Mit Geld nicht aufzuwiegen
Verleihung des Ehrenbriefs des Landes Hessen an ADFC-Mitglieder
Die Träger des Ehrenbriefs, Ingolf Biehusen (links) und Uwe Hofacker, eingerahmt von Angehörigen und ADFC-Aktiven im Kaisersaal des Römers.
Foto: Helmut Lingat
Es war Montag, und es regnete. Viel besser konnte die Woche gar nicht beginnen, nach Monaten der Hitze und der Trockenheit.
Doch es kam noch erfreulicher – im Frankfurter Römer wurden Ehrenbriefe des Landes Hessen verliehen. Unter den Geehrten auch zwei langjährig aktive Mitglieder des ADFC Frankfurt. Beide, Ingolf Biehusen und Uwe Hofacker, hatten trotz Regen auf wasserabweisende Fahrradkleidung verzichtet und sich ordentlich in Schale geworfen. Nachdem Regenschirme, Regenmäntel und Rucksäcke (darauf verzichten auch verdiente ADFC-Aktive beim Besuch im Kaisersaal nicht) an der Garderobe abgegeben waren, boten die zu Ehrenden vollends einen dem Anlass angemessenen Eindruck.
Bürgermeister und Kämmerer Uwe Becker empfing im Kaisersaal. Ein Lob auf das Ehrenamt war seiner Begrüßungsrede zu entnehmen. Dass man die Arbeit der Ehrenamtlichen nicht mit Geld aufwiegen könne (selbst wenn man es zur Verfügung hätte, wie er als Stadtkämmerer anzufügen es sich nicht verkneifen konnte), dass eine Stadt wie Frankfurt stark von bürgerschaftlichem Engagement profitiere und dass durch die Arbeit in Vereinen und Initiativen Gemeinschaftssinn und sozialer Zusammenhalt in der Gesellschaft gestärkt werde, hob Becker in seiner Ansprache hervor.
Im Anschluss wurden die Aktivitäten der Auszuzeichnenden vorgestellt. Hier reicht das Spektrum von den "Grünen Frauen", die in Krankenhäusern im Sozialdienst tätig sind, über Aktive in Sportvereinen oder in politischen Gremien bis hin zur Arbeit im ADFC. Dabei fiel auf, dass unter den Anwesenden kaum jemand auf eine solch lange ehrenamtliche Tätigkeit wie Ingolf und Uwe zurückblicken kann. Fangen wir mit Ingolf an: Seit 1984 Mitarbeit im damaligen "ADFC Bezirksverband Rhein-Main, Ortsgruppe Frankfurt", kurz darauf Mitbegründer (und bis heute Mitglied) der Kartografie-AG, zu Beginn der 90er Jahre aktiv in der AG "Richtlinien zum Bau und Betrieb von Radverkehrsanlagen", seit 1990 Teil der Infoladen-Gruppe, zwischendurch ein Jahr Vorsitzender des ADFC-Landesverbands Hessen und, 1997, Mitbegründer und (bis 2007) -organisator der RadReiseMesse. Daneben pflegt Ingolf Kontakte nach Südkorea und berät Beamte und Mitarbeite nichtstaatlicher Institutionen beim Radwegebau. Seine Mitarbeit im Kreisvorstand Frankfurt (seit 2012) beendete er zwar in diesem Jahr, doch nur, um sich zukünftig in die Redaktionsarbeit unserer Mitgliederzeitschrift "Frankfurt aktuell" zu stürzen.
Ebenfalls beeindruckend das vielfältige Engagement von Uwe, den meisten bekannt als Mitbegründer und langjähriger Leiter der Foto-AG. Seit 1987 ist Uwe im ADFC aktiv, zuerst in Hanau in der Verkehrspolitik, später dann in Frankfurt als Tourenleiter. Hier war er auch einige Jahre im Kreisvorstand vertreten, bevor er sich auf die Fotografie konzentrierte. Neben seinem Engagement im ADFC ist Uwe bereits seit 1983 aktives Mitglied in der Gewerkschaft Verdi (davor in der ÖTV), als Vertrauensmann, als Mitglied des Bezirksbeamtenausschusses und als stellvertretendes Mitglied im Bezirksvorstand Verdi Frankfurt Rhein/Main. Genug getan für den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Nein, natürlich nicht, denn als Sozialpfleger in den nordwestlichen Bezirken der Stadt ist Uwe bis heute ehrenamtlich unterwegs.
Zur Verblüffung aller Anwesenden des ADFC, die ihre Ehrenbriefträger in den Kaisersaal begleitet hatten, wich der Bürgermeister während der Vorstellung von Ingolf und Uwe zweimal vom Manuskript seiner Laudatio ab. Zum einen hob er hervor, dass der ADFC inzwischen sehr bekannt sei, zum Beispiel als Veranstalter der in diesem Jahr am 1. September stattfindenden bike-night. Zum anderen animierte ihn die Erwähnung von Ingolfs Mitarbeit in der Redaktion unserer Mitgliederzeitschrift zu der Bemerkung, dass dieses immer interessante Heft ihm und seinen Kollegen bekannt sei, weil es regelmäßig im Römer ausliege. Wenn das keine gelungene Werbung für unsere verkehrspolitische Arbeit ist …
Der offizielle Teil der Veranstaltung klang mit einem Sektempfang auf Kosten der Stadt Frankfurt im Foyer des Kaisersaals aus. Inoffiziell ging es anschließend für die ADFC-Truppe auf Kosten des Vereins zum Mittagessen in ein Gasthaus hinter dem Dom. Auf dem Weg dorthin, mitten durch die regennasse neue Altstadt, wurden die anwesenden Rad-Aktiven von Anne Wehr daran erinnert, wie viele Millionen Euro in diesem Bauprojekt stecken – und wie viele davon auf Kosten von uns Steuerzahlern investiert wurden. Da erschien die Bemerkung des Kämmerers (… dass man die Arbeit der Ehrenamtlichen nicht in Geld aufwiegen könne, selbst wenn man es zur Verfügung hätte …) gleich in einem ganz anderen Licht.
Peter Sauer