Facettenreiches Radler-Fest
Wenn eine Veranstaltung so reibungslos abläuft wie das ADFC Radler-Fest auf dem Alten Flugplatz in Kalbach und Bonames am 26. Mai, dann wird leicht übersehen, wie viel Planung, Vorbereitung und Organisation, aber auch harte Arbeit am Tag selbst dazu gehören.
Das Veranstalterteam unter der Leitung von Egon Schewitz und Helmut Lingat hatte wieder einmal alles mustergültig vorbereit. Ohne die vielen Mitwirkenden und Helfer, die zum Teil spontan einsprangen, wo es gerade nötig war, wäre aber die Durchführung unmöglich gewesen.
Dabei galt es in diesem Jahr, eine besondere Hürde zu überwinden. Parallel zum Radler-Fest fand die Europawahl statt, die natürlich niemand versäumen wollte. An verschiedenen Ständen wiesen Schrifttafeln darauf hin und der Anteil an Briefwählern unter den Ausstellern und Ausrichtern dürfte hoch gewesen sein.
Das Publikum kam auf Grund langfristiger und vor Ort verstärkter Ankündigungen wieder reichlich, auch in organisierten Gruppen verschiedener ADFC-Gliederungen. Neu im Tourenangebot war die Anfahrt auf historischen Fahrrädern (siehe auch Bericht auf Seite 11). Bis zu drei Gänge waren erlaubt, damit auch die Besitzer einigermaßen moderner Fahrzeuge eine Chance bekamen. Der Initiator der Angelegenheit selbst fuhr ein Dreigang-Rad von 1938, eine absolute Rarität. Der Schwierigkeitsgrad dieser Tour war nicht so leicht anzugeben gewesen. Für die zwei Teilnehmer, die auf Hochrädern die 10 km vom Römerberg bis zum Tower-Café zurück legten, war es bestimmt keine Ein-Sterne-Tour. Umso größer war das Erstaunen der Spaziergänger an der Nidda. Wenn Eltern ihre Kinder auf die Hochräder hinwiesen, wussten die oft gar nicht, wo sie hingucken sollten, weil sie sich unter diesem Wort nichts vorstellen konnten.
links:
Begrüßung auf dem blauen Teppich
rechts:
Sattelfest auf dem BMX-Rad
Foto-AG ADFC Frankfurt
Auch am Ziel zogen dann die historischen Fahrräder noch viele Blicke auf sich, obwohl bei näherem Hinsehen auch ringsherum sehr viele originelle Fahrzeuge standen, auf den Ständen ebenso wie auf der Wiese und überall dort, wo man ein Rad anschließen konnte.
Neben mehr oder weniger normalen Zweirädern spielte der Transport von Ladung eine große Rolle. Zunehmend wird offenbar die Frage bedeutsam, wie viel Platz ein Lastenfahrrad oder ein Anhänger verbraucht, wenn gerade nichts zu transportieren ist. Das Klapp-Lastenfahrrad lässt sich zwar in der Länge nicht verkleinern, aber in der Breite. Die beiden Hälften der Ladefläche lassen sich hochklappen, so dass man sich im Verkehr damit bewegen kann, ohne breiter zu sein als sonst auch. Wenn Kinder zusteigen wollen oder Ladung wartet, wird die Ladefläche mit einem Handgriff wieder heruntergeklappt. Der größte ausgestellte Anhänger war gleichzeitig der kleinste, denn er besteht in der Hauptsache aus einer ganz flachen Wanne aus Aluminium, in die sich die Räder und die Deichsel im Ruhezustand flach hinein legen lassen. Nach dem Baukastenprinzip lassen sich verschiedene Räder, Ladeflächen, Auf- und Anbauten bestellen, aus denen sich der Kunde dann seinen individuellen Anhänger selbst zusammen baut.
Ebenfalls als Bausatz angeliefert werden die Komponenten für verschiedene Bambusfahrräder, aus denen sich nach genauer Anleitung oder in einem Schulungskurs ein maßkonfektioniertes Fahrrad zusammenstellen lässt. Auf dem Radler-Fest war der Anbieter dieser Besonderheit auch vertreten, aber statt der angekündigten Bambusfahrräder hatte er ein dreirädriges Lasten-E-Bike mitgebracht, das von einer südkoreanischen Firma hergestellt wird. Deren Inhaber war zusammen mit zwei Mitarbeitern angereist. Zur Begrüßung ihrer Landsleute war Hye-Seong Yun zum Radler-Fest gekommen, die Korea-Spezialistin des ADFC Hessen, die den ADFC und das Veranstaltungskonzept erläuterte. Am schwersten zu vermitteln war dabei wieder einmal, dass eine so große Veranstaltung komplett von ehrenamtlichen Kräften durchgeführt wird.
Beim Technik-Check wird Service groß geschrieben
Internationales Flair gab es übrigens auch an anderen Stellen. Mitten im Getriebe war ein Stand für organisierte Radreisen in Myanmar aufgebaut und etwas abgelegen, aber nicht weniger einladend, wurden in einer Art Beduinenzelt Falafel-Speisen angeboten.
Neben ganzen Fahrrädern und anderen großen Dingen wurden auch Komponenten und Zubehör angeboten wie Handyhalter, kleine, elegante Rückspiegel für das Rennrad, Brillen und Schirmtücher für Rad Fahrende.
Viele Stände hatte wieder der ADFC aufgebaut. Wer sein Rad codieren lassen wollte, musste sich erst in die Warteschlange einreihen. Beim Technik-Check wurde wie gewohnt nicht nur geprüft und beraten, sondern es wurden auch kleinere Reparaturen gleich an Ort und Stelle durchgeführt.
Das Verkehrs-Quiz war wieder da, gleich am Stand der Verkehrs-AG mit umfangreichem Angebot an Information und Beratung. Bei der GPS-AG konnte man alles erfahren über die Navigation mit dem Smartphone oder dem GPS-Gerät. Der ADFC Hessen war mit "bett + bike" vertreten. Landkarten gab es beim Infoladenstand und wer Mitglied werden wollte, erfuhr alles über den ADFC gleich am Eingang. Nicht weit davon, auf der alten Landebahn, mit einem Zelt dazu aus Gründen des Naturschutzes auf der Wiese, zog der Fahrradparcours Scharen junger, eigentlich sogar sehr junger Radbegeisterter an, von denen einige in einem Alter waren, bei dem man als Zuschauer eher ans Laufenlernen denkt als ans Radfahren. Torsten Wienbarg betreut diesen für alle Beteiligten schwierigen Parcours seit Jahren mit Hingabe.
Ebenfalls auf der Landebahn führten BMX-Radler ihre Kunststücke vor. Manchmal hoben die derart vom Boden ab, dass es schien, die Zeiten der Starts und Landungen wäre hier doch noch nicht vorbei.
Das Radfahrbüro des Verkehrsamts zeigte, was bisher für die Fahrradfreundlichkeit in Frankfurt schon geleistet wurde und was noch zu tun ist. Der Infobus der VGF informierte über Tarife, Tickets und Fahrpläne. Der Verein Umweltlernen in Frankfurt am Main erläuterte sein Projekt "Nachhaltigkeit lernen".
Bei aller Betriebsamkeit gab es übrigens reichlich Gelegenheit zu einem heißen Kaffee, einem kühlen Glas oder einem kleinen bis größeren Happen Essen. Nebenher, vielleicht sogar als Hauptsache, wurden viele Gespräche geführt. Es war, als könne der Weg zum Flugplatz so manche komplizierte Verabredung ersetzen. Hier trafen sich viele alte Bekannte ohne Planung, ohne Absicht, aber mit großer Begeisterung.
Und was ist aus den Flüchtlingen geworden? Ein Gang hinter die Rückseite der Tower-Gebäude zeigte, dass sie noch da sind, aber aufgefallen sind sie eigentlich nicht mehr. Es gehört eben so vieles dazu, zum Radler-Fest.
Ingolf Biehusen