Crème de la Crème der Bahntrassenwege
Bahntrassenradeln in Eifel und Ardennen – auf ein Neues
Nachdem ich mittlerweile den größten Teil der hochwertigen und längeren Bahntrassenradwege quer durch Deutschland erkundet und genossen habe, häufig aber allein oder mit Freunden, habe ich meiner Frau versprochen, ihr die Crème de la Crème dieser Radwege auf unserem Tandem zu zeigen.
links: Kilometer 100 auf dem Vennbahnradweg (nach dem Start in Aachen)
rechts: Der Bahnhof Liège Guillemis, spektakulär überdacht
Fotos: Christian Martens
Im August ging es in die meiner Ansicht nach lohnendste Region – in die Eifel und die Ardennen (siehe auch Frankfurt aktuell, Ausgabe 2/2013). Bei der Fülle an hervorragend ausgebauten und miteinander vernetzten Bahntrassenradwegen ist es gar nicht so einfach, eine Route zusammenzustellen, die für die drei Tage, die wir uns vorgenommen hatten, die passende Länge hat. Wir einigten uns auf eine Acht mit einer Gesamtlänge von 300 Kilometern, immerhin 220 davon auf Bahntrassen.
Los ging es in Prüm mit seiner schmucken Abteikirche. Von dort radelten wir zunächst nach Jünkerath und schwenkten anschließend auf die Strecke der ehemaligen Vennquerbahn ein, die uns zügig nach Westen leitete. Die einst im Jahr 1912 fertiggestellte Linie war seinerzeit aus rein militärstrategischen Überlegungen gebaut worden und wurde in den beiden Weltkriegen intensiv genutzt. Vor diesem Hintergrund ist der Sinneswandel in Europa doch sehr deutlich sichtbar: Der Grenzübertritt nach Belgien ist heute nur mit zwei Querstrichen, einem D und einem B auf dem Asphalt markiert. Geht doch.
Gegen Ende des Tages vertrauten wir uns ab Trois-Ponts der belgischen Eisenbahn bis Lüttich/Liège an. Nicht wissend, wie dort die Fahrradmitnahme im Zug gehandhabt wird, waren wir doch überrascht und erfreut, dass der Fahrkartenautomat explizit eine Fahrrad-/Tandemkarte im Angebot hatte. Der dann einfahrende Zug besaß dagegen kein Fahrradabteil. Die schick uniformierte Schaffnerin nahm es aber gelassen hin, dass wir mit unserem querstehenden überlangen Gefährt den Durchgang komplett versperrten.
Die Ankunft in Liège erfolgt am Bahnhof Liège Guillemis, einem der architektonischen Highlights der Stadt, das 2009 nach mehrjähriger Verzögerung der Fertigstellung in Betrieb ging. Der Charme der quirligen Studentenstadt ist uns aufgrund des am Abend einsetzenden Regens ansonsten leider weitgehend verschlossen geblieben.
links:Schön renoviertes Viadukt südlich von Niederforstbach
rechts: Grenze zwischen Deutschland und Belgien – dezent markiert
Fotos: Christian Martens
Am zweiten Tag führte uns eine weitere Bahntrasse in großen Schleifen aus dem Talkessel heraus Richtung Dreiländereck, gleichzeitig auch der höchste Punkt der Niederlande. 322 Meter ü. d. M. – das klingt nicht spektakulär, aber der Schlussanstieg überrascht dennoch mit einer ordentlichen Steigung und zwei Serpentinen. Oben herrschte ein Treiben wie auf dem Mont Ventoux. Sehr kurios.
Vom Dreiländereck aus ließen wir uns gemütlich ins wenige Kilometer entfernte Zentrum der geschichtsträchtigen Stadt Aachen rollen. Neben historischen Mauern erlebten wir dort auf dem Marktplatz auch erstmals größere Menschenmengen von Pokémon-Go-Spielern.
Nach längerem Großstadttreiben ging es dann auf die zentrale Achse der Bahntrassen in der Region, die Vennbahntrasse, die über eine Länge von 125 Kilometern bis nach Troisvierges im nördlichen Luxemburg reicht. Auf der Strecke hatten wir erst einmal 400 Höhenmeter zu überwinden, die sich über eine Spanne von 35 Kilometer verteilen. Zunächst durchquerten wir verschlafene Vororte Aachens, später dann einsame Nadelwälder, denen man das etwas raue Klima ansieht. Kurz vor dem Ende der Steigung in Roetgen waren die zweite Übernachtung und Kräftesammeln für den letzten Tag angesagt.
Am Sonntag bei herrlichstem Sonnenschein hatte ich schon die Befürchtung, dass es eng werden könnte auf dem Radweg. Aber obwohl an vielen Orten Parkplätze voller Autos mit Fahrradträger auffielen, verteilten sich die Pedaleure doch großzügig. Manche nutzten auch lieber eine Draisine statt des eigenen Rades. Über eine Distanz von sieben Kilometern verlaufen der Radweg und die Draisinenstrecke parallel, was sich unter anderem dadurch erklärt, dass die Bahnstrecke früher komplett zweispurig ausgebaut war. War ich 2012 während meiner ersten Eifel-Ardennen-Tour noch zu ungeduldig gewesen und musste nicht ausgebaute Abschnitte der Vennbahntrasse noch auf Straßen umfahren, so ist das mittlerweile nicht mehr notwendig. Der Radweg ist heute bis auf ein kurzes Stück komplett auf dem ehemaligen Gleiskörper verlegt und zudem weitestgehend asphaltiert.
Bei Weywertz trafen wir wieder auf unsere Strecke vom ersten Tag, um sie nach wenigen Kilometern auch schon wieder zu verlassen. Wir entschieden uns, dieses Mal der Vennbahntrasse weiter nach Süden bis Steinebrück zu folgen. Dort schwenkten wir nahtlos auf den Eifel-Ardennen-Radweg ein, der uns durch den Bleialfer Tunnel und am früheren Bahnknoten Pronsfeld vorbei bis nach Prüm zu unserem Auto zurückbrachte. Allerdings bauten wir einen kurzen Abstecher nach Lümebach ins Café 1900 ein, das direkt an einer weiteren Bahntrasse nach Waxweiler liegt und mir seit meinem ersten Besuch dort vor vier Jahren in guter Erinnerung geblieben ist. Bei einem leckeren Stück Kuchen zogen wir ein überaus positives Resümee der letzten drei Tage. Eifel und Ardennen – dort ist es einfach schön.
Christian Martens