Wenn das kein Statement für das Rad als Hauptverkehrsmittel ist?!
Foto: Ingolf Biehusen
Amsterdam – das Paradies für die Zweirädrigen
Amsterdam – ein autofreies Wochenende zu Fuß und mit dem Rad für uns: Von Frankfurt ging es in viereinhalb Stunden mit dem ICE nach Amsterdam. Unsere Unterkunft war mit der Straßenbahn alle acht Minuten erreichbar.
Gelangt man auf den Bahnhofsvorplatz, fallen die vielen Radfahrer auf den rot markierten Wegen sofort ins Auge. Aber nicht nur die: Tausende Velos sind auf drei Stockwerken neben dem Bahnhof abgestellt. Wie gescheit diese Holländer sind! Man stelle sich vor, die Räder wären Autos … wie viel Platz bräuchte man, um diese abzustellen?!
Gegenüber dem Bahnhof lädt uns das Tourismusbüro freundlich ein. Wir erhalten Informationen zur Benutzung der Straßenbahn (Tageskarte für 7,50 Euro) und eine Übersicht zum Fahrradverleih.
links:
Radwegkreuzung mit reichlich rotem Asphalt fürs Rad
Foto: Dirk Schmidt, ADFC Kassel
rechts:
Sie gehören ganz selbstverständlich zum Stadtbild: Geparkt werden Räder in Amsterdam fast überall.
Foto: Ingolf Biehusen
Die Stadt erobern wir erst einmal zu Fuß. Da sich so gut wie keine Autos in der Stadt bewegen, können wir die Nähe des Meers riechen. Durchgehend finden sich in dieser Stadt die roten Wege, die Radfahrer vor den Autos schützen. Die Stadt lebt und unterhält sich: Väter und Mütter sind mit bis zu drei Kindern auf dem Fahrrad unterwegs. Männer mit ihren meist lachenden Freundinnen auf dem Gepäckträger, Büroangestellte stürmen per Rad ins Wochenende und Hunde werden von ihren Herrchen auf dem Fahrrad transportiert. Auffallend ist die Schlichtheit der Hollandräder. Kein "SUV" unter den Radfahrern ist zu sehen. Unsere Erklärung dafür ist möglicherweise die Solidarität: "Wir alle fahren Rad und gehören auf unseren Wegen zusammen". Eine andere ist die, dass dieses Transportmittel überall abstellbar sein muss. Zu viel Schnickschnack wäre hinderlich.
Auf diesen roten Wegen bewegen sich alle mit zwei Rädern in unterschiedlicher Geschwindigkeit: Radfahrer, Rollerfahrer und Menschen im Rollstuhl.
Alle passen aufeinander aufWir brauchen Zeit zur Beobachtung dieser für uns neuen Organisation des Verkehrs. Wir bemerken sehr schnell, dass die unterschiedlichen Geschwindigkeiten für niemanden ein Problem sind, sich auf den roten Wegen einzureihen. Die Schnellen nehmen Rücksicht auf die Langsameren und umgekehrt.
Überall in der im Frühling mit bunten Tulpen geschmückten Stadt parken Räder: 10, 15 und mehr. Schiffe haben ihre Bäuche zum Parken von Rädern geöffnet. Niemand auf den roten Wegen wird von haltenden Autos belästigt. Das würde sich kein Autofahrer wagen. In den Niederlanden haben die Autofahrer Respekt vor den Radfahrern. Es ist fast peinlich, mit dem Auto unterwegs zu sein.
Nach einem Tag der Beobachtung des Radverkehrs reihen auch wir uns ein, lassen die Schnellen an uns vorbeiziehen und staunen immer wieder über die gegenseitige Rücksichtnahme der Radler auf ihren Wegen. Gerne nehmen wir freundliche Hinweise zum richtigen Verhalten von unseren europäischen Nachbarn an.
Wir überqueren mit unseren Rädern die Brücke zu den Amsterdam vorgelagerten Inseln. Bauarbeiter bearbeiten einen Berg roten Asphalt in einem Neubaugebiet. Wir sehen beim Bau der Zufahrten zu den soeben fertig gestellten Wohnungen zu. Das haben wir bereits bei unserem letzten Besuch in den Niederlanden gesehen und das ist wohl Standard in den Niederlanden: Bevor die Menschen einziehen, werden die Verkehrswege für die Bewohner installiert. Und die roten, die Radfahrer schützen, kommen dabei zuerst.
Birgid Oertel und Volker Igstadt