Editorial
Am 28. Oktober 2018 durften wir abstimmen. Ich meine nicht das Kreuz für eine Partei oder einen Landtagskandidaten auf dem Wahlzettel, sondern den Stimmzettel mit den 15 Reformvorschlägen zur hessischen Verfassung. Ein Punkt darunter – wie allen anderen wurde ihm mit großer Mehrheit zugestimmt – betraf den Vorschlag "mehr direkte Demokratie".
Das ist toll und lobenswert. Wie der Landtag mit diesem Auftrag der Bürger, Volksabstimmungen künftig einfacher möglich zu machen, umgehen wird – das heißt ein entsprechendes Gesetz zu beschließen – bleibt allerdings abzuwarten.
Denn bereits heute gibt es auf kommunaler Ebene die Möglichkeit von Bürgerentscheiden. Die Hürden dafür liegen nicht niedrig, wie Christian Eulers Beitrag auf Seite 12 deutlich beschreibt. Der Artikel "Radentscheide ante portas ?!?" zeigt aber auch minutiös auf, welche abstrusen Register die Politik zu ziehen vermag, um sich bloß einem bindenden Votum der Bürgerinnen und Bürger zu entziehen. Woher diese Angst vor politischem Kontrollverlust, wie Christian Euler das nennt?
Die Bewegung der Radentscheide ist getragen von optimistischen und vertrauensvollen Menschen, die einen Beitrag leisten wollen, ihre Welt und ihre Zukunft aktiv mitzugestalten. Es sind keine Randalierer in gelben Westen. Auch keine Wutbürger, mit denen sie der hessische Wirtschaftsminister einmal fälschlicherweise verglich. Wenn Bürgerinnen und Bürger ihren Protest friedlich, fröhlich und auf einem verfassungsmäßig dafür vorgesehenen Weg beschreiten, ist das keine Bedrohung, sondern ein Geschenk für das Gemeinwesen. Hat die Politik das bereits verstanden? Nicht nur die Institutionen unserer Demokratie an sich sind wertvoll. Ein hohes Gut werden sie im Wesentlichen durch das Vertrauen, das die Bürger in diese Institutionen setzen. Die Repräsentanten dieser Demokratie dürfen dieses Vertrauen nicht aufs Spiel setzen.
Wir wünschen uns nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dass die Politik die vom Souverän geschaffenen Institutionen ebenso ernst nimmt, wie es die Bürger dieses Staates tun. Das wäre, wie auch immer die Abstimmung über einen Radentscheid ausfällt, ein Sieg der Demokratie!
Und weil es auch im ADFC vertrauensvolle und optimistische Menschen gibt, beschränkt sich Christian Eulers Artikel nicht auf die Analyse eines Missstands, sondern er zeigt konkrete Wege auf, wie die Hessische Gemeindeordnung reformiert werden könnte, um Bürgerentscheide zu erleichtern und so tatsächlich zu mehr direkter Demokratie zu kommen, findet
Peter für das Redaktionsteam