Ein Weihnachtstag in luftiger Höhe
Eine Weihnachtstagwanderung des ADFC Bad Homburg führte in den letzten Jahren zur Billtalhöhe bei Königstein, eine größere Wandergruppe hat regelmäßig daran teilgenommen, nur zwei Teilnehmer konnten es nicht lassen und kamen per Rad durch den winterlich grauen, menschenleeren Taunus auf matschigen Pfaden unter kahlen Baumkronen zum Mittagessen ins Naturfreundehaus.
Und zwar ausgestattet mit einem Putzlappen, das ist nämlich neben Überschuhen und dicken Handschuhen ein wichtiges Accessoire für MTB-Touren im Winter, um Zugang zum Restaurant zu erhalten. Der Dreck wird von den Rädern hochgewirbelt und legt sich bis über die Ohren und auf die Haare. Da soll man doch lieber den Helm aufsetzen, als Sicherheitsgarantie ignoriere ich ihn, aber als Spritzschutz kann er hilfreich sein. Obwohl wir uns draußen vor dem Restaurant gründlich abgewischt haben, hat die Wirtin über unsere Stühle Plastikplanen gelegt. Beim Verzehr unserer Schnitzel fühlten wir uns wie eingeschweißt.
Der 26.12.2015 ist ein Bilderbuchtag, die Weihnachtswanderung ist um einen Tag verschoben worden, aber der Tag hat es in sich, lockt mit blauem Himmel und Sonne satt, frühlingshafte 11 Grad, da muss man einfach losradeln. Die Wege sind teils trocken (auf sonnigen Abschnitten), teils vermatscht (im dichteren Wald), aber Hauptsache schneefrei, was zu dieser Jahreszeit keineswegs selbstverständlich ist. Standardtour zum Sandplacken, warum nicht noch das Stück zum Feldberg? Punkt 12 stehen wir auf dem Gipfel, der Sonnenschein drängt durch den eisigen Wind, wir haben auf dem Weg nur zwei Radfahrer überholt, wo sind alle anderen? Dafür strömen Wanderer aus allen Richtungen herbei, der Wind bläst weiter, also lieber runter über den Fuchstanz, auf der Strecke schrauben sich doch einige neonfarbene Punkte hoch. Der Taunus ist bei dem Wetter "in", die Fuchstanzkreuzung platzt aus allen Nähten, Biergartenbänke sind besetzt, Grillwurstaroma in der Luft, irgendwie eher ein Garten-Party-Feeling als Weihnachtsstimmung. Die Leute pfeifen anscheinend auf die Weihnachtsgans und Tradition oder strömen ins Feldbergrestaurant und andere Ausflugslokale. Auch da oben gab es diesmal weniger Motorräder, abgemeldet für den Winter, der in 2015 nicht winterlich agiert. Zum Glück kühlt er beim Runterfahren unsere verschwitzten Körper nur mäßig. Trotzdem ist es angenehm, auf den Glashüttener Wiesen in die Sonne zu kommen. Der an Feiertagen verlassene Aldi-Parkplatz am Waldhang ist heute zum Ausflugs-Parkplatz umfunktioniert. Fußgänger treffen wir wieder auf den Wiesen bei Königstein und der Opel-Zoo ist wie zu erwarten voll gepackt mit Besuchern, trotzdem freut sich ein junges Kamel über ein paar Streicheleinheiten. In der tiefliegenden Sonne radeln wir über Oberursel direkt nach Hause, eine gelungene 50-km-Runde, danach schmecken auf unserem Balkon auch noch Eisbecher und Schokotorte in den letzten Sonnenstrahlen.
Opel-Zoo: Ein junges Kamel freut sich über Streicheleinheiten
Foto: Andrea Maier-Pazoutova
Am Sonntag, den 27.12., führt die ADFC-Wanderung nach Kronberg, es ist einen Tick kälter, aber immer noch angenehmes und dezemberliches Rad-Wetter. Wir treffen die Wanderer bei einer Marschpause an der Hohemark, avisieren unsere Ankunft zum Mittagessen je nach dem, wie uns die Pfade und die Laune durch den Taunus führen werden; Fuchstanz war schon gestern. Altkönig abseits der Reichweite der motorisierten Fraktion könnte eine beschauliche Stimmung herzaubern, die steinigen Pfade sind zwar nass und glitschig, aber auch von Lärchennadeln gepolstert. Was für ein Blickfang, bei der letzten Tour hierher leuchtete die rostrote Pracht noch an den Bäumen. Eine kleine MTB-Gruppe saust uns entgegen als wir uns hochschrauben, oben dann die ersehnte Stille. Nur ein Fatbiker erscheint, der Name bezeichnet seinen Reifen-, nicht den Bauchumfang. Der Weg nach Kronberg ist nicht unsere übliche Richtung, so geraten wir auf den von You-Tube bekannten steilen Victoria-Trail, bei der Matschmenge mühsam, einfach der Nase nach, quer runter entlang einiger hochkrabbelnder Familiengruppen zu unserem Restaurant. Diesmal sind wir zivilisiert angekommen, genießen unser Mittagessen ohne eine Plastikplane unter dem Allerwertesten.
Andrea Maier-Pazoutova