Bad Homburg: Preis für acht Jahre ohne Verkehrstote?
Originalzitat aus "DEKRA Vision Zero Award 2018":
"Acht Jahre in Folge ohne einen einzigen tödlichen Unfall im Innerorts-Verkehr: Für diesen Erfolg ist die hessische Stadt Bad Homburg mit dem DEKRA Vision Zero Award 2018 ausgezeichnet worden. Die international führende Sachverständigenorganisation vergibt den Preis zum dritten Mal. Die Preisträgerstadt wurde im Rahmen des DEKRA Jahresempfangs in Brüssel bekannt gegeben."
Originalzitat aus einem Bericht über einen Gerichtsprozess in Frankfurt:
"Der 64-jährige soll an einem Morgen im Mai 2017 zu schnell an einen Bahnübergang im Bad Homburger Stadtteil Ober-Eschbach gefahren sein und dadurch ein Haltesignal übersehen haben … Das Auto der Frau wurde mitgeschleift, die Fahrerin starb noch an der Unfallstelle."
Originalzitat aus einer Pressemeldung der Polizeidirektion Hochtaunus:
"Bad Homburg, Zeppelinstraße, Freitag, 14.10.2016, 11:30 Uhr: Eine 78-jährige Fahrradfahrerin wurde heute Mittag bei einem Verkehrsunfall in Bad Homburg lebensgefährlich verletzt. … Die Frau zog sich, möglicherweise auch durch den Aufprall auf den Asphalt, schwerste Kopfverletzungen zu und musste mit einem Rettungshubschrauber in eine Frankfurter Klinik geflogen werden."
Die Frau starb wenige Tage später, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.
Die Stadt Bad Homburg wurde darauf hingewiesen, dass ihr der DEKRA-Preis zu Unrecht verliehen wurde. Originalzitat aus der Antwort der Stadt:
"… Es ist wirklich sehr tragisch, dass die Dame diesen Unfall hatte und den Angehörigen gehört natürlich mein tiefes Mitgefühl. Allerdings fand nach Aussage der Polizei der Unfall eben nicht auf Bad Homburger Gemarkung statt sondern auf dem Gebiet der Stadt Frankfurt. Richtig ist, dass sie im Bad Homburger Krankenhaus verstorben ist."
Mir fehlen die Worte!
Wir vom ADFC ignorieren den DEKRA-Preis und gedenken der beiden Frauen, die in Bad Homburg im Straßenverkehr gestorben sind. Besonders tragisch dabei ist, dass die Radlerin wegen zu geringen Abstands beim Überholen von einem Rückspiegel am Kopf getroffen und getötet wurde – eine Horrorvision für alle Radfahrer und der Hauptgrund für viele, sich in Städten nicht aufs Rad zu wagen. Geahndet wird heimtückisches Überholen so gut wie nie – trotz der davon ausgehenden tödlichen Gefahr.
Günther Gräning