege über Gemeindegrenzen zügig und einfach zu realisieren. Faktisch klafft hier eine Zuständigkeitslücke. Sie soll durch eine neue Koordinationsstelle beim Regionalverband FrankfurtRheinMain endlich geschlossen werden. Dort fiel Mitte Juni die Entscheidung, eine Stelle einzurichten, die beim Radwegebau für die Abstimmung zwischen den beteiligten Kommunen, dem Land Hessen und gegebenenfalls dem Bund zuständig ist. Hiervon erfasst werden Radschnellwege, Raddirektverbindungen und weitere Radwege mit überörtlicher Bedeutung, darunter auch Zubringer zu Radschnellwegen. Der ADFC Hessen hat solch ein Modell schon vor einiger Zeit ins Gespräch gebracht und begrüßt die nun getroffene Entscheidung ausdrücklich.
Zu Radschnellwegen und Raddirektverbindungen gehören auch Servicestationen an der Strecke
Torsten Willner
"Nahezu 500 Kilometer ortsverbindende Radwege fehlen in der Rhein-Main-Region. Dass sie bisher noch nicht gebaut wurden, liegt nicht in erster Linie an fehlenden finanziellen Mitteln, sondern an der ungünstigen Aufteilung der Kompetenzen zwischen Land und Kommunen", beschreibt Landesgeschäftsführer Norbert Sanden, die Problematik.
Bekanntlich ist das Land Hessen grundsätzlich nur für den Bau von Radwegen zuständig, die an Landesstraßen entlang führen. Alle anderen Radwege, auch solche, die über Gemeindegrenzen hinweg führen, sind Angelegenheit der Kommunen. Daher müssen sich Städte und Gemeinden beim Bau von Radwegen über Ortsgrenzen hinweg miteinander abstimmen. Dabei gilt es, Ausschreibungen für Planung und Bau, das Beantragen von Fördermitteln oder auch den Ankauf von Flächen, bis hin zu Grundstücksenteignungen, für das Projekt zu koordinieren. Den Verwaltungen fehlt es in Anbetracht der komplexen Aufgaben an der erforderlichen Expertise und den Kapazitäten. So geraten viele dieser interkommunalen Vorhaben ins Stocken, bevor sie überhaupt begonnen haben.
Zuletzt musste der ADFC vor allem im Main-Taunus-Kreis die Erfahrung machen, wie dringend reformbedürftig die Verwaltungsstruktur beim überörtlichen Radwegebau ist (siehe Bericht auf Seite 22): "Die Kommunen können es nicht, das Land will es nicht – so lautet das Dilemma des interkommunalen Radwegebaus. Es ist gut, dass diese Misere jetzt beendet wird", kommentiert Gabriele Wittendorfer, ADFC-Vorsitzende im Main-Taunus-Kreis, die Entscheidung.
Die kniffligen Aufgaben soll künftig die Koordinierungsstelle des Regionalverbands übernehmen: Sie kümmert sich um Vergabe und Auswertung von Machbarkeitsstudien, initiiert einen Planungskreis mit den beteiligten Kommunen und bindet dabei die Kommunalparlamente ein. Die Stelle ermittelt die aus Landes-, Bundes- oder gar EU-Budgets in Betracht kommenden Fördermittel – eine komplexe Leistung, mit der eine einzelne Kommune oft überfordert ist. Außerdem beauftragt sie ein Planungsbüro und kümmert sich um die Ausschreibungen für den Bau der Radwege.
Die Koordinierungsstelle soll auch über einen aktuellen Überblick verfügen, welche Radweg-Lücken in der Region besonders dringlich sind und den Impuls geben, sie zu schließen. Vor allem aufgrund des jetzt entstehenden Radschnellwegs zwischen Darmstadt und Frankfurt, den der Regionalverband entscheidend mit vorangetrieben hat (siehe Bericht auf Seite 12), verfügt man hier über wertvolle Erfahrungen in der Umsetzung solcher Projekte.
Mittelfristig möchte der ADFC Hessen die Baulast für Radschnellwege und Raddirektverbindungen allerdings in der Zuständigkeit des Landes Hessen sehen. Im aktuellen Koalitionsvertrag ist vereinbart, diesen Vorschlag zu prüfen – und es besteht die Hoffnung, dass dies bis zum Ende der Legislaturperiode auch geschieht.
"Tausende Berufspendler in der Rhein-Main-Region würden vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, wenn es bessere Radwege auch über Ortsgrenzen hinweg gäbe. Das Problem ist dabei nicht die Entfernung vom Wohnort zum Arbeitsplatz, sondern die fehlende Radverbindung dazwischen", sagt ADFC-Landesvorsitzender Stefan Janke.
"Es freut uns sehr, dass es dank der neuen Koordinierungsstelle beim Regionalverband künftig deutlich bessere Bedingungen für die Realisierung ortsverbindender Radwege in der Rhein-Main-Region geben wird". Welchen Umfang diese Verbesserung aufweist, muss die Zukunft zeigen.
Torsten Willner