Fahrradstraßen in Bad Vilbel:
Mehr Mut zum großen Wurf!
Die Wiesengasse von der Frankfurter Straße aus gesehen.
Theo Sorg
S eit kurzem hat Bad Vilbel Fahrradstraßen – und dann auch gleich noch zwei. Zum einen ein rund 400 Meter langes Stück der Saalburgstraße. Im Westen knüpft die Straße an das landwirtschaftliche Wirtschaftswegenetz an. Sie war und ist für den motorisierten Individualverkehr eine Sackgasse. Bereits zuvor war die Geschwindigkeit in der Straße auf 30 km/h begrenzt. Außer ein paar Schildern und einem Verkehrszeichen auf der Straße ändert die Erklärung zur Fahrradstraße praktisch nichts.
Zweitens hat die Stadt ganze 150 Meter der Wiesengasse, einer wichtigen Verbindung zwischen Nidda-Radweg und der innerstädtischen Frankfurter Straße, zur Fahrradstraße erklärt. Wer in Richtung Nidda fährt, wird allerdings herb enttäuscht, heißt es doch vor der Nidda-Brücke "Radfahrer absteigen".
In Richtung Innenstadt ist die Wiesengasse weder sicher noch komfortabel angebunden. Wer von der Nidda kommend nach rechts auf den farblich abgesetzten 1,20 Meter schmalen Radweg abbiegt, muss feststellen: Durch den ebenfalls viel zu schmalen Bürgersteig, der durch Möblierung der Außengastronomie und Bürgersteigparkplätze erheblich beengt ist, sind Konflikte mit dem Fußverkehr vorprogrammiert.
Die Wiesengasse als verkehrsberuhigten Bereich zu bestimmen, wäre wohl die bessere Alternative, zumal auch hier die Bürgersteige viel zu schmal und oft mit Mülltonnen oder Schildern zugestellt sind.
Wenn diese Maßnahmen auch ein Anfang sein mögen: Den großen Wurf erkenne ich nicht.
Ich hätte dem Magistrat vorgeschlagen, stattdessen die Frankfurter Straße in der Innenstadt als Fahrradstraße auszuweisen. Die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung sagt zur Fahrradstraße: "Fahrradstraßen kommen dann in Betracht, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist." Der einzige fließende Verkehr in der Innenstadt zu Hauptverkehrszeiten ist ohnedies der Radverkehr. Der motorisierte Individualverkehr staut sich. Dafür sorgen vor allem Falschparker und der Lieferverkehr. Der Verkehr staut sich zurück bis zum Biwer-Kreisel. Bad Vilbel über die Stadtgrenzen hinaus: ein einziger Stau.
Die Frankfurter Straße in der Innenstadt als Fahrradstraße? Ist das wirklich utopisch? Die Ordnungshüter müssten sich nicht mehr um ein paar gegen die Einbahnstraße fahrende Radelnde kümmern. Sie hätten Zeit, das Falschparken zu ahnden und damit Platz auf den Bürgersteigen zu schaffen für alle, denen er zusteht – unter anderem Eltern mit Kinderwagen oder ältere Menschen mit Rollatoren.
Radfahrende würden nicht mehr vor den Autos auf die Bürgersteige flüchten. Es würden mehr Menschen ihre täglichen Besorgungen per Fahrrad erledigen, was zur Verringerung des Kraftfahrzeugaufkommens führen würde. Man könnte in der Bad Vilbeler Innenstadt wieder entspannt spazieren gehen, einkaufen und die Straßengastronomie genießen. Und Busse könnten fahren – zwar nur maximal 30 km/h, aber sie könnten fahren.
Von Konfuzius stammt der folgende Satz: "Auch der weiteste Weg beginnt mit dem ersten Schritt." Wollen wir hoffen, dass weitere Schritte, nicht nur Trippelschrittchen, in Richtung zeitgemäßer Verkehrsplanung folgen, und wünschen wir unserem Magistrat den Mut dazu.
Theo Sorg