Vor der Probefahrt, v.l.: Marcel Heinz, R+V, MO14 Innovation Lab; Proberadler Bertram Giebeler, ADFC Frankfurt (sicherheitshalber mit Helm); Manuel Wehner, Fraport Unternehmensentwicklung – Ideen- und Innovationsmanagement; der autonome Bus von Navya, Villeurbanne, Frankreich.
Foto: Fraport - Fahrzeugoperator
Wie schlau ist dieser Bus?
Komische Frage, oder? Na ja, die Sache ist die: der Bus hat keinen Fahrer! Er gehört zu einem Test, den die R+V-Versicherungsgruppe zusammen mit Fraport auf dem Flughafengelände durchführte. Der Autor erfuhr davon aus der Presse und wollte einmal ausprobieren, ob und wie das autonome Gefährt reagiert, wenn ein Radfahrer plötzlich im Verkehrsgeschehen auftaucht.
Für uns als ADFC ist es von großer Bedeutung, die Entwicklung im Bereich des "autonomen Fahrens" genau zu verfolgen und den Rechtsrahmen mitzubestimmen. Enorme finanzielle Interessen stehen dahinter, und schon tauchen erste Forderungen auf, den Radverkehr wieder von der Straße zu verbannen, weil die autonomen Fahrzeuge Probleme hätten, Radfahrer richtig einzuschätzen.
Wichtigstes Resultat des Besuchs: der Autor lebt noch und hat diesen Beitrag auch nicht vom Krankenhausbett aus verfasst. Das Ganze war auch bei weitem noch kein Test, der wissenschaftlichen Ansprüchen genügen würde. Wir werden echte Experten aus dem Umfeld des ADFC-Fachausschusses Radverkehr mit R+V und Fraport zusammenbringen, um die Evaluation zu begleiten.
Das Fahrzeug fuhr auf einer vorgeschriebenen Shuttle-Linie, gesteuert über GPS und eine "virtuelle Schiene" mit maximal 18 km/h auf dem Flughafengelände, also nicht im öffentlichen Straßenverkehr. Es herrscht dort aber ein durchaus reges Treiben von Pkw, Bussen, Lkw, Gepäcktransportern und diversen Flughafen-Spezialfahrzeugen. Fahrräder sind eher selten, dürfen aber fahren. Der Bus fuhr zwar autonom, es saß aber immer ein Operator mit drin, der im Störungsfall eingreifen und den Bus manuell umsteuern konnte.
Wir probierten aus: Einscheren des Radfahrers auf die Fahrspur (wie bei zugeparktem Radstreifen), Vorfahrtnahme von links, Vorfahrtnahme von rechts, Überholabstand am Schutzstreifen, den es dort gibt. In den ersten drei Fällen stoppte das Fahrzeug ziemlich abrupt, was in der Straßenverkehrsrealität einen Auffahrunfall verursachen könnte. Beim Überholabstand am Schutzsteifen war das Problem, dass dieser zwar existierte, aber im GPS und in der "virtuellen Schiene" nicht vorgesehen bzw. einprogrammiert war. Normal fährt das Gefährt mit 10 cm Abstand an einem Hindernis vorbei. Fahrbahnmarkierungen lesen kann es nicht.
Fazit: Bis so ein Fahrzeug fährt wie ein geübter Autofahrer, muss ihm noch viel antrainiert werden. Das wissen auch alle Beteiligten. Ob das autonome Fahren überhaupt eine wünschenswerte Entwicklung ist, ist eine andere Frage. Der ADFC wird das nicht allein entscheiden, soviel ist sicher. Wir müssen uns auf die Entwicklung einstellen und dabei die Radfahrerinteressen wahrnehmen.
Bertram Giebeler