Wenn der Hochnebel nicht gewesen wäre
Rhein-Main-Pedersentreffen am 23. Oktober 2016
Pedersenfreunde und -freundinnen vor dem Wilhelmsbader Karussell-Hügel
Foto: Elisabeth Püschel
Pedersen werden die außergewöhnlichen Fahrräder genannt, deren Ursprung auf die 1893 zum Patent angemeldete Entwicklung des Dänen Mikael Pedersen zurückgeht. Weltweit gibt es Fahrradbegeisterte, die dieses Pedersenrad als Nachbau mit aktualisierter Technik fahren.
Die Teilnehmer/-innen des diesjährigen Rhein-Main-Pedersentreffens müssen Engel sein, sonst hätte der Spruch: wenn Engel reisen… keine Bedeutung. Denn zwischen den Regentagen Samstag und Montag lag ein regenfreier Sonntag. Den nutzten wir zu einer gut 50 km langen Ausfahrt vom Frankfurter Römerberg nach Wilhelmsbad und zurück.
Um 10 Uhr sollte es losgehen. Doch es kam anders. Nebel zwang mit dem Auto anreisende Pedersenfreunde zu langsamer Fahrt. Währenddessen standen wir Anderen auf dem Römerberg, die Pedersen in Reihe aufgestellt, und beobachteten Touristen bei ihrer Lieblingsbeschäftigung: Fotografieren. Es ist damit zu rechnen, dass in einem Jahr die ersten Plagiate von Pedersenrädern aus Fernost zu sehen sein werden.
Um 10.45 Uhr hatten sich 17 Pedersenfreunde am Römer eingefunden. Wir fuhren los. Um möglichst schnell aus der Stadt zu kommen, drückte ich etwas "auf die Tube". Kurz vor Erreichen der "Hohen Straße" musste ich doch noch einige Meter zurückfahren, um einen Abgesprengten einzufangen.
Die Hohe Straße fuhren wir dann gemütlicher und auf den Spuren des Mittelalters entlang. Sie war Teil des Handelswegenetzes "Via Regia", das unter königlichem Schutz stand. Von hier aus würden wir eine wunderbare Weitsicht in die Wetterau und in das Maintal gehabt haben, wenn der Hochnebel nicht so hartnäckig gewesen wäre. So begnügten wir uns damit, das Kohlekraftwerk Staudinger bei Großkrotzenburg als Landmarke auszumachen, die Kühltürme halb vom Nebel verschleiert. Unterwegs gesellte sich noch ein Pedersenfahrer aus Bad Vilbel zu uns. An der höchsten Stelle der Tour legten wir ein spätes Zwischenfrühstück ein. Dort waren wir der Sonne so nah, dass sie sich doch tatsächlich zeigte und uns den Rest der Tour immer wieder begleitete.
Moderne Technik, stilecht mit Ledertasche: des Autors Pedersen
Foto: Günter Tatara
In Wilhelmsbad hatte ich eine Führung durch das restaurierte Karussell des Kurfürsten Wilhelm für 13 Uhr gebucht. Um 12.45 Uhr trafen wir an der Kuranlage inmitten eines Landschaftsparks nach englischem Vorbild ein. Tobias Henkes vom Karussell-Verein erläuterte uns die Technik der Anlage, ihre Entstehungsgeschichte und die Bemühungen des Vereins zur Restaurierung dieser schönen Anlage.
Der Kurfürst Wilhelm (1743-1821) wurde uns als cleverer Geschäftsmann und praktizierender Feudalherr vorgestellt. Um Geld in die fürstliche Schatulle zu erhalten, vermietete er Hanauer und Hessische Soldaten an seinen Onkel, den englischen König. Vorher verpasste er den Männern eine militärische Ausbildung und einheitliche Uniformen und verbesserte somit die "Leihgebühr". Diese "Geschäftsidee" ließ ihn zu einem der reichsten Fürsten seiner Zeit aufsteigen.
Feudal auch sein Verhältnis zu Frauen. Das Recht auf die erste Nacht vor einer Vermählung seiner Untertaninnen und die Haltung von vier Mätressen gleichzeitig fand er offensichtlich seines Standes angemessen.
Soviel Geschichte war genug, wir hatten Hunger. Schnell noch zu dem traditionellen Gruppenfoto aufgestellt und dann los zu einem späten Mittagessen. Beim Italiener ließen wir uns die Pizzen, Pastas und anderen Köstlichkeiten schmecken, bevor wir die Rückfahrt über Schloss Philippsruhe und am Main entlang antraten.
Leider ging mein Wunsch, bei Sonnenuntergang hinter Frankfurts Hochhauskulisse in der Stadt einzutreffen, wegen einer Wolkendecke nicht in Erfüllung. Am Römerberg angekommen verabschiedeten wir uns bis zu einem nächsten Treffen im Norden, Süden oder in der Mitte Deutschlands.
Wieder einmal hat es Spaß gemacht, mit den Pedersenfreunden durch eine schöne Landschaft zu fahren. Das meint
Günter Tatara