Editorial
Die älteren unter euch, vor allem die Männer, werden sich erinnern: Es gab eine Wehrpflicht hierzulande, der man sich nur mit viel Mühe entziehen konnte. Eine der Möglichkeiten, den Militärdienst zu umgehen, bestand darin, sich zu einem langjährigen Engagement in einer Hilfsorganisation zu verpflichten. Wer schon als Jugendlicher in der Freiwilligen Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk oder beim Roten Kreuz aktiv war, musste dies zwölf weitere Jahre tun und war damit vom Wehrdienst befreit. Ich war in keiner dieser Organisationen aktiv, doch darüber hinaus erschien mir die Zeitspanne von zwölf Jahren unübersehbar und die Aussicht, an unzähligen Wochenenden Dienste ableisten zu müssen, keinesfalls eine günstige Alternative zu Wehr- oder Zivildienst.
Mit Ralf Paul, Leiter der Technik-AG des Frankfurter ADFC, sprach ich neulich über unsere Arbeit, er bei den Technikern, ich in der Redaktion dieser Zeitschrift. Dass wir uns nie hatten vorstellen können, über Jahre hinweg mit solcher Regelmäßigkeit Vereinsarbeit zu betreiben, Verpflichtungen zu übernehmen, Termine einzuhalten, letztendlich das eigene Leben danach zu richten. "Irgendwann gehört diese Arbeit einfach dazu, zu unserem Leben", meinte der Leiter der Technik-AG abschließend.
Die erste Ausgabe von Frankfurt aktuell, an der ich mitgearbeitet habe, war Heft 4/1997. Seitdem bin ich für das Layout dieser Zeitung verantwortlich und wurde, wie es in Vereinen so passiert, nach dem Wegzug des damaligen Chefredakteurs auf dessen Stuhl befördert. Nun stelle ich fest, dass ich vor 20 Jahren eine Tätigkeit übernommen habe, zu der ich mich nie und nimmer für solch einen langen Zeitraum verbindlich verpflichtet hätte, die mir aber bis heute Spaß macht. Das geht nicht nur mir so im ADFC, das geht vielen von euch ebenso. "Irgendwann gehört diese Arbeit einfach zu unserem Leben".
Alfred Linder hat für seine Arbeit sogar den Bürgerpreis der Stadt Frankfurt erhalten (Seite 10).
In der Nacht vor der Bombenentschärfung, auf der Heimfahrt nach der bike-night, fiel mir auf: So könnten unsere Städte ohne Autos aussehen. Offensichtlich hatten viele Bewohner der Sperrzone die Stadt bereits verlassen, breite Lücken klaffen zwischen den verbliebenen Karossen. Die schmale Nordendstraße erscheint ohne einengendes Blech überraschend weitläufig und breit wie eine Flaniermeile. Vielleicht sollte man Parkplätze evakuieren – woanders gibt es mehr Platz dafür. Das müsste doch auch ohne Weltkriegsbombe möglich sein.
Aber auch die gehört zu unserem Leben. Gute Fahrt wünscht
Peter für das Redaktionsteam