Kapitulation vor dem Kfz-Verkehr?
Aus- und Umbau Homburger Straße, 4. Bauabschnitt
Foto: Ute Gräber-Seißinger
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Am "Kombibad"-Kreisel endet der Weg für Radfahrende, die direkt über die Homburger Straße nach Massenheim wollen. Weshalb die rot abgesetzte Radspur nicht verzweigt und auf der Homburger Straße in Richtung Massenheim geradeaus weitergeführt wurde, könnte sich nun erklären: Die Stadt zog allem Anschein nach den kürzesten Weg für Radverkehr zwischen der Kernstadt und Massenheim nie ernstlich in Betracht.
Foto: Ute Gräber-Seißinger
Nahmobilität heißt in kurzem und klarem Deutsch: kurze und sichere Wege für Fußgänger/-innen und Radfahrende im innerstädtischen Raum, aber auch auf überörtlichen Verkehrswegen. Sie zu fördern kostet zuweilen die Notwendigkeit, von alten, liebgewonnenen Vorstellungen Abschied zu nehmen.
Eine dieser Vorstellungen lautet, wenn man nur mehr Platz für den Kfz-Verkehr schüfe, dann ließen sich auch Staus vermeiden. Eine Vorstellung, die in der Vergangenheit nicht selten widerlegt worden ist. Sicherlich, das Kfz-Verkehrsaufkommen wird den Prognosen zufolge, auf die sich die Stadt bei der Abnahme der Planungen des von ihr beauftragten Ingenieurbüros für den 4. Bauabschnitt auf der Homburger Straße gestützt hat, zunehmen – und damit auch die Notwendigkeit, Staus zu vermeiden. Was vielleicht weniger bedacht wurde, ist eine weitere wahrscheinliche Entwicklung: Auch der Radverkehr spielt eine ständig wachsende Rolle. Dafür sprechen zum einen verkehrspolitische Neuorientierungen auf Makroebene – Stichworte Förderung der Nahmobilität und Bau von Radschnellwegen –, zum anderen die jüngere Entwicklung in der Konstruktion von Fahrrädern. Fahrräder mit zuschaltbarem Elektroantrieb machen das Radfahren leichter, bequemer und damit auch für Bevölkerungsgruppen attraktiv, die vor dem Vormarsch des Pedelecs vor dem Schweiß und der Mühsal des Radfahrens insbesondere auf nicht steigungsfreien Strecken zurückgeschreckt sind.
Der Keim des Zerwürfnisses zwischen der Stadt und ihrem ehrenamtlichen Radverkehrsbeauftragten im August 2015 wurde bereits im Februar desselben Jahres durch polemische Äußerungen der Stadt gegen seine Person in der Rubrik Der direkte Draht des Bad Vilbeler Anzeigers gelegt. Danach hatte die Stadt es allem Anschein nach nicht mehr als notwendig erachtet, Stimmen einzuholen, die sich für die Interessen der Radfahrenden stark machen. Dass deshalb in den Planungen für die Homburger Straße auf dem 4. Bauabschnitt lediglich eine mehr als fragwürdige Minimal-"Lösung" zur Führung des Fuß- und Radverkehrs übriggeblieben ist, dürfte nur Zeitgenoss/-innen wundern, die mit der jüngeren Geschichte der städtischen Radverkehrspolitik nicht vertraut sind. Viel bedauerlicher noch ist, dass die Stadt die Planung als alternativlos darstellt. Andere denkbare Lösungen, die die kürzeste Verbindung zwischen Massenheim und Innenstadt für Radfahrende attraktiver machen und den Willen der Stadt, die Nahmobilität zu fördern, ganz handfest belegen würden, hat der ADFC in einer ausführlichen Stellungnahme aufgezeigt, die sich über ADFC Bad Vilbel abrufen lässt.
Ute Gräber-Seißinger