Thomas Kasper (rechts) bei der Montage der Respekt-Schrifttafel in der Fichardstraße, links daneben Dr. Manfred Wittmeier und Schatzmeister Helmut Lingat.Eckehard Wolf
Eckehard Wolf
Kein Platz für Rassismus
Der ADFC ist parteipolitisch und weltanschaulich neutral, aber er ordnet sich dem demokratischen Spektrum zu und gibt den Grundrechten einen hohen Stellenwert. So ist es nur konsequent, dass an der Geschäftsstelle in der Fichardstraße, die auch als Infoladen dient, jetzt eine Schrifttafel angebracht ist mit der Aufschrift "Respekt! Kein Platz für Rassismus".
Die Anbringung dieser Schrifttafel fand am 27. Januar statt, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Zwanzig Mitglieder des ADFC Frankfurt waren dabei. Aus Gründen des Denkmalschutzes durfte die Schrifttafel nicht an die Außenfassade des spätklassizistischen Gebäudes geschraubt werden, aber der Platz an der Großen Tafel des Fahrradständers davor ist mindestens ebenso auffällig. Die Schellen waren vorbereitet, Werkzeug und Schrauben lagen bereit und mit ein wenig Fingerspitzengefühl war die beidseitige kleine Blechtafel montiert. Die letzte Schraubendrehung führte dann Thomas Kasper von der IG Metall aus, der auch ADFC-Mitglied ist. In einer kurzen Ansprache schilderte der Gewerkschafter dann, wie wichtig bei der harten körperlichen Arbeit in der Metallbranche schon immer die Solidarität der Arbeiter untereinander war. Rassismus konnte und kann man dabei nicht gebrauchen, im Gegenteil müssen Menschen verschiedenartigster Herkunft solidarisch zusammenhalten. Es ist deshalb kein Zufall, dass die "Respekt"-Kampagne in der IG Metall entstanden ist.
Beim Gang in die Räume unseres Infoladens fiel dann ein zweites, etwas größeres "Respekt"-Schild an der Stirnwand im Treppenhaus auf, das dort ohne Zeremonie bereits vorher angebracht worden war. Im Infoladen richtete Dr. Manfred Wittmeier, der zweite Gast, der ebenfalls ADFC-Mitglied ist, noch einmal das Wort an die kleine Gruppe. Vor dem Hintergrund seiner Arbeit für den Förderkreis des Fritz-Bauer-Instituts regte er die Planung einer Fahrradreise nach Auschwitz an. Startpunkt könnte Berlin sein, von Frankfurt aus ist die Entfernung zu groß.
Wittmeier erinnerte an den ersten Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1965 in Frankfurt stattfand, zunächst im Römer, dann im Bürgerhaus Gallus, in dem auch der ADFC gelegentlich tagt. Er fragte sich und uns, wie die 300 Zeugen, die zu den 168 Verhandlungstagen nach Frankfurt gekommen waren, wohl in unserer Stadt zurechtgekommen sein mögen. Zwanzig Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur war in der Bevölkerung die Neigung, die Unrechtsherrschaft zu vergessen und zu verdrängen noch oder wieder groß, wie auch einige der Anwesenden aus eigener Erfahrung bestätigen konnten. Umso wichtiger ist es, jetzt daran zu erinnern, wie ernst die Abwehr von Rassismus zu nehmen ist. Daher: Respekt!
Ingolf Biehusen