Bei Radfahrenden alles andere als beliebt: Umlaufsperren auf abschüssiger Straße in Bad Homburg. Günther Gräning vom ADFC Hochtaunus hat sich dafür ausgesprochen.
Foto: Barbara Gräning
Der Tripp: Steigung und Steigerung
"Kaum hält man eine Steigerung für möglich – und doch ist es so!"
Mit diesen Worten pflegte einst im Deutschen Fernsehen der Moderator überzuleiten zum nächsten Slapstick-Stummfilm der Reihe "Als die Bilder laufen lernten".
Hochaktuell ist dieser Spruch bis heute, zumindest in Bad Homburg-Kirdorf auf der Straße nach Friedrichsdorf, dem sogenannten "Tripp". Wie ist das möglich?
Nun, vor einigen Jahren hat die Stadt Bad Homburg, entgegen dem ausdrücklichen Rat des örtlichen ADFC, an beiden Seiten dieser stark befahrenen und abschüssigen Straße einen schmalen Radweg (mit roten Steinen) und einen Fußweg (mit grauen Steinen) angelegt. Danach ist die Stadt offenbar davor zurückgeschreckt, das Radeln auf dem roten Weg zu erzwingen. Am Beginn des Weges wurde nur das Schild "Radfahrer frei" montiert. Steil abwärts zu radeln abseits der Autos war erlaubt und wurde ausgiebig genutzt. Nach einiger Zeit häuften sich die Beschwerden der zahlreichen Anwohner, die mit ihren Autos vorsichtig aus ihren Grundstücksausfahrten lugten und jederzeit mit Radlern rechnen mussten. Und nicht nur das: Wenn es krachte (und es krachte oft), lag die Schuld immer bei den Anwohnern, denn Radfahrer hatten Vorfahrt.
Die Anwohner wandten sich mit Beschwerden an die Stadt und hatten Erfolg: Das Schild "Radfahrer frei" wurde demontiert. Ich erinnere mich, dass ich das im Namen des ADFC befürwortet hatte. Ich selbst bin dort sehr oft gefahren, immer auf der Straße in der Mitte der rechten Fahrbahn, damit mich ja kein Auto überholen oder abdrängen konnte. Damit, dass ich als Feind der Radler beschimpft wurde, konnte ich daher gut leben.
Der rot gepflasterte Weg lud Radler weiterhin zur Benutzung ein. Nur war das jetzt illegal: Bei Unfällen lag die Schuld beim Radler. Die Stadt Bad Homburg sah sich erneut mit heftigen Beschwerden der Anwohner konfrontiert und war zunehmend ratlos. Sie änderte die Ampel und die Radwegweisung am oberen Ende des Weges – alles vergebens. Letzter Ausweg: Es wurden vier Umlaufsperren errichtet, die jetzt zum Abbremsen zwingen. Auch das habe ich befürwortet, um lebensmüde Radler zu schützen. Mit den erneuten Beschimpfungen konnte ich wieder gut leben.
Nicht nur der rechtsseitige Weg wird heute von Radlern verbotenerweise weiterhin benutzt, sondern sogar der linksseitige, und zwar mit hoher Geschwindigkeit abwärts, vorbei an mehreren Einmündungen. Die Stadt ist weiterhin ratlos. Sollte sie sich dazu entschließen, auch auf dem aufwärtsführenden Weg Umlaufsperren zu errichten, so würde ich das auch unterstützen, trotz weiterer Beschimpfungen. Steigerungen sind eben immer möglich, sogar an Steigungen!
Nachtrag: Ich habe im nachhinein erfahren, dass der Kirdorfer Ortsbeirat versucht habe, die Stadt dazu zu bewegen, auch linksseitig abwärts (also rechtsseitig aufwärts) Umlaufsperren zu bauen. Eine höhere Verkehrsinstanz habe das aber als unzulässig abgelehnt. Es gibt also im deutschen Verkehrsrecht offenbar Obergrenzen für die Steigerung Bad Homburger Perversitäten. Hätte dieselbe höhere Instanz seinerzeit die roten Radstreifen verhindert, hätte die Stadt sich viel Geld und Ärger erspart!
Eine Steigerung ist aber immer noch möglich: Bad Homburg könnte unsere Landeshauptstadt vom letzten Platz bei der Radlerumfrage des ADFC verdrängen!
Günther Gräning