Da Venezia per Bicicletta – anno 1988 und 2016
Ein Tourenleiter auf privaten Ausflügen
"Papa, ich will nach Venedig fahren. Hast Du einen Tipp?", fragt Sohn Christian per WhatsApp. Ich schicke ihm ein Fahrradsymbol und will ihm damit im Gedenken an meine Tour von Augsburg bis nach Venedig im Jahr 1988 zu verstehen geben, er könne doch das Fahrrad nehmen. Allerdings rechne ich nicht im Ernst damit, dass er genau das vorhat.
Einige Stunden und WhatsApp-Zeilen später habe ich es aber begriffen. Ein Freund will mitkommen, und nun wünschen sich die beiden Tipps vom Vater. Welche Ehre! Ohne mein Schicksal vorauszuahnen, schreibe ich meinem Sohn: "Ich komme mit." Auch dieses Mal habe ich nicht damit gerechnet, dass genau das eintreten wird, was ich im Sinn habe – ja, dass ich offenbar sogar etwas mehr als nur geduldet bin. Somit kommt jetzt richtig Schwung in die Sache, denn die beiden Jungs haben den Vorsatz gefasst, am Pfingstwochenende zu fahren. Das sind weniger als vier Tage Vorbereitungszeit.
Auch hier kann's eng werden: Gondelstau in Venedig
Foto: Peter Sauer
Beim Gedanken an meine Urlaubs-Pack-Allergie fange ich an zu schwitzen, reiße mich aber zusammen und bestätige meine Teilnahme. Denn genau eine solche Tour über die Alpen hatte ich seit 1988 nicht mehr gemacht, und genau dies war ein latenter und inzwischen fast vergessener Traum geblieben. Jetzt oder nie!
Am Sonntag, dem 8. Mai am Nachmittag, muss ich erst einmal die Campingutensilien sichten und die Defizite im Bereich Packtaschen durch eine schnelle Bestellung kompensieren. Der alte Whisperlite-Kocher tut's noch, aber das Zelt in der passenden Größe ist im letzten Jahr einem Sturm zum Opfer gefallen, sodass noch Ersatz organisiert werden muss. Die nächsten drei Nächte werden, was den erholsamen Schlaf angeht, sehr kurz, denn auch die Route will vorbereitet werden: Strecke planen, GPX-Daten herunterladen, Karten zum Zielgebiet herunterladen und so weiter. Zum Glück hat mein Sohn die Seite muenchen-venezia.info entdeckt, die eine vollständige manuelle Planung überflüssig macht und den ganzen Prozess erheblich beschleunigt. Trotzdem lässt sich die Frage nach Zeltplätzen oder anderen Unterkünften auch auf der Grundlage dieser Website nicht ganz befriedigend klären.
So langsam frage ich mich, wie wir 1988, damals vier Studenten, den Weg von Augsburg nach Venedig und wieder zurück gefunden haben. Es gab keine Handys, kein Navi. Die Karten waren aus Papier im Maßstab 1:200.000 und hatten Zeitungsformat. Eigentlich kann man damit unmöglich aus einem Ort jemals wieder herausfinden. Und wenn sich unsere Wege mal getrennt hätten, hätten wir uns ohne Mobilfunk nie wiedergefunden. Ich habe keine genauen Erinnerungen mehr, aber irgendwie ging es doch.
Ja, ich war schon mal in Venedig! Wir bekamen unterwegs kindskopfgroße pompelmo geschenkt – Grapefruits, damals noch Pampelmusen genannt – und wurden auf der steilen Passstraße zum Penser Joch von Italienern aus dem Auto heraus angefeuert und mit Brot versorgt. Wir übernachteten am Straßenrand ohne Zelt und kamen in der sommerlich heißen Po-Ebene vor Hitze fast um. Venedig war heiß, fahrradfeindlich und teuer.
Zurück im Jetzt, ist der Plan aber doch bald fertig. Fünf Tage Fahrzeit für 560 Kilometer, die vor uns liegen. Ein Tag Reserve, an dem wir im Idealfall Venedig anschauen werden, um dann am Abend um 21 Uhr in den Nachtzug nach München zu steigen.
Dies ist der erste Teil von Matthias' Reisebericht. Wer nun neugierig geworden ist und den kompletten Bericht lesen möchte, kann diesen hier als PDF-Dokument abrufen.
Matthias Marcks