Regionaltangente West – Radverkehrs-Chancen nicht verpassen!
Die Regionaltangente West (RTW) ist momentan das ehrgeizigste Projekt des öffentlichen Personen-Nahverkehrs im Rhein-Main-Gebiet. Sie soll insbesondere den Umsteigeknoten Ffm-Hauptbahnhof und die westlich vom und zum Hauptbahnhof führenden S-Bahnen entlasten. In Nord-Süd-Richtung beschrieben, führt sie von Bad Homburg über Oberursel, Eschborn, Sossenheim und Höchst zum Flughafen und von dort weiter über Gateway Gardens nach Neu-Isenburg. Sie nutzt dabei streckenweise vorhandene S- und Regionalbahntrassen.
Vom Kerosinduft zur Champagnerluft – vom Flughafenumfeld nach Bad Homburg und zurück, so verläuft die Regionaltangente West RTW.
Grafik: RTW-Planungsgesellschaft
Der Streckenverlauf der RTW lässt einen als Radfahrer spontan mit der Zunge schnalzen: hey, das wäre doch auch eine prima Fahrradtrasse, vor allem im Bereich zwischen Bad Homburg und Höchst. Im Norden mal endlich weg von dem Zickzack durch die Felder, endlich mehr und bessere Querungen über die A5, die S-Bahn und die A66, eine sicherere und schnellere Streckenführung durch Höchst und zum Industriepark.
Aber Halt – heißt es da! Die RTW ist ein Bahnbauwerk und kein Radschnellweg. Förderung des Radverkehrs ist nicht die Aufgabe der RTW-Entwicklungsgesellschaft.
Dabei spricht einfach der gesunde Menschenverstand dafür, den Radverkehr mit zu berücksichtigen. Wenn schon eine derart massive Investition in die Verkehrs-Infrastruktur getätigt wird, dann sollte aus Sicht des ADFC die Gelegenheit genutzt werden, gleich noch für relativ kleines Geld Fußgängern und Radfahrern zu mehr Durchlässigkeit der Wege-Infrastruktur zu verhelfen.
Diejenigen, die sich in einem Ballungsraum wie dem Rhein-Main-Gebiet mit Muskelkraft von A nach B bewegen, werden ohnehin durch vielerlei unüberwindliche Barrieren zu Umwegen gezwungen: Autobahnen, Schnellstraßen, Bahntrassen, Flüsse und Kanäle, Start- und Landebahnen, Industriegebiete. Die RTW selbst schafft auf ihrer neuen Trasse auch noch zusätzliche Barrieren. Da wäre es doch nur vernünftig und gerecht, wenigstens parallel zur Trasse und besonders bei Brücken oder Unterführungen die wenigen notwendigen Meter Breite für Radfahrer und Fußgänger dazu zu bauen.
Die ursprünglichen Planungen der RTW-Planungsgesellschaft sahen so etwas sogar vor. Sozusagen als Ausgleich negativer Folgen für bestehende Rad- und Fußwege, die aus der neuen Trasse resultieren würden. Aus Kosten- und Zeitgründen, bzw. deshalb, weil man sich nicht für zuständig sah, wurden diese Ideen dann immer weiter zurück gestutzt.
Das Alternativkonzept vom ADFC: RTW Regionaltangente West PLUS
ADFC-Aktive, insbesondere aus dem Main-Taunus-Kreis, dem Frankfurter Westen und dem hessischen Landesvorstand, ließ dies keine Ruhe. Es kann doch nicht wahr sein, dass das Land Hessen sowie die beteiligten Kommunen und Kreise diese Chance, für wenig Aufwand etwas für die Nahmobilität zu tun, komplett ignorieren. Um das Anliegen zu präzisieren und verständlich darzustellen, wurde die Präsentation "RTW PLUS" entwickelt und den Verantwortlichen im Aufsichtsrat der RTW zur Kenntnis gebracht.
Die wichtigsten "Knackpunkte", die von der RTW in den Planungsabschnitten Nord und Mitte für den Rad- und Fußverkehr gelöst werden müssen, sind – von Nord nach Süd:
- die Brücke über die A5 zwischen Nordwestkreuz und Bad Homburger Kreuz
- die Brücke über die S-Bahn-Trasse der Linie 5 nördlich von Ffm-Praunheim
- die Brücke über den Autobahnzubringer zwischen Ffm-Sossenheim und Eschborn
- die Brücke über die A66 am Sulzbach, zwischen Ffm-Sossenheim und Sulzbach
- die Neugestaltung der Leunastraße in Höchst
- die Ausstattung aller Stationen der RTW mit bike & ride-Infrastruktur
Parallel zur Trasse sind befestigte Wirtschaftswege für den Bau und Erhalt der Strecke geplant. Sie können künftig sinnvolle Rad- und Fußwegverbindungen sein, die in das überörtliche Radroutennetz integriert werden sollten.
Foto: Bertram Giebeler
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Das müsste niemandem mehr zugemutet werden, wenn "RTW PLUS" realisiert wird: die dunkle, enge, schmutzige Unterführung unter der A66 zwischen Sulzbach und Sossenheim, auf der sich Radfahrer und Fußgänger im Hundekotgeruch aneinander vorbeizwängen.
Foto: Bertram Giebeler
RTW PLUS schlug durchaus ein, das kann man schon sagen. Nahezu alle Beteiligten folgten der ADFC-Initiative zu überlegen, ob und wie die schon weit gediehenen Planungen noch zu modifizieren wären. Die RTW-Planungsgesellschaft hat nunmehr vom Aufsichtsrat auf Anraten des ADFC den Auftrag bekommen, eine Machbarkeitsstudie zur Umsetzung unserer Vorschäge zu erstellen. An dieser Studie sind auch ADFC-Vertreter beteiligt.
Die Präsentation RTW PLUS des ADFC Hessen benennt konkret, warum, wo und wie der Rad- und Fußverkehr bei der RTW mit berücksichtigt werden soll.
... die Präsentation RTW PLUS
Vielleicht ist nicht jeder begeistert davon, dass "wegen den paar Radfahrern" jetzt "dieser Aufwand" betrieben werden muss, aber eins steht fest: eine Regionaltangente West RTW ohne jede begleitende Infrastruktur für Fuß- und Radverkehr wäre ein Anachronismus. So etwas macht man heute einfach nicht mehr! Stadt- und Verkehrsplaner sind, auch international, eigentlich längst weiter. Spätestens seit auch in China wieder massenhaft (und elektrisch) Rad gefahren wird, weiß jeder: Nahmobilität ist wichtig, lokal und global! Ausgerechnet Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet sollten da nicht der Entwicklung hinterher dümpeln, sondern vorn dabei sein!
Bertram Giebeler