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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Bild zum Artikel Dreister geht es kaum. Düsseldorfer Straße, Fahrtrichtung Hauptbahnhof
Twitter: @realColaholiker

Abwärtstrend beim Klimatest

Mangelhafte Falschparkerkontrolle senkt den Notenschnitt für Frankfurt

Sie gehören inzwischen zum Frankfurter Stadtbild wie die Alte Oper und die Bankentürme: Falschparker. Jeder kennt sie, die meisten haben sich längst an sie gewöhnt und nur den wenigsten sind die Auswirkungen bewusst. Das vierte Mal in Folge bekommt Frankfurt in der Kategorie "Falschparkerkontrolle auf Radwegen" des ADFC Fahrradklima-Tests die schlechteste Teilnote und auch der Abwärtstrend in diesem Bereich im Vergleich zu den Vorjahren setzt sich fort (2012: 4,8; 2014: 4,9; 2016: 5,1; 2018: 5,3).

Bereits in Frankfurt aktuell 1/2019 berichteten wir über die steigende Frustration der Frankfurter Radfahrenden über die immer chaotischer werdenden Zustände aufgrund von Falschparkern im gesamten Stadtgebiet. Das Gefühl der permanenten Verschlechterung wurde nun durch die aktuellen Ergebnisse des ADFC Fahrradklima-Tests 2018 untermauert. Mit der Schulnote 5,3 landet Frankfurt bundesweit auf dem vorletzten Platz in dieser Kategorie.

Das Problem ist Politik und Verwaltung inzwischen durchaus bewusst, man sieht allerdings keine Möglichkeit, Lösungen zu finden. Herr Oesterling als zuständiger Verkehrsdezernent verweist, auf den Personalmangel angesprochen, gerne auf fehlende finanzielle Mittel für weitere Stellen, da sich die Personalstellen angeblich aufgrund der geringen Bußgelder nicht selbst finanziell tragen würden. Selbst wenn man dieser These glaubt, ist dies trotzdem kein Grund, die Verkehrssicherheit derart zu vernachlässigen. Mit derselben Argumentation müsste man auch die Landespolizei, das Justizsystem und Gefängnisse abschaffen, da sich auch diese Einrichtungen nicht von selbst finanzieren. Es gibt inzwischen zwar einen Antrag der Koalition für weitere zehn Stellen bei der städtischen Verkehrspolizei, diese sollen allerdings aus Bewerbermangel "übergangsweise" mit externen Leiharbeitern besetzt werden. Auch sind bereits heute viele Stellen unbesetzt, sodass es wohl effektiver wäre, die Arbeit bei der städtischen Verkehrspolizei attraktiver zu machen und die schon offenen Stellen mit komplett ausgebildeten Hilfspolizisten zu besetzen. Denn: Die externen Leiharbeiter dürfen zwar "Knöllchen" schreiben, aber beispielsweise keine Falschparker abschleppen lassen. Nur letzteres hilft allerdings, vor Ort die Wege der schwächeren Verkehrsteilnehmer frei zu bekommen und damit die Verkehrssicherheit wiederherzustellen.

Verwarnung ja, Abschleppen nein – das Fahrzeug stände zu dicht am Verkehrsschild, hieß es.
Ansgar Hegerfeld

Bei der städtischen Verkehrspolizei, die beim Straßenverkehrsamt angesiedelt ist und sich unter anderem um Falschparker kümmern soll, wird derweil aufgrund des Personalmangels gerne auf bauliche Maßnahmen als einzige Lösung gegen Falschparker verwiesen. Man habe schlicht kein Personal, um eine auch nur ansatzweise effektive Überwachung gewährleisten zu können. So sind beispielsweise samstags regelmäßig nur ein bis zwei Streifen für das gesamte Stadtgebiet im Einsatz. Auch wenn Frankfurt flächenmäßig klein ist, so kann man diese parallel zur Landespolizei geschaffene Struktur nicht einmal als halbherzigen Versuch bezeichnen, die Probleme in den Griff zu bekommen. Die Landespolizei wäscht derweil ihre Hände in Unschuld, da rein formal die Stadt primäre Ansprechpartnerin sein soll. Ab welcher Wartezeit die Aufträge von der Stadt an die Landespolizei übergeben werden und ob das überhaupt passiert, ist leider nicht bekannt. So passiert es regelmäßig, dass bei der Stadt gemeldete Verkehrsbehinderungen erst am Folgewerktag angefahren werden.

Gleichzeitig sind die Versuche der Verwaltung, Falschparker mit baulichen Maßnahmen in Schach zu halten, oftmals zum Scheitern verurteilt, da findige Autofahrer immer eine noch so kleine Lücke finden. In der Konsequenz müsste also jeder Zentimeter Stadtfläche mit Pollern im Abstand von maximal 1,5 m geschützt werden. Das würde aber nicht nur das Stadtbild stören, sondern auch weitere Probleme schaffen. Immer wieder kommt es zu Unfällen aufgrund von Pollern oder Drängelgittern, die durch Fremdeinwirkung verbogen werden und damit zur Gefahr für Radfahrende werden. Dies gilt besonders für den Fall, dass die Poller – wie in Frankfurt leider noch häufig zu sehen – in dunkelgrau und ohne reflektierende Elemente installiert werden.

Im April wurde auf der Düsseldorfer Straße ein weiteres Stück Radfahrstreifen mit sogenannten "Klemmfix"-Elementen bestückt, um Falschparker abzuhalten. Der erwartete Erfolg blieb allerdings auch hier aus, da die etwa zehn Meter lange Lücke für die Nachtbushaltestelle sofort als baulich geschützter Autoparkplatz angenommen wurde. Wer als Radfahrender Glück hat, schafft es entweder, vor dem Radfahrstreifen auf die Fahrspur zu wechseln, oder kann hinter den Falschparkern nach links ausweichen.

In einer weiteren Stellungnahme der Verwaltung (ST 661/2019) bedauert man, dass die rechtswidrige Anordnung von Parkplätzen auf einem benutzungspflichtigen Radfahrstreifen bei Veranstaltungen vor der Jahrhunderthalle inzwischen abgeschafft worden sei: "Das Entfernen dieser Beschilderung hat zu einer Verknappung von Parkplätzen geführt." Wir als ADFC hatten uns für die Entfernung dieser Lösung eingesetzt und sind nach wie vor der Meinung, dass man diese "Parkplätze" niemals hätte einrichten oder gar in Statistiken mitzählen dürfen. Solche Antworten aus der Verwaltung zeigen aber, dass Rad- und auch Fußverkehr nach wie vor längst nicht überalll als vollwertiges Verkehrsmittel für den Alltag anerkannt werden.

Auch immer wieder gibt es sogar die Forderung nach noch mehr abgepollerten Feuerwehrzufahrten. Dass im Ernstfall jedes Hinderniss die Zeit bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte am Einsatzort verlängert, wird dabei gerne ausgeblendet.

Die Forderungen des ADFC sind im Bereich Falschparker so einfach wie wirksam: Nur mit deutlich mehr Personal, klaren Ansagen zur Ahndung seitens der Behördenleitungen bzw. des Landes (ähnlich wie in Berlin) und erheblich mehr Abschleppmaßnahmen ließe sich dieses Problem in den Griff bekommen. Hierbei sollte auch die Doppelzuständigkeit der Stadt und des Landes mit ihren Behörden in Frage gestellt werden, scheitern doch viele Einsätze aktuell schon am Zuständigkeits-Pingpong, bevor überhaupt eine Polizeistreife vor Ort ist.

Es fehlt anscheinend an klaren Vorgaben bei der städtischen Verkehrspolizei. Dieser Falschparker beispielsweise wurde nicht abgeschleppt, bekam aber von der Fahrradstreife ein "Knöllchen" mit dem expliziten Vermerk "Radfahrer mussten Gehweg benutzen" – immerhin mit dem korrekten Verwarngeld von 30 €. Wir hakten bei der Verwaltung nach und erfuhren in einer Stellungnahme, dass "besondere Umstände" den nicht durchgeführten Abschleppvorgang rechtfertigten: So sei das Fahrzeug so dicht am Verkehrsschild geparkt gewesen, "dass dies den Abschleppvorgang erschwert hätte und vor dem Hintergrund des dichten Berufsverkehrs dann unterlassen wurde". Gleichzeitig betonte man aber, dass man sich der Verantwortung für den Radverkehr bewusst sei. Wohlbemerkt dauert so ein Abschleppvorgang bei Profis selten länger als 2 Minuten! Der Radverkehr scheint nach wie vor nicht in Verbindung mit "Berufsverkehr" gesehen zu werden, auch das ordnungswidrige Befahren eines Gehwegs für Fußgänger scheint immer noch als grundsätzliche Option gewertet zu werden. Falschparker müssen konsequent und ohne "wenn und aber" abgeschleppt werden, da nur so der Weg sofort wieder befahrbar wird. Auch der Abschreckungseffekt ist deutlich spürbar, das zeigen die Erfahrungen aus anderen Städten.

Was auch gerne vergessen wird: Die immensen Kosten der Poller, Klemmfixe, Betonabsperrungen usw. für Installation und Instandhaltung tragen wir alle als Steuerzahler. Dass man, wenn man weniger in bauliche Falschparker-Vergrämung investiert, Geld sparen kann und dafür weiteres Personal einstellen könnte, scheint bislang keine Option zu sein.


Bericht des Magistrats

Der Magistrat teilte Ende März öffentlich mit, dass man das rechtswidriges Parken auf Gehwegen in Wohngebieten aufgrund des "Parkdrucks" dulden würde: "Sofern freie Gehwege in allen Stadtteilen eingefordert werden, müssen die Konsequenzen bedacht werden. Gerade in schmalen Straßen vieler Wohngebiete, wo ein- oder beidseitig der Gehweg (ohne dass dieser dafür freigegeben wäre) zum Parken mitgenutzt wird, würden bei Umsetzung teilweise mehrere hundert Parkstände wegfallen. Die Städtische Verkehrspolizei hat bei Verkehrsordnungswidrigkeiten ein obligatorisches pflichtgemäßes Ermessen auszuüben. Das Interesse der Anwohner an Parkmöglichkeiten kann bei dieser Ermessensabwägung nicht unberücksichtigt bleiben." (Quelle: Bericht des Magistrats vom 22.03.2019, B 99/2019). Als Lösung schlägt man ironischerweise auch die "Reduzierung von Parkraum" als Teil einer Strategie zur "Verkehrsvermeidung" vor. Dass die "Parkstände" schlichtweg keine sind und damit auch bislang nicht als solche gezählt werden können, scheint niemanden zu stören. Mit derselben Argumentation könnte man auch das Parken auf Radwegen oder Zebrastreifen offiziell erlauben. Auch wenn letzteres noch nicht verkündet wurde, sendet so eine offiziellle Stellungnahme ein fatales Signal an den Teil der Autofahrer, der mit seinem Verhalten andere behindert und gefährdet.

Ansgar Hegerfeld