Regionaltangente West (RTW) PLUS Radverkehr
– objektiv betrachtet
Kurz vor Abschluss der Planfeststellung für den RTW-Abschnitt Nord lohnt sich ein Blick auf den aktuellen Stand der Dinge
Zur Erinnerung: Ohne den Main-Taunus-Kreis und den ADFC würde dieses Jahrhundertbauwerk komplett ohne Betrachtung des Radverkehrs umgesetzt werden. Der Grund: Die RTW wird zu 50 Prozent von der EU im Rahmen des Programms "Connecting Europe Facility" (CEF) in der Kategorie "Transport" gefördert. Wo Gelder für die Planung von Schienenverkehr fließen, dürfen diese nicht für andere Zwecke "missbraucht" werden. Radverkehr ist ein solcher, anderer Zweck.
Dennoch hat die Gesellschafterversammlung der RTW Planungsgesellschaft den von MTK und ADFC Frankfurt, Hessen und Main-Taunus eingebrachten Vorschlag befürwortet, den möglichen Zusatznutzen der RTW Bauwerke für den Radverkehr in einer Machbarkeitsstudie einschätzen zu lassen. Dabei geht es vor allem um RTW-Versorgungstrassen und Brückenbauwerke. Vereinfacht: Der Radverkehr soll Wege entlang des neuen Gleiskörpers und Überquerungsmöglichkeiten der neuen Straßenbahn mitnutzen können.
Diese Machbarkeitsstudie wurde am 28. September 2018 vorgelegt und nach Diskussion mit dem ADFC am 30. November 2018 bezüglich der "Spindellösung" in Eschborn überarbeitet (siehe Abbildung). Dabei handelt es sich um eine Möglichkeit, für Radverkehr und Fußgänger von der Straßenhöhe auf das acht Meter höhere Niveau der Bahngleise zu kommen – ohne einen Aufzug benutzen zu müssen.
Machbarkeitsstudie bestätigt Einschätzung des ADFC
Damit ergibt sich sozusagen das eine Standbein für die Querung der Sossenheimer Straße. Wenn auf der anderen Seite (unabhängig von der RTW) auch noch das andere Standbein gebaut würde, dann wäre eine sichere Verbindung in Richtung Schwalbach, in den Camp-Phönix-Park sowie entlang der BAB A 66 zum Radweg Sossenheim-Sulzbach hergestellt.
Im Eschborner Bauausschuss am 30. Januar 2019 waren sich HMWELW, RTW Planungsgesellschaft, SPD, Grüne, Inklusionsrat und ADFC einig, die Spindel und das Brückenbauwerk soll auch mit Unterstützung des Landes gebaut werden.
Kommunale Baulast gefährdet Umsetzung der in der Machbarkeitsstudie aufgezeigten Möglichkeiten
Was wir uns bis dahin als Erfolg an die Brust heften können, droht nun an der gläsernen Wand der dysfunktionalen Verantwortlichkeiten, Strukturen und Prozesse für den überregionalen Radverkehr zu zerschellen. Im Gegensatz zu der zentralen Umsetzungsorganisation für die RTW (es bleibt eine Gesellschafterversammlung, die eine Bauleitung beauftragen wird – von Bad Homburg bis Buchschlag), steht für RTW PLUS keine solche Umsetzungsorganisation parat.
ADFC fordert Änderung der Verantwortlichkeiten für
überregionale Radwege
Die ADFC-Arbeitsgruppe "RTW PLUS" hat sich Gedanken gemacht, was passieren muss, damit alle hessischen Rad-Großprojekte nicht an der kommunalen Überforderung scheitern.
Aus unserer Sicht braucht es
- Klassifizierung von Radwegen, damit klar wird, was eine überregionale Verbindung zwischen Hauptzentren (Baulast beim Land) und was eine regionale oder lokale Verbindung ist (Baulast bei den Kreisen bzw. den Kommunen),
- Identifizierung von überregionalen Radverkehrsverbindungen,
- Übernahme überregionaler Radverkehrsverbindungen in die Baulast des Landes durch eine Änderung des Hessischen Straßengesetzes,
- Integration überregionaler Radverkehrsverbindungen in die Organisation von Hessen Mobil,
- Einbeziehung des Radverkehrs in die bestehenden Standards für Vorplanung, Planfeststellung, Bau und Finanzierung von Straßen, d. h. jede Planung für Neu- und Umbau soll eine Studie zum Potential des Radverkehrs beinhalten (ähnlich einer Umweltverträglichkeitsstudie).
- Bei Planungen für den Schienenverkehr müssen Synergieeffekte mit dem Radverkehr mitgedacht und mittels geeigneter Strukturen realisiert werden.
Gabriele Wittendorfer