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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Uganda erfahren

Fahre Rad und tue Gutes

Mit dem Fahrrad am Äquator – das klassische Urlaubsfoto aus Uganda
alle Fotos: Klaus Schwerdtfeger

Warum Uganda als Reiseziel und dann auch noch Radfahren? Uganda ist Afrika im Kleinen. Alle Landschaften und damit deren Fauna und Flora findet man dort. Es ist ein halbwegs sicheres Reiseland auf diesem Kontinent. Und es ist ein traumhaftes Erlebnis.

Als (Un-)Ruheständler bin ich seit einigen Jahren ehrenamtlich für den Senioren Experten Service Bonn (SES) tätig, um meine beruflichen Erfahrungen im Bereich IT in Entwicklungsländern weiter zu geben. Mein vierter Einsatz für den SES führte mich 2013 nach Uganda. Im anschließenden Urlaub kam ich mit der Mpora Rural Family (MRF), einer lokalen, gemeinnützigen Organisation, in Kontakt, die ein Waisenhaus und zwei Schulen im Westen von Uganda in der Nähe von Fort Portal betreibt (und das Ganze – wie sich herausstellte – ohne elektrischen Strom).

Wieder zuhause angekommen ließen mir die Aspekte "Schule", "kein elektrischer Strom", "keine Computer" und "Fahrrad" keine Ruhe, und ich begann zu planen, was ich hier tun könnte:

  • IT-Unterricht im Rahmen meines nächsten SES-Einsatzes an der Secondary School der MRF
  • mit gespendeten, gebrauchten Computern
  • versorgt mit dem Strom einer Fotovoltaik-Anlage
  • finanziert mit dem Erlös aus einer 3-wöchigen Radtour mit acht Teilnehmern durch die Nationalparks im westlichen Uganda

Und tatsächlich kann ich 2014 den Plan in allen Punkten 1:1 verwirklichen und die Radtour 2015 sogar wiederholen.

Radcheck vor der nächsten Etappe

Am ersten Tag der Reise testeten wir die vor Ort geliehenen Räder bei der Erkundung der näheren Umgebung mit beeindruckenden Ausblicken auf Vulkankegel, Maare und die schon von Herodot beschriebenen Mondberge. Und es war ein unbeschreibliches Gefühl, unter der afrikanischen Sonne zu radeln – im direkten Kontakt mit Natur und Menschen. Insbesondere die Horden von Kindern, die auf uns zuliefen, uns nachliefen und jauchzend "How are you?" riefen und am Berg mitschoben, war zutiefst berührend. Wir haben gefühlt hundert Mal am Tag "I'm fine" geantwortet und auf unsere Gegenfrage gehört.

links: Beeindruckende Ausblicke auf Vulkankegel, Maare und die Mondberge
rechts: Installation einer Fotovoltaik-Anlage auf einem Schulhausdach

Die nächste Radetappe führte über rund 50 km am Ruwenzorigebirges entlang hinab ins Great Rift Valley und dort zum Semliki-Nationalpark, der für seine durch Mineralien farbenfrohen heißen Quellen bekannt ist.

Das nächste Highlight war das Schimpansen-Trekking im Kibale-Nationalpark, bei dem eine Teilnehmerin fast von einem unserer nächsten Verwandten umgerannt worden wäre.

Anschließend stand das Kennen­lernen eines beispielhaft erfolgreichen Selbsthilfeprojekts einer dörflichen Gemeinschaft auf dem Programm, das mit dem Fassen einer Quelle und Errichtung einer Zapfstelle begann. Anschließend wurden Witwen ermutigt, Kunsthandwerk herzustellen. Touristische Führungen durch ein vorbildlich erhaltenes Feuchtgebiet mit entsprechender Flora und Fauna verbreiterten die finanzielle Basis für eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinschaft, u. a. durch den Bau einer Schule und einer Hebammenstation. Apropos Schulen – zwar besteht sieben Jahre Schulpflicht, aber es gibt kein kostenloses Bildungssystem, so dass viele Eltern ihre Kinder nicht oder nur mit Unterbrechungen zur Schule schicken können. Zudem sind die Schulen hoffnungslos überfüllt, da nahezu 50% der Bevölkerung unter 15 Jahre alt ist und damit unter die Schulpflicht fällt.

links: Höhepunkt der Tour ist eine ­Begegnung mit den wenigen noch lebenden Berggorillas
rechts: Vorsichtshalber sollte man in der Nähe von Löwen das ­Begleitfahrzeug nicht verlassen

Nach einem Zwischenstopp in Kasese ging es mit dem Rad durch die Savanne des Queen Elizabeth National Parks. Das Trekking am nächsten Morgen absolvierten wir aber vorsichtshalber in unserem Begleitfahrzeug. Wir wollten dann doch nicht den Löwen als "Essen auf Rädern" dienen.

Der Standard der nächsten Unterkunft traf uns unvorbereitet. Es gab nur stundenweise Strom, keine eigene Naßzelle, sondern Plumpsklo und Wasser aus dem Kanister. Doch die herzliche Aufnahme des Betreibers und die Erzählungen über seine Projekte (u. a. Unterstützung von Waisenkindern, Bau einer Schule) sorgten dafür, dass sich unser Schock schnell legte. Aufgrund dieser positiven Erfahrung plante ich für die nächste Tour sogar zwei Übernachtungen ein. Auch die zweite Gruppe war sehr angetan und unterstützte den Bau der Schule mit zwei größeren Spenden.

Absoluter Höhepunkt unserer Tour war die Begegnung mit einer Familie der "sanften Riesen", den wenigen noch lebenden Berggorillas. Mir widerstrebt es, die Begriffe "Menschenaffe" oder "Tier" zu benutzen. Es sind unsere Verwandten, die in meinen Augen ethisch sogar höher stehen als wir Menschen. Sie führen keine Kriege, wie z.&xnbsp;B. die Schimpansen, und Revierstreitigkeiten sind bei ihnen unbekannt. Nach einem vierstündigen Marsch durch den Regenwald konnten und durften wir eine Stunde lang eine an Menschen gewöhnte Familie aus rund sechs Meter Abstand beobachten.

Den Abschluss bildete ein 3-tägiger Aufenthalt auf einer Insel im Lake Bunyonyi. Dort waren wir Gast eines Projekts, das mit dem Erlös aus den Einnahmen eine Bibliothek aufgebaut hat und Schulgelder und Transport von Kindern übernimmt. Danach ging es mit dem Minibus zurück nach Entebbe und nach einem Abschiedsdinner in einem der besten indischen Restaurants, das ich kenne, zurück nach Deutschland.

Bilanz meiner SES-Einsätze und der beiden Reisen:

  • 5 Computerkurse mit zusammen ca. 50 Teilnehmern inkl. ca. 20 gebrauchter Laptops
  • Installation von 3 Fotovoltaik-Anlagen auf 2 Schulen und einem Waisenhaus
  • Schulgeld für 1 Jahr für 12 (Halb-)Waisen
  • ca. 100 kg gebrauchte Baby- und Kinderkleidung
  • Dächer für 2 Schulgebäude.

Jetzt hoffe ich, dass sich nächstes Jahr wieder eine Gruppe findet, die sich auf dieses Abenteuer einlässt und mich bei meinem Engagement in Uganda unterstützt.

Ausführliche Informationen gibt es unter www.adfc-vogelsberg.de
Kontakt: klaus[dot]schwerdtfeger[at]adfc-vogelsberg.de

Klaus Schwerdtfeger